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15.01.11 / Sie kostete Ludwig I. die Krone / Vor 150 Jahren starb Lola Montez – Die Hochstaplerin stürzte Bayern im Frühjahr 1848 eine Staatskrise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Sie kostete Ludwig I. die Krone
Vor 150 Jahren starb Lola Montez – Die Hochstaplerin stürzte Bayern im Frühjahr 1848 eine Staatskrise

Spagat auf Bayerisch: Der Begründer des weltweit größten Volksfestes zeichnete auch für die größte Staatsaffäre verantwortlich.

Gegensätze ziehen sich an: Da ist auf der einen Seite der durchaus in Ehren ergraute Monarch aus streng katholischem Hause, bislang bekannt als feingeistiger Förderer der Künste, der Architektur und der Wissenschaften, auf der anderen Seite die junge, ausnehmend hübsche, eher „halbseidene“ Tänzerin und Kurtisane recht zweifelhafter Herkunft. Als sich im Oktober 1846 ihre Wege wohl nicht ganz zufällig kreuzen, fühlen sie sich dermaßen zueinander hingezogen, dass sich die daraus ergebende Liebesaffäre bald zur spektakulärsten Staatskrise der keineswegs langweiligen bayerischen Geschichte auswächst.

In der männlichen Hauptrolle sehen wir König Ludwig I., dem Bayern so viel zu verdanken hat. Vor allem das Oktoberfest; seit nunmehr 200 Jahren erinnert es an die Verehelichung des damaligen Kronprinzen Ludwig mit Therese von Sachsen-Hildburghausen und an das zu Ehren der Frischvermählten am 17. Oktober 1810 ausgetragene Pferderennen.

Schon vor der Thronbesteigung 1825 greift Ludwig immer wieder beherzt in die bayerische, deutsche und europäische Politik ein. Auf dem Wiener Kongress 1815 zeichnet er sich als konsequenter Verfechter deutsch-nationaler Positionen aus. In die griechisch-türkischen Freiheitskämpfe mischt der ausgemachte Philhellene sich mit großzügiger finanzieller Unterstützung ein; ein privates Darlehen von eineinhalb Millionen Gulden dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass sein Sohn Otto 1832 griechischer König wurde.

Als bayerischer König setzt Ludwig I. sich vehement für den Ausbau Münchens zu einer führenden Kunst- und Wissenschaftsmetropole ein. Baumeister wie Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze erleben unter seiner Regentschaft Höhepunkte ihres städtebaulichen Wirkens. In seine Regierungszeit fällt auch der Bau der ersten deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth vor 175 Jahren.

Der Ehe mit Therese entstammten neun Kinder, was Ludwig aber nicht davon abhielt, sich immer wieder durch außereheliche Liebschaften ins Gerede zu bringen. Das Stück wird zum sowohl familiären als auch politischen Drama, als auch die weibliche Hauptdarstellerin die Münchner Bühne betritt: Elizabeth Rosanna Gilbert. Sie kommt am 17. Februar 1821 und damit zu einem Zeitpunkt, als Ludwig bereits 34 Jahre alt war, in Irland zur Welt. Die Tochter eines schottischen Kolonialoffiziers wuchs zunächst im damals britischen Indien auf, kehrte als Fünfjährige zurück ins Vereinigte Königreich. Mit 16 heiratete sie, mit 18 war sie schon wieder geschieden. Sie lernte die spanische Sprache und spanische Tänze. 1843 trat sie in London erstmals als angebliche spanische Tänzerin namens Maria de los Dolores Porrys y Montez auf, wurde aber bald als Hochstaplerin entlarvt und musste fliehen. Nun tingelte sie als Lola Montez durch ganz Europa. Mehrfach konnte sie vor gekrönten Häuptern ihre ansehnlichen Künste darbieten, so vor Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und dem russischen Zaren Nikolaus I. In Warschau, Berlin und Baden-Baden endeten ihre Auftritte in Tumulten; sie wurde ausgewiesen und landete in Paris, wo sie ihr Herz für die Literatur entdeckte, insbesondere für Alexandre Dumas. Da sie sich zwischen dem Älteren und dem Jüngeren nicht entscheiden mochte, nahm sie gleich beide.

Nach weiteren Affären in der Pariser Halbwelt zog es Lola Montez 1846 nach München, wo sie sich beim „Bayerischen Hof“ als Tänzerin bewarb. Sie wurde abgelehnt, schaffte es aber, beim König vorgelassen zu werden.

Nun überschlugen sich die Ereignisse. Am 7. Oktober empfängt Ludwig I. sie, am 10. Ok­tober darf sie am Nationaltheater auftreten. Einen Monat später ändert der König sein Testament, vermacht der geliebten Tänzerin 100000 Gulden sowie eine jährliche Apanage von 2400 Gulden und schenkt ihr ein Palais an der Barerstrasse.

Bald weiß „ganz München“, wo Seine Majestät nahezu täglich zwischen 17 und 22 Uhr anzutreffen ist: in den Gemächern der Lola Montez. Die Affäre wird allgemein missbilligt. Als der König der Tänzerin die bayerische Staatsangehörigkeit verleihen will, treten alle Minister zurück. Diesmal kann der verliebte Ludwig sich noch durchsetzen, adelt die irische Hochstaplerin zur Gräfin von Landsfeld – wegen „den Armen Bayerns erzeigten Wohltaten“. Die solcherart Beglückten freilich zeigen sich undankbar, verprügeln die „Wohltäterin“ auf offener Straße.

Im Frühjahr 1848, im Zuge der revolutionären Unruhen, verliert der König nicht nur die in die Schweiz entfleuchte Geliebte, sondern auch den Rest an Autorität. Im Kronrat muss er am 16. März erklären, dass Lola Montez nicht mehr bayerische Staatsangehörige sei. Tags darauf wird ein Fahndungsaufruf gegen die Tänzerin erlassen, auch werden die königlichen Zahlungen eingestellt. Am 20. März schließlich muss Ludwig I. zugunsten seines Sohnes Maximilian II. zurücktreten. Am 29. Februar 1868 stirbt er in Nizza. Er überlebt damit sogar noch seine ehemalige Geliebte, die vom Alter her seine Tochter hätte sein können. Nach schwerer Krankheit halbseitig gelähmt, erliegt Lola Montez am 17. Januar 1861 in New York einer an Weihnachten 1860 ausgebrochenen Lungenentzündung.            Hans-Jürgen Mahlitz


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