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29.01.11 / Doppelt hält besser / Vor 125 Jahren wurde das Auto erfunden – gleich zweimal, von Daimler und Benz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-11 vom 29. Januar 2011

Doppelt hält besser
Vor 125 Jahren wurde das Auto erfunden – gleich zweimal, von Daimler und Benz

Die Zeit war reif für diese Erfindung. Und so war es nicht nur Zufall, dass nahezu zeitgleich im Jahre 1886 Karl Benz und Gottlieb Daimler mit ihren neuartigen Motorwagen die Welt veränderten.

Schade, dass es damals noch keine „Frau des Jahres“ gab. Die Wahl wäre auf Bertha Benz gefallen, die erste Frau am Steuer (geschäftlich wie automobilistisch). Hätte es bereits das „Auto Jahres“ gegeben, wäre die Auswahl nicht ganz so einfach gewesen: Es gab nämlich zwei Kandidaten, den „Benz Patent-Motorwagen“ und den „Daimler-Motorwagen“.

Den Anfang hatten Gottlieb Dai-mler und sein Freund Wilhelm Maybach gemacht. Am 29. August 1885 ließen sie sich ein motorgetriebenes „Reitrad“ patentieren, am 10. November wagte Daimlers Sohn Paul mit dem wackeligen Zweirad die erste Ausfahrt von Cannstatt nach Untertürkheim.

Derweilen hatte Karl Benz in Mannheim ein dreirädriges „Einspänner-Chais’chen ohne Pferd und ohne Deichsel“, so ein zeitgenössischer Zeitungsbericht, zusammengebaut. Am 29. Januar 1886 meldete er es erfolgreich zum Patent (Nr. 37435) an – der Geburtstag des Automobils.

Am 3. Juli 1886 wagte sich Benz erstmals auf öffentliche Straßen. Über die Reaktion der Bevölkerung wird berichtet: „Die Bewunderung sämtlicher Passanten, welche sich momentan über das ihnen gebotene Bild kaum zu fassen vermochten, war ebenso allgemein wie groß.“

In Cannstatt hatten Daimler und Maybach ihren Motor auf eine vierrädrige Kutsche montiert. Erste Fahrversuche mit Maybach am Steuer fanden im Herbst 1886 statt; genaue Daten sind nicht überliefert.

Beide Konkurrenten stützten sich auf eine Erfindung von Nicolaus August Otto, der im Rheinischen die „Gas-Motorenfabrik Deutz“ betrieb. Am 4. August 1877 war ihm das Patent auf einen Viertaktmotor erteilt worden. Diese Technik wurde von Benz sowie Daimler/Maybach weiterentwickelt, bis sie endlich klein und leicht genug für den mobilen Einsatz war. Daimler und Maybach konnten dabei auch auf eigene Erfahrungen bauen: Sie hatten einige Zeit in Ottos Fabrik gearbeitet.

Dummerweise hatte der Autodidakt Otto seine Patenschrift so ungeschickt formuliert, dass sie nur wenige Jahre Bestand hatte. Am 30. Januar 1886, einen Tag nach Benz’ Patentanmeldung, hob das Berliner Reichsgericht Ottos Patent Nr. 532 wieder auf. Damit war der Weg für Daimler und Benz frei.

Das öffentliche Interesse freilich hielt sich in Grenzen. Das Volk staunte, entgegenkommende Pferde scheuten, Bedenkenträger warnten – aber niemand kaufte ein Auto.

Angesichts der wieder einmal drohenden Pleite nahm Bertha Benz nicht nur das Heft, sondern auch das Steuer in die Hand. Begleitet von ihren beiden Söhnen Eugen und Richard startete sie zur ersten Fernfahrt, von Mannheim nach Pforzheim. Merkwürdig anmutende Umwege musste sie nehmen, aus zwei Gründen: erstens um allzu steile Steigungen zu vermeiden, zweitens um immer rechtzeitig zum Tanken bei einer Apotheke vorzufahren. Denn nur dort gab es Benzin.

Doch nicht nur wegen dieser aufsehenerregenden (und endlich verkaufsfördernden) Leistung gilt Bertha Benz als wichtige Pionierin des Automobilbaus. Ihrem erfindungsreichen, aber geschäfts­untüchtigen Gatten half sie immer wieder aus der Patsche, wenn es eng wurde. Die erste Frau am Steuer war zugleich Technikerin, Managerin und Finanzexpertin.

Schnell setzte sich nun die neumodische Benzinkutsche durch, auch dank sportlicher Aktivitäten. 1899 gewann der Kaufmann Emil Jellinek unter dem Pseudonym „Herr Mercedes“ (es war der Vorname seiner zehnjährigen Tochter) ein Autorennen in Nizza. Damit begann die Ära Mercedes. 1926 schlossen die Konkurrenten sich zur Daimler-Benz AG zusammen. Und in diesen Tagen feiern die Nachfahren der Erfinder des Automobils in Stuttgart den 125. Geburtstag – mit Bundeskanzlerin Angela Merkel als Ehrengast. Dass sie dienstlich nicht im Mercedes, sondern im Audi unterwegs ist, dürfte die Festtagsstimmung nicht wesentlich trüben.         H.-J. Mahlitz


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