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15.01.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Parfum und sonstiger Gestank / Warum Kommunismus nichts mit Kommunismus zu tun hat, wieso Gysi so rücksichtsvoll ist, und wie die FDP-Anhänger verhungern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Parfum und sonstiger Gestank / Warum Kommunismus nichts mit Kommunismus zu tun hat, wieso Gysi so rücksichtsvoll ist, und wie die FDP-Anhänger verhungern

Wie riecht Dioxin? Nervös umschnuppern wir unser Frühstücksei. Und? Alles wie immer. Oder ist der Odem des Todes gar das, was wir bislang für Ei-Geruch gehalten haben? Kaum. Dann müsste es überall nach Eiern riechen. Wir selbst eingeschlossen. Denn die Fachwelt kippt uns die frohe Botschaft vor die zitternden Füße: Dioxine (es gibt unzählige Arten, glücklicherweise sind nur einige giftig) sind überall, auch in unseren Körpern, wo sie sich erst in Jahren und Jahrzehnten abbauen.

Alles halb so wild? Das nun auch wieder nicht. Schon der Gedanke, dass minderwertige Industriefette, die bei der Herstellung von Biodiesel abfallen, über die Nahrungskette in unserem Magen landen, ist zum Brechen. Es stinkt eben doch, wenn auch nicht im physischen Sinne.

Es gibt Gerüche, die man nicht mit der Nase aufnimmt sondern mit dem Verstand. Manche davon sind so penetrant, dass sie uns treffen wie ein Hieb mit der Plattschaufel. Was Gesine Lötzsch im einstigen FDJ-Zentralorgan „Junge Welt“ in die Welt entließ, das lässt uns den Kopf dröhnen.

Am übelsten wurden diejenigen Zeitgenossen vom kommunistischen Geistermarsch der Parteichefin düpiert, die seit Jahren daran arbeiten, die Linkspartei vom Stasi-Geruch zu befreien. Unentwegt fächelten sie uns ein billiges Parfum Marke „Glaubhafte Erneuerung“ zu, damit wir den Eigengeruch der SED nicht mehr so scharf wahrnahmen. Nun hat der Schwall der Cheflinken all das süße Duftwasser fortgeblasen und wir stehen würgend im Modergestank der alten Gespenster.

Das kommt jetzt sehr ungelegen. Sieben Wahlen stehen bevor, da wollte man sich ganz und gar kommod zeigen, auf stadtfein machen. Am meisten grämt sich der Parfumeur, der seine Kreation „Glaubhafte Erneuerung“ schon Ende 1989 auf den Markt brachte. Maître Gysi möchte vor Verzweiflung seine Flacons gegen die Wand schleudern. Wie ein überforderter Koch scheitert er an dem Versuch, mit seinen zwei Händen 20 brodelnde Kessel unter Kontrolle zu halten. Immer wieder fliegt irgendwo der Deckel weg. Da redete eine Genossin von der Notwendigkeit, die Stasi wiederzuerrichten, jemand anderes faselte von den guten Seiten der Mauer, und nun gleich eine komplette Epistel über „Wege zum Kommunismus“. Ausgerechnet von der Lötzsch, die erst letztes Jahr für Ärger gesorgt hatte. Als Joachim Gauck von der SPD zum Präsidentschaftskandidat gekürt wurde, blaffte die Linke-Chefin los, ohne eine Sekunde zu zögern: Die SPD hätte sich wohl extra jemanden gesucht, den die Linke auf keinen Fall wählen könne.

Alle nachgereichten „Erklärungen“, warum Gauck denn so unwählbar sei, verpufften in der allgemeinen Erkenntnis: Die wollen den nicht, weil er als oberster Stasi-Aufklärer Licht ins Dunkel ihrer Verbrechen gebracht hat.

Damals wie heute musste Gysi ran: Nein, nein, damit habe das selbstverständlich gar nichts zu tun. So wie auch heute nur böswillige Hetzer von Lötzschs offener Sehnsucht nach dem Kommunismus auf Sehnsucht nach dem Kommunismus schließen können.

Gysi hinterbringt uns diese aufklärenden Worte direkt von der Luxemburg-Liebknecht-Huldigung in Berlin. Millionen Menschen sind im 20. Jahrhundert einen gewaltsamen Tod gestorben. Dass sich die Linkspartei unter all jenen ausgerechnet die beiden KP-Gründer zu Ikonen wählt, legen ihr ebenfalls nur Schelme als Affinität zum Kommunismus aus.

