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15.01.11 / US-Bundesstaaten kurz vor Insolvenz / Kalifornien, Illinois, New York und New Jersey dürften als erstes pleite sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

US-Bundesstaaten kurz vor Insolvenz
Kalifornien, Illinois, New York und New Jersey dürften als erstes pleite sein

Bricht nach dem Platzen der US-Immobilienblase nun der Markt an US-Kommunalanleihen zusammen? Die Folgen wären dramatisch, denn es geht um 2800 Milliarden Dollar.

Im Schatten der Euro-Krise und der gigantischen Staatsverschuldung der USA – mittlerweile 14 Billionen Dollar – hat die Lage der US-Bundesstaaten, der Städte und Kommunen bisher nur wenig Aufmerksamkeit erregt. Allenfalls Kalifornien machte Schlagzeilen: Arnold Schwarzenegger hat seit 2003 in seiner Amtszeit als Gouverneur das Haushaltsdefizit verdoppelt, 2009 war Kalifornien praktisch zahlungsunfähig.

Ähnlich dramatisch sieht es allerdings auch in anderen Bundesstaaten aus, zum Beispiel in Illinois. Auch hier mussten schon Ausgaben statt mit Bargeld mit Schuldscheinen beglichen werden. Daniel Hynes, der Finanzminister von Illinois, sagte im Dezember beim Fernsehsender CBS:  „Wir müssen zugeben, dass wir mehreren Zehntausend, wenn nicht Hundertausend Menschen Geld schulden.“ Das aktuelle Haushaltsdefizit ist das größte in der Geschichte von Illinois, es beträgt 13 Milliarden Dollar. Ein großer Teil des Geldes wird benötigt, um Pensionszahlungen sicherzustellen. Der kapitalunterlegte Pensionsfond des Landes ist nur noch zu 52 Prozent gedeckt, 2010 fehlten im Fonds bereits 54 Milliarden Dollar.

Selbst das marode Kalifornien hat für seine Beamten besser vorgesorgt. Hier betrug der Deckungsgrad im vergangenen Jahr immerhin 87 Prozent. Laut CBS News hatte Illinois im Dezember 2010 noch offene Rechnungen über fünf Milliarden Dollar zu bezahlen, war mit seinen Zahlungen sechs Monate im Verzug. Illinois mag ein Extremfall sein – mehrere Gouverneure wurden in der Vergangenheit unter anderem wegen Betrugs und Korruption zu Haftstrafen verurteilt. Aber auch in anderen US-Bundesstaaten sieht die Lage dramatisch aus. Bei den Bundesstaaten wird im laufenden Finanzjahr mit einem Fehlbetrag von 130 Milliarden Dollar gerechnet.

Für 2012 erwartet das Center  on Budget and Policy Priorities (CBPP), eine sogenannte Denkfabrik, ein Defizit von 140 Milliarden. Ähnlich sieht die Lage vieler US-Kommunen aus: Ein kleiner Ort in Alabama mit 27000 Einwohnern hat zum Ende des Jahres 2010 sogar die Aufmerksamkeit der „New York Times“ geweckt: Der Ort Prichard hat die Zahlung von Pensionen an ehemalige Angestellte eingestellt. Das ist ungesetzlich, die Stadt wurde vom Bundesstaat Alabama zur weiteren Zahlung der Pensionen aufgefordert, ist dazu aber nicht mehr in der Lage.

Die Stadt stand vor der Wahl: Zahlung von Gehältern für Polizei und Müllabfuhr oder Zahlung von Pensionen. Die Entscheidung, wofür bei knappen Kassen das Geld verwendet wird und wer keine Zahlungen mehr erhält, werden viele Bürgermeister bald treffen müssen. Bei einer Umfrage der National League of Cities im Jahr 2010 gaben 60 Prozent der Städte und 68 Prozent der Landkreise an, Personaleinsparungen zu planen.

Die Einsparungen würden etwa 480000 Vollzeitarbeitsplätzen im öffentlichen Dienst entsprechen. Michael Aguirre, der die Stadt San Diego in der Vergangenheit juristisch vertreten hat, meint: „Prichard ist die Zukunft.“  Auch San Diego wird oft genannt, wenn die Frage auftaucht, welche größere Stadt als erste ein Insolvenzverfahren nach dem sogenannten Chapter 9 einleiten wird. Investoren beobachten auch Detroit, Miami und Los Angeles.

Befürchtet wird, dass der Zahlungsausfall einer großen Stadt unter Anlegern eine Panik auslösen wird, so vor allem auf dem Markt für kommunale Anleihen, den „Municipal Bonds“. Ein Markt, der in etwa 2800 Milliarden Dollar umfasst. Die Anleihen werden zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen von Bundesstaaten und Kommunen ausgegeben und bisher galten sie als sicher. Die Ratingagentur Moodys hat zwischen 1970 bis 2009 nur 54 Zahlungsausfälle bei den „Munis“ gezählt. Doch inzwischen gibt es Zweifel, ob die „Municipal Bonds“ immer noch risikolos sind.

Die Analystin Meredith Whitney hat bereits im September 2010 gewarnt, dass sich bei den Kommunalanleihen das nächste „systemische“ Problem entwickelt, das ähnlich gefährlich werden könne wie die Immobilienkrise. Seit November 2010 hat es an den Märkten einen Abverkauf der Kommunalanleihen gegeben. Einige von ihnen haben binnen Tagen bis zu zehn Prozent an Wert verloren. In den US-Medien taucht neuerdings ein Begriff auf, der die Probleme der Bundesstaaten auf den Punkt bringt: „CINN“. Die Abkürzung steht für die problembeladenen Staaten California, Illinois, New York, New Jersey. Die Anlehnung an den Begriff „PIGS“, der für die Sorgenkinder im Euro-Raum steht, ist nicht zufällig. Sollte die Lage sich verschärfen, könnte innerhalb der USA eine Lage entstehen, wie es sie in Europa mit Portugal, Irland, Griechenland und Spanien gibt.

Einen Vorgeschmack gab es vor wenigen Wochen, als sich die Kosten von Kreditausfallversicherungen für Illinois auf dem Niveau von Rumänien und dem Irak bewegten. Norman Hanert


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