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15.01.11 / Ziegel aus Lasdehnen / Aufzeichnungen erinnern an einen alten Familienbetrieb

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Ziegel aus Lasdehnen
Aufzeichnungen erinnern an einen alten Familienbetrieb

Nachdem am Ortsrand von Langenfelde, Kreis Schlossberg, heute Belkino im Rayon Krasnoznamensk in der Kaliningradskaja Oblas, unter russischer Leitung eine neue moderne Ziegelei entstanden ist, soll ein Blick auf die Ziegelei, die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Lasdehnen/Haselberg im Kreis Pillkallen/Schlossberg, heute Krasnoznamensk im gleichnamigen Rayon, bestanden hat, erinnern.

Ausgangspunkt für die Erinnerungen sind handschriftliche Aufzeichnungen von Eva Danielczick, der jüngsten Tochter  des damaligen Ziegelei- und Gutsbesitzers Wilhelm Danielczick, Familienunterlagen, Erinnerungen des Enkels Konrad Murr und Hinweise von alten Haselbergern.

Die Ziegelei, ein ursprünglich veralteter Betrieb, erbaut 1900, wurde von Wilhelm Danielczick 1905 erworben, nachdem er sich von Königsberg aus in der damaligen Provinz Ostpreußen nach einem geeigneten Objekt umgesehen hatte. Ausschlaggebend für die Wahl der Ziegelei in Lasdehnen war nicht zuletzt, dass die Ziegelei mit einem Gutsbetrieb von zirka 500 Morgen verbunden war. Die Großeltern wollten ein Industriegut erwerben, um möglichst krisenfest zu sein. „Gebaut wird immer“, war die Devise des Firmeninhabers. Das galt besonders für die verstärkte Bautätigkeit nach den Zerstörungen des Ersten Weltkrieges.

Der Lehm wurde vom eigenen Acker abgebaut. Große Teile Land wurden dazu gepachtet. Die Ziegelei wurde von Grund auf modernisiert. Es entstanden große Gebäude. Auf einem neuen Schornstein, so erinnert sich der Haselberger Gerhard Schmidt, habe er einen Trompeter gesehen, der dort sein Instrument erklingen ließ. Ein Aufzug zog die Loren von der Abbaustelle in der Lehmgrube in das erste Stock-werk des Ziegelgebäudes, wo das Rohmaterial in die Maschine geschüttet wurde. Durch den Einsatz der Dampfmaschine wurde es möglich, Ziegelsteine fabrikmäßig herzustellen. Wesentlich war die Erfindung der Strangpresse, bei der ein schneckenartiges Gewinde den Lehm durch ein rechteckiges Mundstück presst, während ein Abscheider, ein gespannter Draht, gelichgroße Längen abtrennt.

Die Produktion betrug nach dem Ersten Weltkrieg 1919 nach Angaben des Ostpreußischen Arbeitgeber-Bezirksverbandes für das Baugewerbe zu Königsberg Pr. 800000 Ziegelsteine und 125000 Dachsteine jährlich. Die Ziegelei gehörte somit im Kreis Pillkallen zu einer Ziegelei mittlerer Größe. Da viele Bauern die bestellten Ziegel nicht selbst abfahren konnten, verfügte das Industriegebiet zum Abfahren der Ziegel über mehr Gespanne, als für die Landwirtschaft gebraucht wurden. Einem unzufriedenen Kunden, so erzählt eine Anekdote im Familienkreis, habe Wilhelm Danielczick geantwortet: „Meine Ziegel können Sie vom Kirchturm hinunterwerfen. Sie gehen nicht kaputt.“

Wie die Bezahlung der Leute vor sich ging, schildert Eva Danielczick. „Auf dem Ziegeleigelände hatten wir ein kleines Bürohaus. Da war ein Schalter, die Leute wurden namentlich aufgerufen. Vater saß am Fenster, der Ziegelmeister neben ihm und vor sich auf dem Tisch war das Geld ausgebreitet, die Markstücke und Pfennige säuberlich gestapelt und dann wurde für jeden sein Verdienst abgezählt.“

Werner Radtke, ein früherer Mitarbeiter, erinnert sich, dass vor ihm bereits sein Großvater, sein Vater und seine Mutter in der Ziegelei gearbeitet haben. Zur Erntezeit ruhte die Ziegelei für einen Tag. Zur Ziegelei gehöre auch eine kleine Zementwarenfabrikation. Später wurde Sohn Werner für die Ziegelei verantwortlich. Der Betrieb wurde im Oktober 1940 stillgelegt, weil Werner Danielczick zum Heeresdienst eingezogen wurde.

Die Ziegelei war bis 1948 unter russischer Regie in Betrieb. Allerdings verzögerte sich die Produktionsaufnahme vom November 1946 bis Juli 1947 wegen der schwierigen Beschaffung von Heizmaterial aus Tilsit. Denn es fehlten Transportmöglichkeiten.

Eine zweite Ziegelei im Rayon Krasnoznamensk war im März 1947 in Trappen/Nemanskoe betriebsbereit. Die zerstörte Ziegelei in Pillkallen, Schlossberg (Dobrowolsk) wurde nicht wieder aufgebaut. Alle Gebäude der Ziegelei Danielczick in Lasdehnen wurden später mit Ausnahmen des kleinen Verwaltungsgebäudes abgetragen. Die Häuser dienten der notleidenden neuen Bevölkerung als Steinbruch zur Gewinnung des dringend benötigten Baumaterials. Die Ziegeleimaschinen seien nach Litauen verkauft worden, wie eine russische Einwohnerin von Krasnoznamensk auf unsere Frage berichtete. Die einstige Ziegelei besteht nur noch in der Erinnerung. Das Ziegeleigelände zeigt heute keinerlei Spuren der einstigen Betriebsamkeit. Konrad Murr


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