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15.01.11 / Bronze-Hirsche wiederentdeckt / Zwei Statuen aus der Rominter Heide schmücken derzeit den Eingang eines Sanatoriums bei Moskau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Bronze-Hirsche wiederentdeckt
Zwei Statuen aus der Rominter Heide schmücken derzeit den Eingang eines Sanatoriums bei Moskau

Zwei längst verschollen geglaubte Bronze-Statuen sind wieder aufgetaucht. Ein dem Verfasser gut bekannter russischer Freund kam im Internet auf ihre Spur. Sie führte tatsächlich zu zwei von einst vier zusammengehörenden Bronzen aus der Rominter Heide. Eine fünfte Statue, das Hirschstandbild aus Rominten, war bereits 1991 in Smolensk wiedererkannt worden.

Nur noch die ganz alten Zeitzeugen kennen aus eigener Anschauung das einzigartige künstlerische Ensemble in Kaiserlich Rominten in der Rominter Heide: das Jagdschloss Wilhelms II. von 1891/1904 – einen Steinwurf entfernt davon die „Hubertus“-Kapelle von 1893 – zwischen beiden das überlebensgroße Bronze-Standbild von 1909 des damals stärksten vom Kaiser gestreckten Rothirsches – und schließlich die nahe „Hirsch“-Brücke über den Rominte-Fluss von 1905, auf deren vier Sockeln am Ende der beiden Brückengeländer vier sitzende Rothirsche ruhten, je zwei an jeder Brückenauffahrt.

Als 1991 nach der Öffnung Nord-Ostpreußens ein Heer von „Heimweh“-Touristen die Stätten der Kindheit aufsuchte, führte sie der Weg auch nach Rominten. Es liegt mitten in dem jahrhundertealten Staatsjagdrevier im heute zur Russischen Föderation gehörenden Nordteil des Forstes von ehemals 260 Quadratkilometer Fläche. Er wird geteilt durch die polnisch-russische Staatsgrenze sowie durch eine bis zu 1000 Meter breite gesicherte Sperrzone.

Die Rückkehrer fanden in Ro­minten nichts mehr vor, das im Kriege unzerstörte 200-Seelen-Dorf dem Erdboden gleich. Schloss, Kapelle, Bronzestandbild waren abgetragen, nur Grundmauern in bürstendichten Fichtendickungen unmittelbar am Elektro- und Stacheldraht der Grenzanlagen, mit Todesstreifen. Die Brücke war passierbar, aber das Brücken-Geländer zerbrochen, die Sockel leer. Nichts erinnerte mehr an den Glanz des Zentrums des kaiserlichen Hofjagdreviers, der dem früher armseligen Köhlerdorf Theerbude (nomen est omen) zu einer bescheidenen wirtschaftlichen Blüte durch lebhaften, bis 1944 anhaltenden Tourismus verholfen hatte.

Spurlos verschwunden? Schon vor der Wende im Königsberger Gebiet 1991 erreichte den Westen die Kunde von dem Hirschstandbild. Es schmückt seit Kriegsende einen Kinderspielplatz im Zentralen Park von Smolensk. Vor einigen Jahren sägten Metalldiebe die Geweihstangen des Hirschdenkmals ab – heute „zieren“ kümmerliche Stangen von Maral-Hirschen das Haupt des Hirsches mit einem Geweih von vorher 16 Enden.

Der Verfasser fand schon 1991 den aus gefügten und verzapften Kiefernstämmen errichteten sogenannten Kaiser-Flügel des Jagdschlosses in Königsberg wieder. Er wurde demontiert und bereits 1946 wiederaufgebaut im Friedhof und Park Luisenwahl im Stadtteil Hufen, in dem über den Gräbern der Königsberger ein Vergnügungspark eingerichtet wurde, und dient der Parkverwaltung als Dienstgebäude. Der inzwischen 120 Jahre alte Bau ist marode und kaum noch zu retten: „Vergolden wäre billiger als Restaurieren“, urteilte ein Architekt über die Chancen, den historisch einmaligen Bau zu erhalten. Zwei Blockhäuser im gleichen norwegischen Stil mit Wikinger-Elementen fanden sich im nahen Göritten und in Stallupönen wieder.

Und die „Brückenhirsche“? Auf eine Annonce von A. Gautschi in einer russischen Jagdzeitung in den 1990er Jahren kam eine Mitteilung, in Rostow am Don befänden sich solche Hirsche aus Deutschland. Aber es stellte sich heraus, dass diese beiden Bronzen von einem jagdlichen Brunnen-Ensemble stammten, gegossen von Noack in Berlin, das nach 1920 vor dem Reichstag gestanden hatte. Der traditionsbewusste Forstdirektor Nikolai Schumillo in Groß Rominten ließ zwar 2002 die fehlenden und/oder zerstörten Brückenelemente auf seinem Forstbetriebshof nachgießen und restaurierte so die Brücke, wie er auch die Fundamente der Hubertus-Kapelle, des Hirschdenkmals und des Jagdschlosses freilegen ließ. Aber bis 2008 wucherte schon wieder Unterholz über die Freifläche. Kurz: Bis 2009 galten die Brücken-Hirsche als verschollen.

Doch seit der Entdeckung des dem Verfasser gut bekannten russischen Freundes sind wir eines Besseren belehrt: Zwei der vier Brückenhirsche bewachen – augenscheinlich seit Jahrzehnten – den Eingang eines Sanatoriums SESNI im Vorort Sosnovka bei Moskau. Von den anderen beiden Bronzen gibt es weiterhin keine Spur.

Der Autor der russischen Internet-Notiz bringt die Brücken-Hirsche irrtümlich mit Hirsch-Bronzen in Verbindung, die einige Jahre in Carinhall aufgestellt waren: Er erkannte also die Bronzen in Moskau nicht als die Brücken-Hirsche aus Rominten.

Der erste Gedanke nach diesem Zufallsfund ist natürlich die Überlegung: Wie kann man erreichen, dass diese Raritäten zurück nach Ostpreußen kommen – allerdings nicht unbedingt nach Rominten zurück auf die Brücke, denn dort würden sie in kürzester Zeit gestohlen. Vielmehr wären sie beispielsweise im Historisch-Künstlerischen Museum am Oberteich in Königsberg gut und angemessen sichergestellt und öffentlich zugänglich. Eine Chance kann wohl nur darin gesehen werden, dass die Königsberger Mandatsträger dafür interessiert werden, die Brücken-Hirsche aus Moskau auf dem politischen Weg nach Ostpreußen zurückzuführen. Aber Königsberg und das heute russische Nord-Ostpreußen ringen mit einer so desaströsen wirtschaftlichen Gemengelage, dass sie wohl vorrangig ganz andere Wünsche nach Moskau richten (müssen).

Aber wer weiß? Würde ein Bemühen Erfolg versprechen, diese Bronzen für das Deutsche Jagd-Museum in München zu kopieren, und wäre das finanzierbar? Wolfgang Rothe


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