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15.01.11 / Den Menschen ins Gesicht geschaut / Der Porträtist Christoph Lisiewsky schaffte in seinen Bildnissen frühzeitig den Übergang zum Klassizismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Den Menschen ins Gesicht geschaut
Der Porträtist Christoph Lisiewsky schaffte in seinen Bildnissen frühzeitig den Übergang zum Klassizismus

In den einschlägigen Kunstlexika sucht man den Namen Christoph Friedrich Reinhold Lisiewsky (1725–1794) vergebens. Denn trotz seines hohen künst-lerischen Rangs wurde das Werk des Malers bislang weder wissenschaftlich noch durch eine Ausstellung gewürdigt. „Als das Resultat unermesslichen Fleißes und den Triumph der Prosa in der Malerei“ bezeichnete ein berühmter Zeitgenosse, der Bildhauer J.G. Schadow, Lisiewskys Werk. Ob Schadow mit seinem wohl ironisch gemeinten Urteil die künstlerische Leistung richtig einzuschätzen wusste? Die Kunsthistoriker von heute sind von den Qualitäten des Malers jedenfalls überzeugt. Mit der Ausstellung „Teure Köpfe“ hat das Staatliche Museum Schwerin die Aufgabe übernommen, sie vorzustellen.

Aus jetziger Sicht beeindruckt Lisiewsky durch seine ganz eigenständige Darstellungsweise und wird mit Antoine Pesne und Anton Graff zu den bedeutendsten Porträtmalern des 18. Jahrhunderts in Deutschland gezählt. Seine neuartige Porträtauffassung löste sich allmählich von den barocken Stereotypen der Inszenierung und Idealisierung. Durch seine realistische, teils naturalistische Malweise schaffte Lisiew-sky frühzeitig den Übergang zum Klassizismus. Die Porträtierten bescheinigten ihm eine sorgfältige und aufwendige Arbeitsweise. Die brillant ausgearbeitete Stofflichkeit sowie die präzise Wiedergabe der charakteristischen Physiognomie, Körpervolumina und -haltung lassen die Dargestellten überaus präsent erscheinen.

Welche Bedeutung Lisiewsky inzwischen eingeräumt wird, zeigt allein der Erwerb zweier Pastell-Bildnisse aus dem ehemaligen Eigentum des Herzogs Joachim Ernst von Anhalt (Dessau 1901–Buchenwald 1947) im Vorfeld der Ausstellung, die vor Schwerin bereits zwei Monate auf Schloss Mosigkau in Dessau gezeigt wurden. Dabei war die Kulturstiftung DessauWörlitz auf die finanzielle Unterstützung des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, der Kulturstiftung der Länder und Lotto Sachsen-Anhalt angewiesen. Entsprechend hochkarätig war damals die offizielle Übergabe. Allein von Seiten des herzoglichen Hauses von Anhalt nahmen S.H. Prinz Eduard von Anhalt und Gemahlin Corinna von Anhalt, Edda Darboven, Prinzessin von Anhalt, und Gemahl Albert Darboven daran teil. Lisiewsky entstammte einer polnischen Malerfamilie, die mehrere angesehene Mitglieder hervorgebracht hat. Von 1752 bis 1772 war der Künstler Hofmaler in Anhalt, führte gleichzeitig aber auch Bildnisaufträge für einen bürgerlichen Kundenkreis wie Kaufleute, Universitätsprofessoren und Theologen in Berlin und Leipzig aus. Nach dem Tod seines Neffen Georg David Matthieu, der seinerseits Hofmaler am mecklenburgischen Fürstenhaus war, berief ihn Herzog Friedrich 1778 als dessen Nachfolger nach Ludwigslust, wo er bis zu seinem Tod tätig war.    Helga Schnehagen

Die Ausstellung „Teure Köpfe“ im Staatlichen Museum Schwerin ist bis zum 6. März dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 13 bis 20 Uhr geöffnet.


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