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12.02.11 / Kampf um Zeit / Ägyptens »geordneter Übergangsprozess«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Kampf um Zeit
Ägyptens »geordneter Übergangsprozess«

Präsident Hosni Mubarak ist zwar weiter im Amt, doch wahrer Machthaber ist bereits der erst knapp vor seiner Ernennung aus den USA zurückgekehrte Vizepräsident Omar Suleiman. Und der weiß als vormaliger Geheimdienst-Chef und Folterer (auch für den CIA), wie man’s angeht, nämlich Zeit gewinnen und die Gegner zermürben. Denn die sitzen mit ihrer kategorischen, doch nun eher belanglosen Forderung nach Mubaraks Rücktritt in der Falle. Kosmetische Änderungen in Regierung und Mehrheitspartei sowie das ägyptische Zeitgefühl tragen mit dazu bei, dass Leute bereits sagen, auf die paar Monate bis zum Ende von Mubaraks Amtszeit komme es doch gar nicht an.

Auch Versorgungsprobleme und Preiserhöhungen kann man den Demonstranten anhängen. Und jede Menge an Gerüchten ausstreuen – auch über das Internet, weil es dann glaubhafter wirkt. Die Blogger-Szene, die sich wegen der Medien-Zensur in den letzten Jahren stark entwickelt und erheblich zur Meinungsbildung beigetragen hat, ist nach der kurzzeitigen Internet-Abschaltung nun wieder voll aktiv und liefert auch Beispiele von schwarzem Humor, etwa zur Frage, warum Präsident Mubarak nicht sofort zurücktritt: „Er darf nicht, weil Netanjahu noch nicht beschlossen hat, wen Obama als Nachfolger einsetzen muss.“

Da sich die Oppositionellen nur im Feindbild, nicht aber in Führung oder Ideologie einig sind, ist es leicht, sie gegeneinander auszuspielen. So hatte Suleiman am Sonntag Muslimbrüder und einige andere zu Gesprächen geladen, nicht aber Mohammed ElBaradei und Jugendvertreter. Und da sich Neuwahlen tatsächlich nicht kurzfristig abhalten lassen, wurde der „geordnete Übergangsprozess“ ersonnen. Damit hat Suleiman inzwischen die Chance, die Mehrheit der Ägypter einzunebeln und seine Macht zu festigen. Auf jeden Fall ermöglicht es diese Zauberformel westlichen Politikern von

Obama abwärts, ihre vielbemühten „Werte“ mit deren praktischer Verunmöglichung in Einklang zu bringen.         R. G. Kerschhofer


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