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01.01.11 / Linke Zerreißprobe / Steht die Partei "Die Linke" vor der Spaltung? - Spannung vor der Klausur am 10. Januar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-10 vom 01. Januar 2011

Linke Zerreißprobe
Steht die Partei "Die Linke" vor der Spaltung? - Spannung vor der Klausur am 10. Januar

Kurz vor einem Jahr mit sechs Landtagswahlen ergeht sich die Partei "Die Linke" in Selbstzerfleischung. Die Attacken auf den Co-Vorsitzenden Klaus Ernst geben nur die Oberfläche ab für ein weitaus tiefergehendes Zerwürfnis zwischen den westdeutschen Landesverbänden und dem aus der SED hervorgegangenen Teil der Partei in den neuen Bundesländern.

Beobachter rechnen damit, dass der Streit am 10. Januar eskalieren könnte, wenn sich Parteiführung und Bundestagsfraktion im "Berliner Congress Center" zur Neujahrsklausur versammeln.

So sehr die beiden Lager auch verwandt sind in ihrer tiefroten ideologischen Grundierung, so trennen sie doch die unterschiedlichen historischen Wurzeln. Zwischen Rügen und Vogtland dominieren nach wie vor die in der DDR geschulten Genossen. Zwar sind sie als Regierungspartei moralisch, ökonomisch und machtpolitisch auf ganzer Linie gescheitert. Dennoch bringen viele Ost-Genossen Jahrzehnte an Regierungserfahrung mit. Daraus hat sich ein gewisser Pragmatismus entwickelt.

In den Medien wird kolportiert, dass Abgeordnete der Linkspartei im Bundestag eine "Landesgruppe Ost" nach dem Vorbild der CSU-Gruppe innerhalb der Unionsfraktion planten. Bezeichnend für das Selbstverständnis der Urheber, aber auch dafür, was sie von ihren westdeutschen Genossen halten, ist der angebliche Name der Initiative. Sie nennt sich angeblich "Gruppe Vernunft".

Ganz anders die Masse der Linksparteiler aus der alten Bundesrepublik. Hier speist sich die rote Truppe überwiegend aus Netzwerken, die sich seit den 60er und 70er Jahren vom linken Rand der SPD bis tief ins extremistische Lager hinein entwickelt haben. Nicht von ungefähr ist die DDR-sozialisierte Hardlinerin Sahra Wagenknecht von Berlin lieber nach Nordrhein-Westfalen gezogen, wo sie nunmehr ihren Wahlkreis hat. Wagenknecht ist die Galionsfigur der "Kommunistischen Plattform", einer besonders radikalen Strömung innerhalb der Linkspartei. In NRW, wo die Linke eine rot-grüne Minderheitsregierung toleriert, brachte sich die Partei an den Rand der Lächerlichkeit, als sie im Wahlkampf ein "Recht auf Rausch" forderte.

Zwar dementierten führende Vertreter der Linkspartei umgehend alle Gerüchte über eine "Landesgruppe Ost". Bestätigt jedoch wurde, dass es "Gespräche" gebe über eine "Plattform der Ost-Parteiinteressen". Was immer das in der Praxis bedeuten mag: Der Riss ist tief genug, dass er nicht mehr geleugnet wird. Vermutlich liegt auch hierin ein Grund dafür, dass die im Juni 2007 aus der Fusion von PDS und WASG hervorgegangene Formation bis heute über kein reguläres Parteiprogramm verfügt. Vermutlich würden im Streit über Grundsatzfragen die unterschiedlichen Positionen der beiden Lager offengelegt, was die Spannungen innerhalb der Linkspartei weiter befeuern dürfte.

Für die Strategen der Linkspartei kommt es ungelegen, dass der seit langem schwelende Dissens nun ausgebrochen ist. Bei den sechs Landtagswahlen 2011 geht es um sehr viel.

Der Marathon beginnt mit der vorgezogenen Wahl zur Hamburger Bürgerschaft. Hier schaffte die Linke 2008 mit 6,4 Prozent den Sprung ins Parlament. Laut der jüngsten Umfrage steht sie bei sieben Prozent. Allerdings hat sie es, anders als 2008, diesmal mit einer führungsstarken und selbstbewussten SPD zu tun. Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz will seine Partei nach fast einem Jahrzehnt Opposition wieder an die Macht bringen. Sollten die Linken den Einzug ins Parlament im Zeichen der innerparteilichen Streitereien verpassen, wäre dies ein übler Jahresbeginn für sie. Hoffen kann die Linkspartei indes auf Zufluss aus dem grünen Lager. Hier könnten Linksausleger ihrem Frust über die jüngst gescheiterte schwarz-grüne Koalition durch ein Kreuz am linken Rand Luft verschaffen.

Genau einen Monat später, am 20 März, wird in Sachsen-Anhalt gewählt. Hier sehen die Demoskopen die Linkspartei deutlich im Aufwind: Mit einem Sprung von 24,1 auf 30 Prozent wären die Dunkelroten nach der jüngsten Umfrage sogar stärkste Partei im Magdeburger Landtag.

Ganz anders in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo es schon eine Woche darauf um die Macht geht. In beiden Ländern liegt die Linkspartei nach der jüngsten Erhebung mit vier Prozent unter der Hürde zum Parlamentseinzug. Im Ländle versucht die Linke, aus dem Streit um Stuttgart 21 Honig zu saugen. Nach dem Schlichterspruch gibt sie sich als Sprachrohr der Fundamentalopposition aus. Parole: "Wir lassen uns nicht vergeißlern!" Allerdings ist fraglich, ob sie den Grünen die Führung im Protest gegen den neuen Bahnhof streitig machen kann. In Baden-Württemberg wie in Rheinland-Pfalz sieht die Linkspartei ebenso blass aus wie ihre Wahlchancen.

In Bremen treten die Wähler am 22. Mai an die Urnen. Für die Linkspartei erwarten die Demoskopen wenig Dramatisches. Sie dürfte ihr Ergebnis von 8,4 Prozent in etwa halten, heißt es.

Etwas besser könnte es für die Genossen in der Hauptstadt laufen. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sehen Meinungsforscher einen leichten Anstieg für die Linke. Allerdings von einem für Berlin mickrigen Niveau: Bei der vergangenen Berliner Landtagswahl war die PDS von zuvor 22,6 auf 13,4 abgestürzt. Linke Wähler bestraften sie damals für die Kompromisse, die die PDS in der Koalition mit der SPD eingehen musste. Hans Heckel

Foto: Zwischen "Vernunft" und "Vergeißlerung": Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch und Klaus Ernst


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