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22.01.11 / Dubiose Sorglos-Fonds / Prozess um Berliner Bankenskandal: Staatsanwaltschaft will Revision

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-11 vom 22. Januar 2011

Dubiose Sorglos-Fonds
Prozess um Berliner Bankenskandal: Staatsanwaltschaft will Revision

Im Verfahren gegen ehemalige Manager und Mitglieder des Aufsichtsrats der Berliner Bankgesellschaft hat die Staatsanwaltschaft am 11. Januar Freispruch beantragt. Die Anklage geht allerdings weiterhin von einer „gravierenden Pflichtverletzung“ der Angeklagten aus, die Beweisaufnahme sei zu früh abgebrochen worden und unvollständig geblieben, so der Staatsanwalt im Plädoyer.

Den zwölf Angeklagten, darunter der ehemalige Berliner Spitzenpolitiker Klaus-Rüdiger Lan-dowsky, war im Zusammenhang mit zwei 1998 und 1999 aufgelegten Immobilienfonds schwere Untreue vorgeworfen worden. Das Gericht hatte es eine Woche zuvor abgelehnt, einen Gutachter zur Bestimmung des Schadens heranzuziehen, es sieht die umstrittenen Fonds vom gesamten Konzern mitgetragen und gebilligt. Für die Staatsanwaltschaft wurde die Beweisaufnahme zu früh beendet, sie will in Revision beim Bundesgerichtshof gehen. Im Prozess geht es um zwei der sogenannten „Rundum-Sorglos-Fonds“. Die Geschlossenen Immobilienfonds wurden von der IBG, einer Tochtergesellschaft der Bankgesellschaft Berlin, mit erstaunlichen Konditionen aufgelegt: Üppige Mietgarantien auch bei Leerstand und nach 25 Jahren eine Rücknahmegarantie zum Kaufpreis. Das Ganze für den Anleger nahezu risikolos – durch die Konstruktion der Bankenholding stand in letzter Konsequenz das Land Berlin als Bürge. Weshalb der Erwerb der Fonds noch zusätzlich steuerlich gefördert wurde, ist kaum erklärbar – ein unternehmerisches Risiko war für die Anleger nicht vorhanden. Thilo Sarrazin, ab 2002 Finanzsenator in Berlin, hat die „Sorglos-Fonds“ als eine Art „Bundesschatzbrief mit Steuervorteil“ bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft ist der Meinung, dass bei der Auflage der Fonds pflichtwidrig kaufmännische Grundsätze außer Acht gelassen wurden und Risiken nicht einkalkuliert wurden. Für den Steuerzahler sind die Geschäfte der Bankgesellschaft Berlin mittlerweile eine teure Angelegenheit geworden: Allein durch die beiden verhandelten Fonds wurde laut Anklage ein Schaden von 58 Millionen Euro verursacht.

Insgesamt muss das Land Berlin  inzwischen mit 21 Milliarden Euro für Folgen aus den Aktivitäten der Berliner Bankgesellschaft bürgen. Im Jahr 1994 gegründet, war die Bankgesellschaft Berlin bereits 2001 in einer derartigen finanziellen Schieflage, dass der Steuerzahler mit 1,7 Milliarden Euro den Zusammenbruch verhindern musste. Damit war Berlin ausnahmsweise anderen Bundesländern um Jahre voraus – inzwischen mussten fast alle Landesbanken mit Steuergeldern gerettet werden. Nachdem die Staatsanwaltschaft im laufenden Prozess keine Erfolgsaussicht sieht und selbst Freispruch beantragt hat, ist die noch ausstehende Urteilsverkündung eine Formsache. Das Urteil in einem weiteren Prozess gegen Klaus Landowsky, wegen Untreue bei der Vergabe von Immobilienkrediten, wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und muss beim Landgericht Berlin nochmals verhandelt werden.            N. Hanert


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