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29.01.11 / Tiefschlag für Rot-Grün in NRW / Das Landesverfassungsgericht hat die extreme Neuverschuldung gestoppt – Auswirkungen noch ungewiss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-11 vom 29. Januar 2011

Tiefschlag für Rot-Grün in NRW
Das Landesverfassungsgericht hat die extreme Neuverschuldung gestoppt – Auswirkungen noch ungewiss

Selbst die verbesserte Haushaltslage kann die Minderheitsregierung von Hannelore Kraft (SPD) nicht retten. Doch Hilfe winkt von Seiten der Opposition.

Vermutlich kam sich der nord-rhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am vergangenen Dienstag selber ein wenig wie ein Zauberer vor. Nachdem das Landesverfassungsgericht in Münster am 18. Januar den Nachtragshaushalt der rot-grünen Minderheitsregierung für 2010 per einstweiliger Anordnung bis zur endgültigen Entscheidung der Richter außer Kraft gesetzt hatte, hatte es so ausgesehen, als ob die Regierung in Düsseldorf akute finanzielle Probleme bekommen würde. Doch genau eine Woche nach der Anordnung der Richter teilte Walter-Borjans mit, dass sich nach vorläufigen Rechnungsergebnissen der Kreditbedarf für das abgelaufene Jahr 2010 um mehr als 1,3 Milliarden Euro verringern dürfte. Grund hierfür seien geringere Ausgaben und höhere Steuereinnahmen. Und somit sandte der Minister zugleich ein Signal gen Landesverfassungsgericht, dass der dort vorliegende Nachtragshaushalt nicht mehr aktuell sei.

Am 15. Februar wollen die Richter in Münster darüber beraten, ob der Nachtragshaushalt 2010, der eine Neuverschuldung in Höhe von 8,4 Milliarden Euro vorsieht, mit der Landesverfassung vereinbar ist. Im Laufe der darauffolgenden drei Monate wollen sie dann ihr Urteil verkünden.

Doch egal wie dieses ausfällt und auch trotz der „entdeckten“ 1,3 Milliarden, die rot-grüne Landesregierung hat ein Problem. Wird der Nachtragshaushalt 2010, der mit 8,4 Milliarden Euro Neuverschuldung noch desolater als der Haushalt der schwarz-gelben Vorgängerregierung ist, der auch schon 6,6 Milliarden Euro Schulden vorsah, von Münster blockiert, muss ein neuer Haushaltsentwurf her. Dieser dürfte trotz der verbesserten Haushaltslage immer noch grenzwertig sein, es sei denn, es wird konsequent gespart. Doch das kann die Minderheitsregierung nicht, da sie schließlich im Landtag auf die Stimmen der Partei „Die Linke“ angewiesen ist und die hält nichts vom Sparen.

Möglicherweise könnte man die umstrittene Vorsorge für die angeschlagene Landesbank WestLB verringern. Das Land steht hier mit maximal 4,2 Milliarden Euro in der Gewährträgerhaftung. Allerdings hat der Vorgänger von Hannelore Kraft, Jürgen Rüttgers (CDU), hierfür bereits 1,2 Milliarden Euro in den Haushalt eingebucht und laut Experten dürfte diese Summe bis 2012 reichen. Warum also die rot-grüne Regierung jetzt weitere 1,3 Milliarden Euro als Kredit aufnehmen will, obwohl das Geld frühestens nach 2012 und dann auch nur möglicherweise benötigt wird, war von Anfang an unklar. Selbst wenn die benötigte Haftungssumme über dem zurückgelegten Betrag läge, könnte dann immer noch ein Nachtragshaushalt vorgelegt werden, zumal dann die von Münster geforderte Begründung für einen Nachtragshaushalt, nämlich die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, eingetreten wäre.

Doch selbst wenn Münster den Nachtragshaushalt 2010 noch genehmigen sollte: Der Haushalt für das laufende Jahr 2011 muss noch beschlossen werden. Dies wurde schon auf Mai vertagt, doch dann irgendwann kann sich Hannelore Kraft nicht mehr drücken. Dieser Haushalt enthält zusätzliche Belastungen, da die rot-grüne Regierung hier Wahlversprechen einlösen will. So unter anderem die Abschaffung der Studiengebühren ab Herbst 2011. Kostenpunkt: 249 Millionen Euro jährlich. Oder das Sozialticket für Arme, das das Land rund 30 Millionen Euro kosten dürfte. Außerdem will man Städte und Gemeinden finanziell unterstützten. Von Einsparungen hingegen ist nichts bekannt. Streichungen im Öffentlichen Dienst, wie sie die schwarz-gelbe Regierung zuvor durchgesetzt hat, sind tabu. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) hat jedoch bereits angekündigt, dass ihre Regierung mittelfristig denke. So würde man durch eine vernünftige Unterrichtsversorgung Millionen sparen, da dann weniger Kinder sitzenbleiben würden. Allerdings sind die Voraussetzungen für die von Löhrmann erwähnte „vernünftige Unterrichtsversorgung“ noch nicht geschaffen, da die rot-grünen Schulpläne auf massiven Widerstand stoßen. Doch Kraft und Löhrmann vertreten die Ansicht: Schulden oder Bankrott der Kommunen und Verelendung der Schulen – und entscheiden sich für die Schulden. Worauf CDU-Landeschef Norbert Röttgen kontert, dass eine Verschuldungspolitik ohne Grenzen auf Kosten der nächsten Generationen gehe. Daher hatte seine Partei auch in Münster die Klage gegen den Nachtragshaushalt eingereicht. Dort hatte zuletzt die SPD gegen den Haushalt der Rüttgers-Regierung Klage eingereicht. Die Sozialdemokraten hatten, nachdem sie 2005 nach 39 Jahren an der Regierung in die Opposition geraten waren, die Vorzüge des Sparens entdeckt. Dass die finanziellen Probleme der schwarz-gelben Regierung auch daher rührten, dass die SPD-Regierungen der letzten Jahrzehnte selbst in guten Zeiten neue Kredite aufgenommen hatten und so einen Schuldenberg von über 130 Milliarden Euro (bei einem Steueraufkommen von 39,9 Milliarden Euro 2010) angehäuft hatten, ignorierten sie.

Nun steht die rot-grüne Regierung vor dem Dilemma, entweder sparen zu müssen, dann aber die notwendige Zustimmung der Partei „Die Linke“ zu verlieren, oder Neuwahlen anzustreben. Da diese der angeschlagenen Opposition derzeit noch weniger zusagt als der Minderheitsregierung, kann man auf Hilfe von dort hoffen. Die Liberalen haben sich bereits angeboten. Die Partei befürchtet, dass sie bei vorgezogenen Neuwahlen aufgrund des Umfragetiefs den Einzug ins Landesparlament verpasst. „Wir werden SPD und Grünen nicht nachlaufen, aber wir laufen auch nicht weg, sollten sie auf uns zukommen“, so FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Rebecca Bellano


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