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05.02.11 / Hommage an die »Königin der Meere« / In Washington und Karlsruhe widmen sich Ausstellungen Venedig aus der Sicht verschiedener Künstler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-11 vom 05. Februar 2011

Hommage an die »Königin der Meere«
In Washington und Karlsruhe widmen sich Ausstellungen Venedig aus der Sicht verschiedener Künstler

Die besondere Lage der Lagunenstadt, die Pracht der Paläste, Gondeln und Kanäle sowie nicht zuletzt das besondere Licht zogen viele Künstler nach Venedig. Gleich zwei Ausstellungen beschäftigen sich mit diesem Thema, die eine ist in Washington, die andere in Karlsruhe zu sehen.

Der aus Venedig stammende Giovanni Antonio Canal (1697–1768), genannt Canaletto, war ein italienischer Veduten- und Landschaftsmaler. Ihm und seinen Zeitgenossen ist vom 20. Februar bis 30. Mai eine Ausstellung in der National Gallery of Art in

Washington gewidmet. Zu sehen sind 50 venezianische Stadtansichten, darunter auch solche von Bernardo Belotto, einem Neffen Canalettos, der selbst später diesen Namen übernahm. Die fast fotorealistisch genaue und detailreiche Darstellung erreichte Antonio Canal durch eine Camera obscura, die er als Hilfsmittel benutzte. Einer der Mäzene und Auftraggeber Canalettos war der englische Konsul in Venedig Joseph Smith. Er ließ Ku-pferstiche nach dessen Gemälden anfertigen und trug mit dazu bei, dass die Werke unter den bildungsreisenden, englischen Adligen verbreitet wurden.

Die Ausstellung „Venedig-Bilder in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts“ in Karlsruhe, die im Anschluss auch in Paderborn zu sehen sein wird, zeigt mehr als 150 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und historische Fotografien von Malern, Zeichnern und Fotografen aus dem deutschsprachigen Raum. Sie alle waren fasziniert von der unvergleichlichen Lage der einstigen „Königin der Meere“ und ihren reichen Kunstschätzen. Viele Künstler verbrachten längere Zeit in Venedig und mieteten sich Ateliers. Andere kehrten immer wieder in die Stadt der Gondeln, Brücken und Kanäle zurück und blieben dort bis zum Lebensende.

Werke von Louis Kolitz aus Tilsit (1845–1914) oder des Breslauers Paul von Ravenstein (1854–1938) sind ebenso zu finden wie solche bekannterer Maler wie Carl Spitzweg, Anselm Feuerbach und Anton von Werner, dem späteren Direktor der Berliner Kunstakademie und Vorsitzenden des Vereins Berliner Künstler, der mit seiner starren, wilhelminisch geprägten Kunstauffassung in Kontrast zu Max Liebermann und anderen Künstlern der Zeit stand. Werners Ausstellungspolitik führte schließlich zur Gründung der Berliner Secession.

Auch den Berliner Max Liebermann führte der Weg nach Italien. 1878 hielt sich Liebermann für mehrere Wochen in Venedig auf, wo er den Münchner Malerfürsten Franz von Lenbach (1836–1904) traf. Der riet ihm, doch nach München, in die damalige Kunsthauptstadt überzusiedeln. Ein Rat, dem Liebermann noch im Dezember desselben Jahres folgte.

In Venedig wandte sich der Maler unspektakulären Motiven zu. So sind in Karlsruhe Aquarelle  einer schmalen Gasse zu sehen, die Liebermann aus verschiedenen Perspektiven  festhielt. In der alten sephardischen Synagoge der spanisch stämmigen Juden fertigte er zahlreiche Skizzen vom Innenraum an, „tief berührt von der eigentümlichen, weltabgewandten und vergeistigten Atmosphäre“ (Frauke Berchtig). Diese Skizzen waren Grundlage für Liebermanns umstrittensten Bilder: „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“. Als das Bild 1879 auf der 3. Internationalen Kunstausstellung in München gezeigt wurde, provozierte es einen handfesten Skandal. Man entrüstete sich über die ungewohnt naturalistische Darstellung des Jesusknaben. Wie konnte er als jüdischer Maler es wagen, das christliche Thema zu malen? Die öffentliche Empörung war so groß, dass sich sogar der Bayerische Landtag damit beschäftigte. Anerkennung dagegen fand er in der Haltung des Prinzregenten Luitpold aus dem Hause Wittelsbach, der den Maler in seinem Münchner Atelier besuchte. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung bat er um einige Erläuterungen zur Kunstbetrachtung. Liebermanns Kollegen hätten das Bild so hoch gepriesen, dass er dessen künstlerische Besonderheiten kennenlernen wolle.

Es waren nicht nur Maler, die sich zu Venedig hingezogen fühlten. Auch der Komponist Richard Wagner hatte sein Herz an die Lagunenstadt verloren. „In einer schlaflosen Nacht, wo es mich gegen drei Uhr des Morgens auf den Balkon meiner Wohnung hinaustrieb, hörte ich denn auch zum ersten Male den altberühmten Naturgesang der Gondolieri“, erinnert sich Richard Wagner in seiner Autobiografie „Mein Leben“ über seinen ersten Aufenthalt in Venedig 1858. Es folgten viele Besuche. Der prachtvolle Palazzo Vendramin-Calergi, direkt am Canale Grande gelegen, bildet den Schlusspunkt in der langen Lebensreise dieses unruhigen Geistes. Am 14. September 1882 war er mit seiner Familie nach Venedig gegangen, um dort den Winter zu verbringen. Dort starb Richard Wagner nach einem heftigen Streit mit seiner Frau Cosima am

13. Februar 1883 an einem Herzanfall.   Silke Osman

Die Ausstellung „Venedig-Bilder in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts“ in der Städtischen Galerie Karlsruhe ist bis zum 6. März mittwochs bis freitags von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Katalog (Michael Imhof Verlag, Petersberg, 216 Seiten, 146 Farbabbildungen, gebunden) 29,95 Euro. Vom 2. April bis 3. Juli ist die Ausstellung in der Städtischen Galerie in der Reithalle Paderborn zu sehen.


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