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22.01.11 / Verzerrte Wechselkurse schaden allen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-11 vom 22. Januar 2011

Verzerrte Wechselkurse schaden allen

Im buchstäblichen Sinne wird Arbeitslosigkeit natürlich nur dann exportiert, wenn ein Land Erwerbslose zur Auswanderung bewegt. Doch der Begriff der „exportierten Arbeitslosigkeit“ hat in der ökonomischen Literatur eine definierte Bedeutung, die etwas vom reinen Wortsinn abweicht. Unter dem „Export“ von Unterbeschäftigung oder eben Arbeitslosigkeit verstehen Volkswirte eine Politik der Exportförderung von arbeitsintensiven Gütern – etwa durch Exportsubventionen oder durch künstlich niedrig gehaltene Wechselkurse. Die Volksrepublik China verfolgt eine solche Politik seit längerem. Bei den Handelspartnern kann eine solche Politik zu „importierter Arbeitslosigkeit“ führen. Ein Beispiel dafür sind etwa die japanischen Autoexport-Offensiven nach Europa in den 80er Jahren, die der deutschen Autoindustrie Beschäftigungsverluste brachten.

Eine Politik des Exportes von Arbeitslosigkeit ist allerdings nicht unbedingt rational: Künstlich gedrückte Wechselkurse verteuern ja auch die Importe. Selbst wenn mit einer solchen Politik Exportüberschüsse erwirtschaftet werden (was früher bei Japan und heute bei China zweifellos der Fall ist), muss das noch nicht unbedingt ein Erfolg sein. Was ist, wenn die dadurch angehäuften Währungsreserven an Wert verlieren, weil der geschädigte Handelspartner zu einer Politik der Inflation greift oder – weniger radikal – weil irgendwann die Unterbewertung der eigenen Währung nicht mehr durchzuhalten ist und allein dadurch die angehäuften Guthaben in fremden Währungen an Wert verlieren? Auch im wirtschaftlichen Wettbewerb ist kooperatives Verhalten langfristig meistens die bessere Strategie.     K.B.

 

Zeitzeugen

Ludwig Erhard – Der 1897 geborene Ökonom gilt zurecht als Vater des Wirtschaftswunders. Von 1949 bis 1963 war er Bundesminister für Wirtschaft, danach mit weniger Fortüne drei Jahre lang Kanzler. Zu seinen weniger bekannten Leistungen gehört die Überwindung der Millionenarbeitslosigkeit der frühen 50er Jahre. Später machte er mit allzu erfolgreichen „Maßhalteappellen“ einen großen Fehler: Die Löhne waren zu niedrig, es entstand Arbeitskräftemangel und in der Folge Massenzuwanderung.

Thomas R. Malthus – Der britische Ökonom und Philosoph (1766–1834) vertrat eine düstere These: Zwar steige die Produktivität durch den technischen Fortschritt. Doch zusätzliches Bevölkerungwachstum fresse diesen Fortschritt gleich wieder auf, so dass die Arbeiter nie groß über das Existenzminimum hinauskämen. Zum Glück irrte Malthus hier.

Ferdinand Lasalle – Der 1825 in Breslau geborene Arbeiterführer gilt als Gründervater der SPD. In der Tradition von Malthus vertrat er sein „Ehernes Lohngesetz“. Unter den Bedingungen des Marktes kämen die Löhne nie nennenswert über das Existenzminimum hinaus. Er hielt folglich wenig von der Tarifautonomie, sondern forderte Genossenschaften in Arbeiterbesitz. Anders als Marx bewertete er den Staat positiv.

Wolfgang Franz – Der 1944 geborene Volkswirt ist Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Franz ist einer der führenden deutschen Arbeitsmarktexperten und Vorsitzender des Rats der fünf „Wirtschaftsweisen“. Er plädiert für niedrigere Hartz-IV-Sätze bei deutlich erweiterten Zuverdienstmöglichkeiten.

Karl Schiller – Der Volkswirt, Jurist und spätere SPD-Politiker wurde 1911 – wie Lasalle – in Breslau geboren. Wie viele Prominente der Bundesrepublik gehörte auch Schiller vor 1945 der NSDAP (und weiteren NS-Organisationen) an. Von 1966 bis 1972 gehört der der Bundesregierung an – zunächst als Wirtschafts-, dann zusätzlich als Finanzminister. Aus Protest gegen Willy Brandts Schuldenpolitik trat er im Juli 1972 zurück.


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