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15.01.11 / Sarrazin-Debatte extrem / Dokumentation der Medienberichterstattung zu »Deutschland schafft sich ab«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Sarrazin-Debatte extrem
Dokumentation der Medienberichterstattung zu »Deutschland schafft sich ab«

Wohl die meisten deutschen Politiker haben sich im letzten Jahr gewünscht, den ehemaligen Berliner Finanzsenator und Bundesbanker Thilo Sarrazin zum Schweigen bringen zu können. Aber nicht nur Sarrazin schweigt nicht zu den Themen Integration, Islam, Sozialstaat und Bildung, auch die Debatte über seine Aussagen kocht in regelmäßigen Abständen wieder hoch. Die 2008 vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger gegründete Deutschlandstiftung Integration, die sich auf die Fahnen geschrieben hat „Toleranz und Austausch zwischen Menschen mit unterschiedlichem nationalen, kulturellen und sozialen Hintergrund“ zu fördern, hat die Berichterstattung um Sarrazins Äußerungen sogar dokumentiert. In Sarrazin – Eine deutsche Debatte“ kommen die unterschiedlichsten Autoren zu Wort, die sich beispielsweise in der „FAZ“, der „Welt“, „Süddeutschen“, „taz“, „Hürriyet“, im „Focus“, „Spiegel“, „Cicero“ oder „Handelsblatt“ zur Sarrazin-Debatte geäußert haben. Zurückhaltende Befürworter wie emotional engagierte Gegner kommen gleichermaßen zu Wort. Doch manche Texte nerven einfach nur, weil in ihnen nur auf Sarrazin eingedroschen wird, ohne dass der Autor offenbar dessen Buch gelesen hat. Viele Journalisten verbeißen sich in ein oder zwei Thesen und verlieren den Überblick über Sarrazins Gesamtkritik.

Sätze wie „Thilo Sarrazins Buch ist – soweit ich es kenne – ein aggressives Pamphlet, eine Hasstirade“ verdeutlichen, auf welchem Niveau die Sarrazin-Debatte zum Teil ablief. Da ist die Analyse des in Sachen Sarrazin gespaltenen „FAZ“-Herausgebers Frank Schirrmacher schon tiefgründiger: „Zunächst: Dieses Buch hat nicht Thilo Sarrazin verfasst. Es wurde von einer Politik geschrieben, die seit Generationen nicht mehr in Generationen, sondern in Monaten denkt. Sarrazin ist lediglich der Ghostwriter der Gespenster, die uns jetzt heimsuchen.“ Oder Necla Kelek, die anhand eigener Erfahrungen schildert, warum der Islam keine Religion sei wie andere und es daher seinen Anhängern auch schwieriger mache, sich zu integrieren. „Ich würde gern eine inhaltiche und keine moralische Debatte über Sarrazins Thesen führen. Keiner seiner Kritiker hat bisher auf die Vorschläge reagiert, geschweige denn seine Thesen widerlegt“, so Kelek Ende August 2010 in der „FAZ“. Und in der „Bild“ schrieb Ernst Elitz: „Der dümmste Vorwurf gegen ihn lautet: Er sagt nichts Neues, alles schon bekannt. So bekennt Politik ihr Versagen. Das ist der wahre Skandal! Alles bekannt, aber nichts oder viel zu wenig getan.“ Bekannte Autoren wie Henryk M. Broder oder Ralph Giordano schlagen sich auf die Seite von Sarrazin und amüsieren sich schon fast über die sich so aufgeregt gebende Republik. „Thilo Sarrazins Buch ist ein Stoß mitten ins Herz der bundesdeutschen Political Correctness, ein Frontalangriff auf Deutschlands Multikulturalisten …“, so Giordano.

Der deutsch-ägyptische Politikwissenschaftler, Historiker und Autor Hamed Abdel-Samad bezeichnete im „Focus“ Sarrazin nur als „Katalysator für die meisten Probleme, die die asymetrische Republik Deutschland hat: die verkrampfte Streitkultur, die Trägheit der Politik, die veralteten Konzepte von Identität und Zugehörigkeit, die Angst- und Empörungsindustrie. Um diese Probleme zu lösen, muss man beim ersten anfangen. Denn in Deutschland wird keine konsequente Debatte über den Islam, die Migration und die Organisation des Sozialstaates geführt.“ Und bei „Spiegel online“ zeigte Matthias Matussek Verständnis für die Deutschen, die es satt haben, für ihre teuren und vielfältigen Integrationsangebote von überwiegend muslimischen Zuwanderern auch noch beschimpft und ausgelacht zu werden.

Die Lektüre des Buches verdeutlicht, dass während Sarrazins Gegner vor allem moralisierten und polemisierten, die Befürworter argumentierten und sogar weiter in die Tiefe gingen. „Selbst wenn Sarrazin komplett falsch läge: Es wäre undemokratisch, ihn dafür politisch abzustrafen. Müssten Irrtümer staatlich verfolgt werden, dann dürfte heute niemand mehr, der sich in Deutschland für den Beitritt der Griechen zur Euro-Zone aussprach, ein öffentliches Amt bekleiden“, so die „FAZ“.  Rebecca Bellano

Deutschlandstiftung Integration (Hrsg.): „Sarrazin – Eine deutsche Debatte“, Piper, München 2010, kartoniert, 237 Seiten, 10 Euro


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