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15.01.11 / Bauwerke für die Nachwelt erhalten / Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert fünf wichtige Projekte in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Bauwerke für die Nachwelt erhalten
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert fünf wichtige Projekte in Berlin

Gleich fünf Förderverträge der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) sind noch Ende vergangenen Jahres übergeben worden. Neben Christophoruskirche in der nördlichen Siemensstadt erhalten auch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, das Mausoleum Strousberg in Schöneberg sowie das Anatomische Theater und die Villa Neutra in Zehlendorf Fördermittel.

Insgesamt hat die in Bonn ansässige DSD seit ihrer Gründung 1985 dank privater Spenden, der von ihr verwalteten Treuhandstiftungen und der Mittel der „GlücksSpirale“, der Rentenlotterie von Lotto, allein in Berlin über 130 Projekte unterstützt. Seit 2005 wird die Arbeit der Stiftung in Berlin von einem ehrenamtlich tätigen Kuratorium unter der Leitung S.K.H. Prinz Georg Friedrich von Preußen unterstützt. Für die Arbeiten an den fünf Berliner Denkmalen stehen 271000 Euro zur Verfügung.

Die von 1929 bis 1931 von Hans Hertlein (1881–1963) an repräsentativer Stelle in der von Siemens geplanten „Siedlung Heimat“ errichtete ehemalige evangelische „Kirche Siemensstadt“ wurde 1991 in evangelische Christophoruskirche umbenannt. Architektonisch akzentuiert bildet ein 32 Meter hoher Campanile mit langgezogenen kleinen Fenstern und Schallöffnungen im oberen Turmbereich den weithin sichtbaren Orientierungspunkt. Beidseitig schließen sich zwei äußerlich nahezu symmetrisch gestaltete 25 Meter lange Nebengebäude mit zwei Geschossen an, im Westen die Pfarrei, im Osten das Gemeindehaus. Für die ausschmückende Gestaltung trug Joseph Wackerle (1880–1959) die Verantwortung, der die Ausstattung teilweise figürlich-dekorativ ausführte.

Den Bau der Gedächtniskirche veranlasste Kaiser Wilhelm II. zum Gedächtnis an seinen gleichnamigen Großvater. Der Grundstein wurde 1891 gelegt, vier Jahre später konnte das Gebäude nach dem Entwurf des Königlichen Baurats Franz Schwechten eingeweiht werden.

Der neoromanische Bau, dessen Formensprache sich an die romanischen Kirchen des Rheinlands anlehnt, besaß mit dem 113 Meter hohen Hauptturm den höchsten Aussichtspunkt der Stadt. Die Ausgestaltung des Innenraums im Stil der Neuromanik wurde beispielgebend für die Epoche. Aufwendig wurde er mit Mosaiken ausgekleidet, insbesondere zu biblischen Motiven.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche im November 1943 bei Bombenangriffen weitgehend zerstört. Nur die Turmruine und ein Bereich der Apsis des Kirchenschiffs blieben erhalten. Heute gilt das Gebäudeensemble des Architekten Egon Eiermann im Zusammenspiel von Nachfolgebauten und erhaltener Turmruine als ein weltweit herausragendes Zeugnis der Nachkriegsmoderne.

Der sogenannte „Eisenbahnkönig“ Bethel Henry Strousberg (1823–1884) aus dem ostpreußischen Neidenburg baute mehr als zehn große Eisenbahnlinien in Deutschland, sechs in Rumänien und eine in Ungarn auf Aktien. 1856 noch ein unbedeutender Kaufmann, galt er bis 1870 als einer der reichsten Männer Berlins und zählt zu den umstrit-tenen Wirtschaftsmagnaten des 19. Jahrhunderts. Aus einfachen Verhältnissen stammend erlangte er durch riskante Spekulationsgeschäfte großen Reichtum. Strousberg galt zeitweilig als größter Grundbesitzer in Deutschland und gehörte von 1867 bis 1871 dem Reichstag an. 1875 endete seine Karriere, der Zusammenbruch seiner Unternehmungen führte zum „Gründerkrach“, der ersten großen Wirtschaftskrise im Deutschen Reich. 1884 starb Strousberg verarmt in Berlin. Das eher bescheidene Mausoleum der Familie Strousberg, ein dreiteilig unverputzter Ziegelbau, wird zunehmend von Freunden der Eisenbahngeschichte aufgesucht. Flankiert von zwei schlichten Spitzbogenfenstern öffnet sich das ebenfalls spitzbogig gerahmte Portal unter einer Inschrift und einem Tondo-Relief. Wie viele historische Grabstätten auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof steht es für Berlins reiche Geschichte und die vielen, das Zeitgeschehen prägenden Charaktere.

Carl Gotthard Langhans schuf das Anatomische Theater 1789/1790, zeitgleich mit seinem berühmtesten Bauwerk, dem Brandenburger Tor. Das älteste Gebäude der Königlichen Tier-arzneischule ist auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes errichtet. Damit nimmt der Bau Bezug auf italienische Renaissancevillen wie Palladios Rotonda bei Vicenza und erinnert an das Anatomische Theater von 1594 in Padua. Ursprünglich diente der Bau als Forschungsstelle für Pferdekrankheiten zur Verbesserung der Preußischen Kavallerie. Im Innern des Hörsaals steigen die Sitzreihen des kreisrunden Saals amphitheatrisch an. Die Kuppel wirkt durch ihre gemalte plastische Gliederung noch höher, über den Thermenfenstern des Saales prangen gemalte Pferdeschädel, dazwischen figürliche Szenen. Im Saalboden des Erdgeschosses gab es eine Öffnung, durch die ein Hubtisch die Tierkadaver aus dem darunter gelegenen Präpariersaal in den Vorlesungsraum befördern konnte. Die Wiederherstellung dieses architektonischen Berliner Klein-ods hat sich die in der treuhänderischen Verwaltung der DSD gegründete „Stiftung Anatomisches Theater“ zur Aufgabe gemacht.

In den Jahren 1923/1924 schuf der damals im Architekturbüro des Allen-steiners Erich Mendelsohn arbeitende Richard Neutra als ausführender Architekt vier Villen, deren interessante Farbgebung auffällt und die im Inneren den Stil von Bruno Taut aufgreifen. Der Königsberger Bruno Taut selbst baute in der weiteren Planung neben anderen Architekten in unmittelbarer Nachbarschaft die Siedlung Onkel Tom‘s Hütte mit Mehrfamilienhäusern. Innen ist die Neutra-Villa in der Onkel-Tom-Straße 89 die am authentischsten erhaltene der Villenbauten, deren Oberflächengestaltungen in einem bemerkenswert guten Zustand sind, ebenso wie die nahezu vollständig erhaltenen Raumbegrenzungsflächen und Holzbauteile aus dem Baujahr. Auffällig an dem kompakten kubischen Baukörper sind die gegeneinander verschobenen Horizontalen der Gesimse, Balkonbrüstungen und hervorragenden Dachteile. Dagegen sind der Grundriss und die Raumaufteilung – die Räume wurden um einen zentralen Erschließungskern angeordnet – eher konventionell.      Ingolf Hermann


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