Besonders wichtig ist den Linken, dass sie Demokraten sind. Angesichts der „Deutschen Demokratischen Republik“, in der bekanntlich der „demokratische Zentralismus“ herrschte, fragen die reaktionären Quälgeister listig, was die SED-Erben denn unter „demokratisch“ verstünden. Gesine Lötzsch wehrt solche Beiß­attacken mit einem glasklaren Konter ab: Schmähungen wie „Geh doch nach Nordkorea“ seien eine Unverschämtheit, denn: Von Leuten, die „völkerrechtswidrige Kriege“ (sie meinte wohl den Afghanistan-Krieg) führten, lasse sie sich nicht erklären, was Demokratie sei. Das also ist das Unterscheidungsmerkmal: Wer „völkerrechtswidrige Kriege“ führt wie die Bundesregierung, der hat zur Demokratie die Klappe zu halten. Was aber schreckt sie dann an Nordkorea? Das Land führt im Moment überhaupt keinen Krieg. Wenn das darüber entscheidet, ob man beim Thema Demokratie kompetent ist, sollte sie sich bei den asiatischen Genossen doch recht wohl fühlen.

Auf die der Linkspartei freundlich gesinnten Medien kommt jetzt viel Arbeit zu. Wegen der herannahenden Wahlen ist keine Zeit zu verlieren, um den Ausrutscher auf der eigenen Überzeugung vergessen zu machen. Daran wird bereits emsig gewerkelt. An den „unglück­lichen“ Äußerungen kann man nichts mehr ändern. Daher muss nun der Blickwinkel des Publikums verschoben werden. Die Strategie verläuft zweigleisig: Erstens kommt es darauf an, den Ruf der Linkspartei zu retten. Deshalb wird unablässig auf die „innerparteilichen Kritiker“ verwiesen. Auf diese Weise soll jedermann vermittelt werden, dass Gesine Lötzsch nur ein vereinzeltes Schmuddelkind unter lauter Saubermännern ist (deshalb ist sie ja auch nur Parteivorsitzende). Auf der zweiten Schiene geht es darum, den Protest der anderen Parteien möglichst hyänenhaft aussehen zu lassen: Lötzsch habe eine Steilvorlage geliefert, lautet die Parole, welche die anderen nun schamlos ausnutzten, um gegen die Linkspartei zu „donnern“.

Diese Strategie ist reichlich erprobt und bislang immer erfolgreich gewesen. Nach einiger Zeit sehen alle wieder gleich aus, den strengen Geruch nimmt keiner mehr wahr.

Wenn das erreicht ist, kann man seine Stimme erheben und fordern, dass wir „nun endlich zu den Sachthemen zurückkehren“. Damit wäre die Sache für die Linkspartei überstanden, sie wäre zurückgekehrt in den Kreis der „normalen Parteien“. Ein NPD-Funktionär würde ja auch viel lieber über Arbeitsmarktpolitik reden als über die Verbrechen der Nationalsozialisten oder entlarvende Entgleisungen inkontinenter Parteigenossen. Nur lässt man ihn nicht. Die Nicht-mehr-, Noch-nicht-wieder- oder Doch-noch-Kommunisten schon.

Nun sage aber keiner, dass die Genossen nicht lernfähig seien. Und ob sie das sind! Wer genau hinhört, kann es bestätigen. Was sagte Gregor Gysi noch gleich: Wer den Begriff Kommunismus verwende, nehme keine Rück­sicht darauf, dass viele Menschen gerade in Westdeutschland damit Stalin oder Pol Pot verbänden. Daher gehöre das Wort Kommunismus nur in die „theoretische und politische Auseinandersetzung“, aber nicht in die Programme der Partei. Gysi hat also gelernt, dass man in den alten Bundesländern lieber nicht Kommunismus sagt, wenn man Kommunismus will. Alle Achtung.

In der FDP dürfte man regelrecht neidisch sein auf die linken Ultras. Wie? Sie meinen, ich spinne? Das auch, aber es ist doch so: Die Linke leidet letztlich an einem quälenden Überschuss an Meinung. Der ideologische Plunder steht ihr bis zum Hals. In der FDP hingegen kratzt man schon die Ecken aus, um an ein wenig „liberales Profil“ zu gelangen.

Liberale Themen lägen auf der Straße: Währungsunsicherheit, Verschwendung ... was nicht alles. Es hapert offenbar an der Technik. Früher entstanden Parteiprogramme wie Zeitungsartikel: Erst wird der Text ausgearbeitet, dann kommt die Überschrift dazu, sprich: erst die Inhalte, dann die Parolen. Guido Westerwelle hat das Verfahren revolutioniert: Er baut fette Überschriften in Reihe, doch wer nach dem Text dahinter fragt, der bekommt stattdessen die nächste Überschrift. Diese dünne Suppe lässt selbst die treuesten FDP-Anhänger hungernd zurück. Die „engen Parteifreunde“ wissen um das Trompetenhafte ihres Chefs. Zu feige zum Putsch? Kaum. Aber die Niederlagen bei den kommenden Wahlen, die wollen sie ihm doch auf keinen Fall nehmen. Freunde eben.


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