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29.01.11 / Immobilien: Berlins Mitte ist Spitze / Geringste Leerstandsrate in Deutschland: Büromarkt wächst auf solidem Fundament

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-11 vom 29. Januar 2011

Immobilien: Berlins Mitte ist Spitze
Geringste Leerstandsrate in Deutschland: Büromarkt wächst auf solidem Fundament

Berlin kommt besser aus der Krise als andere deutsche Großstädte. Das zeigt sich besonders am Büromarkt: Die Nachfrage nach Flächen zieht an. In keiner deutschen Metropole wird derzeit so viel Umsatz beim Verkauf gewerblich genutzter Immobilien gemacht wie an der Spree.

Und offenbar sind die Investoren der Meinung, dass es noch weiter bergauf geht: Gut die Hälfte der 2010 errichteten Gewerbebauten ist nach Experten-Informationen „spekulativ“ gebaut worden – die Mieter stehen bei Baubeginn noch nicht fest. Die Investoren haben also Vertrauen in Berlins Aufschwung. Doch wie stabil ist der neue Boom wirklich?

Der Anteil der vermieteten Bürofläche stieg 2010 um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, sagen Makler. Das klingt nach Aufschwung und Arbeitsplätzen. Philipe Fischer, Chefverkäufer des internationalen Maklerhauses Jones Lang Lasalle, dämpft jedoch gegenüber der PAZ: „Wir haben noch genügend Büro-Reserven im Bestand, daher ist das noch kein Boom.“ Insgesamt sieht die Branche aber positiv in die Zukunft.

Die Orco-GSG, Berlins größter Büro- und Gewerbeflächenanbieter, freut sich über eine „stetige Steigerung der Vermietungszahlen seit 2007“, so Marketing-Leiterin Patricia Jaenisch. Demnach ist der positive Trend auch bei Mittelständlern, Klein- und Kleinstgewerbetreibenden angekommen, den Kunden dieses Anbieters. „Im innerstädtischen Bereich, also Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und in Mitte, haben wir teils eine 95-prozentige Auslastung unserer Gewerbehöfe“, so Jaenisch. Neu sei zudem, dass viele Bestandsmieter ihre Flächen erweiterten – das gehe im Ostteil der Stadt besser, wegen der Größe der Flächen, so Jaenisch. „Im Osten haben wir viele technisch orientierte Firmen aus den Wachstumsbereichen, die Berlin auch umwirbt“, sagt sie.

Ein anderer aktueller Trend geht zum Errichten von Büro- oder Geschäftsflächen, ohne dass ein Mieter feststeht. „Das spekulative Bauen im Gewerbebereich ist im Moment eine spezielle Berliner Entwicklung, die sich aber 2011 wohl etwas abschwächen wird – wir glauben nicht, dass ein langfristiger Trend zu Spekulationen besteht“, sagt Philipe Fischer. Demnach sind Gewerbeneubauten als langfristige Geldanlage durchaus sinnvoll. Spekulatives Bauen mit Blick auf unbekannte Mieter rentiert sich aber nur in ohnehin gefragten Spitzenlagen in der Mitte der Stadt. Dort ist die Konkurrenz unter den Anbietern solcher Flächen gering, die Preise sind entsprechend hoch.

Wer hier ein Grundstück ergattern kann, der baut. „Auf dem Kurfürstendamm, in der nördlichen Friedrichstraße und in den Hackeschen Höfen ist die Nachfrage so groß, dass spekulative Objekte Sinn machen“, so Fischer. „Wenn Sie eine Bank finden, die daran glaubt, dann funktioniert das, es dauert dann ein halbes bis ein Jahr, doch im spekulativen Bereich sind die Banken nach unserer Wahrnehmung noch sehr zurückhaltend.“

Es wäre allerdings verfehlt, von diesem speziellen Bereich die alleinige Antriebskraft zu erwarten. In weniger gefragten Stadtteilen gestaltet sich die Situation nach wie vor komplizierter. Zurückhaltung bei Spekulationen außerhalb von Top-Lagen gebieten nämlich schon die Erstellungskosten. Wer etwa als Bauherr im allgemeinen City-West-Bereich nach dem Prinzip Hoffnung Gewerbeflächen „für Unbekannt“ bebaut, hat in der Regel nach wie vor Verlust, kann die Refinanzierung nicht stemmen. So überwiegen dort Bauprojekte, deren spätere Mieter bereits feststehen. In den Außenbezirken sind spekulative Bauten so gut wie gar nicht anzutreffen. Die Gewerbemieter erweitern hier selbst.

Für den Markt insgesamt ist die Zurückhaltung kein Nachteil. So kann nämlich nicht so schnell eine Blase entstehen, weil über den Bedarf hinaus gebaut wurde. Solchen Gebieten wie „Berlin-eastside“, laut Eigenwerbung „Berlins größtes zusammenhängendes Industrie- und Gewerbegebiet“, geht es gut. Verkehrsanbindung und Vergrößerungsmöglichkeit für bereits angesiedelte Unternehmen machen das Areal interessant. Die Orco-GSG betreut zwei große Höfe auf dem Berlin-eastside-Areal. Auch bei der IHK Brandenburg weiß man: „Gewerbegebiete in der Nähe von Berlin haben eine bedeutend höhere Auslastungssituation als in peripheren Lagen.“

Rund 510000 Quadratmeter Gewerbefläche gingen 2010 in der Hauptstadt an neue Mieter. Davon aber wurden, wegen des hohen Bestandes, nur  100000 Quadratmeter neu erbaut – und hiervon wiederum rund die Hälfte spekulativ. Doch dieser spekulative Anteil ist, so Experten, nur ein vorübergehendes Erscheinungsbild, der positive Gesamttrend bleibe davon unberührt. Ein Faktor, der die Nachfrage belebt, ist der relativ geringe jährliche Neubau von Gewerbe- und Büroraum in den letzten Jahren. Auch das ist ein spezifischer Berlin-Faktor. Ob 2008 oder 2009 – der Gewerbe-Neubau blieb mit nur rund 100000 Quadratmetern ziemlich überschaubar, so Fischer.

Die aktuelle Nachfrage ist also Folge der relativ langsamen Bau-Entwick­lung in den Jahren zuvor, die nun auf eine stark anziehende Nachfrage trifft. So kommt es, dass in Berlin von allen Großstädten Deutschlands die wenigsten Bürohäuser leer stehen. Bei aller berechtigten Hoffnung machen sich Berlins Makler über eins keine Illusionen: „Zur wirtschaftlich positiven Entwicklung trägt der Senat ganz sicher nicht bei, das sind rein marktwirtschaftliche Entwicklungen“, so Fischer.            Sverre Gutschmidt


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