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22.01.11 / Bei der CDU keimt Hoffnung / Berlin-Wahl im September: Union könnte vom Zerwürfnis im linken Lager profitieren 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-11 vom 22. Januar 2011

Bei der CDU keimt Hoffnung
Berlin-Wahl im September: Union könnte vom Zerwürfnis im linken Lager profitieren 

Nun ist es offiziell: Frank Henkel ist Spitzenkandidat der CDU bei der Berlin-Wahl im September. Mit wem aber will er koalieren? Die SPD stünde der Union inhaltlich näher. Doch Henkel blickt eher in Richtung Grüne.

Auf dem Neujahrsempfang der CDU Berlin-Spandau am vergangenen Wochenende hielt Frank Henkel seine erste Rede als nominierter Bürgermeisterkandidat: „Ich bewerbe mich für das Amt des Regierenden Bürgermeisters und möchte Sie um Unterstützung bitten.“ Dann folgte eine Kampfansage des CDU-Landeschefs in Richtung des jetzigen Berliner Bürgermeisters: „Ich will da aufräumen, wo es nicht funktioniert, weil ich ein anderes Amtsverständnis habe als Herr Wowereit.“ Vor 500 begeisterten Gästen forderte Henkel mehr Polizei auf der Straße, den Erhalt der Gymnasien und härtere Sanktionen gegen Straftäter.

Nach den Umfragen scheint eine Mehrheit für die CDU allerdings ausgeschlossen. Selbst das Ziel, stärkste Partei zu werden, ist wohl kaum zu erreichen. Stimmungen sind noch keine Stimmen, aber die neueste Umfrage (Forsa) sieht die SPD bei 28 Prozent, die Grünen bei 24, die CDU bei 19 und die Linkspartei bei 14 Prozent. Andere Parteien – auch die FDP – kämen danach nicht ins Parlament. Abgerechnet wird jedoch erst am Wahltag, dem 19. September. Einen bürgerlichen oder „rechten“ Koalitionspartner hätten die Christdemokraten nicht. Doch einem linken Block stehen sie dennoch nicht gegenüber: Unter den drei linken Parteien stimmt die Chemie schon seit geraumer Zeit nicht mehr. So kann auch die CDU von einer Regierungsbeteiligung träumen. Die Mehrheit für die jetzt regierende rot-rote Koalition wackelt laut den Umfragen. Doch auch für ein schwarz-grünes oder grün-schwarzes Bündnis wären die Mehrheiten unsicher. Ohne die SPD, deren Umfragewerte seit Wochen wieder ansteigen, scheint eine Regierungsbildung derzeit fast ausgeschlossen.

Frank Henkel hat unlängst im Regionalsender RBB erklärt, seine Koalitionspräferenz ginge zu den Grünen hin. Beobachter halten aber mit Blick auf die Politikfelder, die Henkel zu seinen Schwerpunkten erklärte, den Vorrat an Gemeinsamkeiten mit der SPD für größer. Flughafen BBI, gegliedertes Schulsystem, Verkehrspolitik – insbesondere der Weiterbau der Autobahn A100 – sind „No Go Areas“ für die Grünen. Die Verkehrssenatorin und Autobahnbefürworterin Ingeborg Junge-Reyer von der SPD würde da schon eher zur CDU passen – ganz zu schweigen von Wowereits Trumpf, dem „angedachten“ Innensenator Heinz Buschkowsky. Mit dem derzeitigen Neuköllner Bezirksbürgermeister wäre die rot-schwarze Harmonie kaum noch zu überbieten.

Henkel kam eigentlich zum Posten des Landes- und Fraktionsvorsitzenden der CDU wie die Jungfrau zum Kinde. 2008 stolperte sein Vorgänger als Fraktionschef, der nach Berlin zugereiste Friedbert Pflüger, über den eigenen Machthunger, als er bei seinem Versuch, auch den Landesvorsitz zu übernehmen, scheiterte. Mit seinem Auftrumpfen jedoch schaffte Pflüger, woran zuvor alle anderen Landesvorsitzenden gescheitert waren: Die Partei zu einen. Bislang standen sich fast unversöhnlich zwei fast gleich starke verfeindete Gruppierungen gegenüber. Erst unter dem Eindruck der drohenden „Übernahme“ der Partei durch den Merkel-Adlatus Pflüger fanden sie zueinander und hoben einen der ihren – Frank Henkel – auf den Schild. Später erlangte Henkel auch noch das Amt des Landeschefs. Seither hat der „Kümmerer“ eine Beliebtheit in der Partei erreicht wie niemand zuvor. Besucht er die Basis, so heißt es: „Der Frank kommt!“

Allerdings nutzte ihm der Rückhalt in der Spree-Union nichts beim Kampf um Prozente in den Umfragen. Nach einem Zwischenhoch, das die CDU immerhin auf 25 Prozent brachte, führten linksliberale Positionspapiere zur Wirtschafts- und Ausländerpolitik sowie Auseinandersetzungen mit Islamkritikern in den eigenen Reihen zu einem Rückgang auf 19 Prozent. Frank Henkel ist es nicht gelungen – obwohl man ihm selbst konservative Überzeugungen nachsagt – die konservative Wählerschaft zur CDU zurückzubringen. Stattdessen wird nun offenbar unter Henkel das Ziel verfolgt, als Juniorpartner der Grünen oder vielleicht auch der SPD den Weg zurück an die Macht in der Hauptstadt zu finden.

Die Nachricht von Henkels Kandidatur hat dem CDU-Chef selbst bereits einen Schub gegeben. In einer Umfrage der „Berliner Zeitung“ stieg Henkels Beliebtheitsgrad. Wollten vor Weih-nachten nur zehn Prozent der Berliner Frank Henkel als Regierenden Bürgermeister sehen, sind es jetzt immerhin 15 Prozent. Amtsinhaber Wowereit liegt zwar scheinbar uneinholbar bei 46 Prozent, aber die eben noch gefeierte Grünen-Kandidatin Renate Künast wollen nur noch 21 Prozent – vier Prozent weniger als vor vier Wochen. Sie zu überrunden, könnte eines der erreichbaren Ziele der CDU sein.

Dabei haben die befragten Berliner noch gar nicht auf die Skandalrede von Linkspartei-Chefin Gesine Lötsch zum Kommunismus reagieren können. Sollte ein rot-rotes Bündnis nicht mehr möglich sein, dann steigen auch die Aussichten für Frank Henkel und seiner CDU. Sollten aber die FDP oder eine andere Partei, die bislang unter den „Sonstigen“ firmiert, doch noch den Sprung ins Parlament schaffen, wüchsen die Chancen für Rot-Grün, weil die CDU als Mehrheitsbeschaffer dann zu schwach wäre mit ihren derzeit 19 Prozent. So seltsam es erscheinen mag, die Liberalen könnten am Ende aus dem Parlament fallen, weil die Berliner Renate Künast nicht wollen. Theo Maass


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