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25.12.10 / Harter Hund / Detektiv der 50er ermittelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Harter Hund
Detektiv der 50er ermittelt

Der kanadische Privatdetektiv Lennox ist ein harter Mann in einer harten Stadt in einer harten Zeit. Im gleichnamigen Kriminalroman schickt ihn sein Schöpfer, der 1956 im schottischen Kingdom of Fife geborene Craig Russell, auf Verbrecherjagd im düsteren und verarmten Glasgow des Jahres 1953. Beim Lesen der rund 380 Seiten des flüssig und humorvoll geschriebenen Thrillers merkt man, dass Russell vor seiner Schriftstellerkarriere etwas Anständiges gelernt hat. Er war Polizist, Werbetexter und Creative Director. Der Autor weiß genau, wie man den Leser bei der Stange hält. Dazu gehören eine glaubwürdig und spannend erzählte Handlung, komplexe Charaktere, viel Atmosphäre, das gekonnte Spiel mit den Elementen des Gangsterkrimis und des Verschwörungsthrillers sowie eine Prise Sex.

Lennox ist zwar ein ebenso harter Typ wie Raymond Chandlers Kunstfigur Philip Marlowe, aber ähnlich wie zum Beispiel Mickey Spillanes Held Mike Hammer ist Lennox an sich keine sympathische Figur. Die Erfahrungen, die er als Soldat im Zweiten Weltkrieg gesammelt hat, haben ihn "schmutzig" gemacht. Und so lässt er sich auf den düsteren Straßen Glasgows auch nicht von zwielichtigen Gestalten und den Gorillas der Unterweltbosse vermöbeln, weil er der Moral oder der Gerechtigkeit zu ihrem Sieg verhelfen will. Ihm geht es nicht um Ideale, sondern schlicht ums Überleben, so dass er sich auch nicht scheut, Aufträge für die "Drei Könige" - die wichtigsten örtlichen Verbrecheranführer - anzunehmen.

Dadurch, dass Lennox immer wieder selbstironische Anwandlungen hat und sich hin und wieder romantische Gefühle in Bezug auf seine attraktive Hauswirtin, eine hübsche, aber verhärmte Kriegerwitwe mit zwei Töchtern, gestattet, gelingt es Russell, dass sich der Leser mit seinem Helden identifiziert und ihm die Daumen drückt bei seinem Höllentrip durch Glasgows Gossenwelt.

Vordergründig geht es darum, dass Lennox den Mord an dem aufstrebenden Bösewicht Tam McGahern aufklären soll. Doch im Zuge seiner Ermittlungen gerät er ins Fadenkreuz rivalisierender Banden, einer im wahrsten Sinne des Wortes schlagkräftigen Polizei und schöner, aber skrupelloser Damen im Umfeld eines Callgirl-Rings. Geschickt versteht es Russell, historische Bezüge herzustellen, insbesondere zu der Vergangenheit einiger der Romangestalten als "Wüstenratten" im Kriegsgeschehen des Nahen Ostens.

Auf weitere Bücher um den Privatdetektiv Lennox darf man gespannt sein. Und vielleicht gibt es mit der Hauswirtin Fiona White auch noch ein Happy End.

            Ansgar Lange

Craig Russell: "Lennox", Bastei Lübbe, Köln 2010, 384 Seiten, 8,99 Euro


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