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01.01.11 / Hoffnung der neuen deutschen Kunst / Berliner Galerie zeigt Arbeiten des Pommern Hans Hartig und anderer Schüler des Malers Eugen Bracht 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-10 vom 01. Januar 2011

Hoffnung der neuen deutschen Kunst
Berliner Galerie zeigt Arbeiten des Pommern Hans Hartig und anderer Schüler des Malers Eugen Bracht 

Der Begriff "Bracht-Schule" tauchte erstmals um das Jahr 1898 auf, als Eugen Bracht (1842- 1921), Leiter der Landschafterklasse an der Berliner Akademie, seinen Schülern die Möglichkeit einräumte, das im vergangenen Studienjahr Erreichte im Rahmen der "Weihnachtsausstellung" der Akademie im damaligen Ateliergebäude im Siegmundshof zu präsentieren. Doch nicht nur diese Freiheit, die sich Bracht für seine Studenten herausnahm, machte ihn für Vorgesetzte verdächtig, wie er in seinen Lebenserinnerungen schrieb. Sein neuer Malstil, mit dem er sich deutlich dem Impressionismus annäherte, tat ein Übriges: "... auch der Kaiser hatte sich sehr scharf gegen meine neue Wendung ausgesprochen; er verstehe das Zeug nicht, was ich jetzt male und sei froh, dass er anständige Bilder von mir habe! Er ließ mich durch Graf Mirbach und ( ... ) Scholl ernstlich verwarnen, ich solle solch dummes Zeug doch unterlassen und bei meiner alten Malweise bleiben."

Als im Jahr 1901 die Stelle des Leiters der "Meisterklasse Landschaft" vakant wurde, machte man ihm klar, dass er wegen seiner liberalen Weltsicht keineswegs damit rechnen könne, diesen Posten zu übernehmen. Man würde ihn zwar ins Beamtenverhältnis übernehmen, womit für sein Auskommen und das seiner Familie gesorgt wäre, aber eine weitere Karriere war mit seiner Einstellung in Berlin nicht zu machen.

Der sächsische König war diesbezüglich jedoch weitsichtiger und ließ den Maler an seine Akademie berufen. Mit dem Jahreswechsel 1901/02 zog Bracht nach Dresden um - und mit seinem Weggang beendete eine Anzahl von Studenten ihr Studium an der Berliner Akademie, während sieben weitere ihrem Lehrer nach Dresden folgten. Zu seinem Abschied aus Berlin richtete der Verein Berliner Künstler Eugen Bracht und seinen Schülern eine Ausstellung aus, die in der letzten Woche des Jahres 1901 im Künstlerhaus eröffnet wurde. "Dass weite Kreise von Kunstfreunden angesichts des hier Gebotenen von Neuem bedauern, dass Berlin eine solche Kraft verliert, wird die hauptsächlichste Folge dieser Bracht-Ausstellung sein", war in der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" zu lesen. Und genau dies wollte man damit auch erreicht haben. Spätestens jetzt war die "Bracht-Schule" zu einem festen Begriff geworden, der jene Künstler bezeichnete, die einst unter Eugen Bracht studiert hatten und sich ebenso wie dieser dem "gemäßigten Impressionismus deutscher Prägung" anschlossen. Zu jenen sieben "Getreuen", die ihrem Meister nach Dresden folgten, gehörte auch der Pommer Hans Hartig (1873 Carvin - 1936 Berlin), den Bracht einmal als einen seiner begabtesten Schüler bezeichnet hatte. Beispielhaft an seinem Werk ist zu erkennen, wie das impressionistische Sehen - zum Teil vollkommen unabhängig von Frankreich - sich schließlich auch in Deutschland durchsetzte.

Seit Hartig 1901 zum ersten Mal an der Großen Berliner Kunstausstellung teilgenommen hatte - sein dort gezeigtes Gemälde wurde sogleich vom preußischen Staat für die Nationalgalerie erworben - , galt er als große Hoffnung der neuen deutschen Kunst. 1910 erhielt er den renommierten Helfft-Preis und war seitdem endgültig eine der bekannteren Künstlerpersönlichkeiten Deutschlands. Seine Nähe zur Berliner Secession beschränkte sich auf einige wenige Jahre, da er sich - ähnlich wie Heinrich Zille - in der mondänen Gesellschaft, die dort verkehrte, weniger wohl fühlte.

Neben Hans Hartigs Werk, das mit 45 Arbeiten (darunter Motive aus Danzig, Pommern und Ostpreußen) vertreten ist, zeigt die Ausstellung weitere 15 Gemälde von Bracht-Schülern, die - heutzutage allesamt nahezu vergessen - den wahren Stellenwert der deutschen Kunst jener Tage erhellen helfen. Die Berliner Ausstellung soll dazu beitragen, dass diese Kunst endlich eine neue, ihr angemessene Bewertung erfährt.         gbw

Die Ausstellung "Hans Hartig und die Maler der Bracht-Schule" in der Galerie Barthelmess & Wischnewski, Giesebrechtstraße 10, Berlin, ist bis zum 22. Januar 2011 montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 14.30 bis 18.30 Uhr sowie sonnabends von 11 bis 15 Uhr geöffnet.

Foto: Hans Hartig: Winterabend in Masuren (Öl, 1916)


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