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05.02.11 / Poker nicht nur um Hartz IV / SPD und Grüne profitieren da

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-11 vom 05. Februar 2011

Poker nicht nur um Hartz IV
SPD und Grüne profitieren davon, dass in Vergessenheit geraten ist, dass ihr Pfusch Ursache für die Reform ist

Ausgerechnet zu Beginn des Superwahljahres 2011 hat die SPD mit der Reform der Sozialhilfe ein Mittel in die Hand bekommen, sich publikumswirksam als die Partei der „sozialen Gerechtigkeit“ aufzuspielen. Die Union will unbedingt eine Einigung bis zur Bundesratssitzung am 11. Februar.

Zur Erinnerung: Im Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geurteilt, die bisherige, von Rot-Grün zu verantwortende Berechnungsmethode des Kindersatzes von Hartz IV sei verfassungswidrig. Bis Ende 2010 sollte das transparent geregelt werden. Da sich die Bundesregierung zu der Zeit aber noch in der von Kanzlerin Angela Merkel verordneten Winterstarre vor der Landtagswahl in NRW im Mai befand, verpassten sie es, den Bereich neu zu ordnen, so lang sie noch die Mehrheit im Bundesrat hatte. Erst im Herbst kam Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit einem erstmals transparent durchgerechneten Hartz-IV-Regelsatz und einem Bildungspaket für Kinder in den Bundestag. Durch diese Schlafmützigkeit spielte Schwarz-Gelb der SPD eine Trumpfkarte in die Hand: die Möglichkeit der Blockade im Bundesrat, die prompt im Dezember 2010 erfolgte. Und diese Karte soll nach dem Willen der SPD nun stechen, zu Beginn des Jahres 2011 mit mindestens sieben Landtagswahlen.

Manuela Schwesig, Sozialministerin im kleinen Mecklenburg-Vorpommern und bereits mit 36 Jahren SPD-Vize, inszeniert sich bei den Verhandlungen mit der Union über die Neuregelung der Sozialhilfe sehr geschickt als die wahre Gralshüterin des Umverteilungsstaates. Der von der Regierung ermittelten Bedarfssumme von Hartz-IV-Empfängern, nach der sich laut BVerfG die Höhe des Regelsatzes zu bemessen hat, unterstellt sie – sachlich nicht weiter begründet – Intransparenz. Das Ziel der SPD ist, die Sozialhilfesätze um deutlich mehr als die von der Regierung ermittelten fünf Euro anzuheben. Dazu ist die SPD schon deswegen verpflichtet, weil sie selbst im Herbst die von der linken Presse willig weitergetragene Parole lancierte, fünf Euro Anhebung seien lächerlich. Stimmt sie nun einer solchen maßvollen Anhebung zu, treibt sie das „Stimmvieh“ der Millionen Transferempfänger der Linkspartei zu.

Diese wiederum kann es sich leicht machen, indem sie sich einfach jedem Kompromiss verweigert – immerhin kann man immer noch mehr Umverteilung fordern. Die Grünen wiederum sind lediglich als Koalitionspartner der SPD in den Ländern involviert. Sie stimmen zwar in den Chor der Umverteiler mit ein, aber nur mit gebremstem Schaum, da sich die grüne Klientel weniger aus Transferempfängern, denn aus gutbetuchten Gutmenschen und wohlbestallten Wutbürgern rekrutiert.

Um eine Einigung zu verhindern und öffentlichen Aufruhr von Gewerkschaften und Sozialverbänden zu provozieren – so zumindest die Deutung der „FAZ“ –, verknüpfte die SPD die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss mit zwei Bereichen, die eine Einigung weiter erschweren, aber überhaupt nichts mit der Frage der Sozialhilfe zu tun haben: den Mindestlöhnen in der Zeitarbeit und der Forderung nach einer neuen Heerschar Sozialarbeiter an Schulen (die natürlich ihrerseits wieder zur Kernklientel von Rot-Grün gehören).

Die Union will das Thema so schnell wie möglich vom Tisch haben, möglichst vor der nächsten Bundesratssitzung am 11. Februar. Bereits an diesem Sonntag soll weiterverhandelt werden. Beim Bildungspaket für Kinder ist man sich bereits einig, und zwar durch die Nachgiebigkeit der Koalition, die der SPD weit entgegengekommen ist. So sollen nun zusätzlich die Kinder von Wohngeldempfängern das Paket bekommen. Die Verwaltung soll den Kommunen obliegen, denen der Bund die vollen „Ist-Kosten“ einschließlich Verwaltungsaufwand ersetzt. Um das zu ermöglichen, müsste wohl das Grundgesetz geändert werden, das direkte Finanzbeziehungen des Bundes mit den Kommunen untersagt. So wird der Föderalismus wieder ein Stückchen ausgehöhlt.

CSU-Chef Horst Seehofer, der als gelernter Sozialpolitiker selbst an den Verhandlungen teilnimmt, signalisiert Kompromissbereitschaft in Sachen Mindestlohn und Sozialarbeitern. Leiharbeiter sollen nach einer Einarbeitungsphase dasselbe verdienen wie die bei der ausleihenden Firma angestellten Kollegen. Der Disput dreht sich hier um einen, drei oder sechs Monate Einarbeitungszeit. Die Schul-Sozialarbeiter sollen auch nach dem Willen der Union aufgestockt werden, aber nicht so stark, wie die SPD das will.

„Hart bleiben“ wollen Seehofer und die Union aber bei der Höhe des Regelsatzes. Neben dem Kosten-argument – die Ausgaben für Arbeit, Soziales und Gesundheit machen bereits heute 54 Prozent des Bundesetats aus und verhindern so wichtige Zukunftsinvestitionen – zählt hier das Lohnabstandsgebot: Einer, der arbeitet, muss grundsätzlich mehr verdienen als einer, der nicht arbeitet. Das ist bereits heute bei einigen schlecht bezahlten Berufen nicht mehr der Fall. Viele Kellner, Postboten oder Pflegekräfte etwa hätten netto mehr in der Tasche, wenn sie sich zur Ruhe setzten und nur von Hartz IV und den diversen Zuschlägen wie Wohngeld lebten.             Anton Heinrich


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