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12.02.11 / Chinas Spiel mit dem Feuer / Immobilienblase, Überhitzung der Wirtschaft, demografische Entwicklung: Peking steht vor vielen Problemen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Chinas Spiel mit dem Feuer
Immobilienblase, Überhitzung der Wirtschaft, demografische Entwicklung: Peking steht vor vielen Problemen

China ist bis 2050 die wichtigste globale Wirtschaftsmacht – solche Vorhersagen zur weiteren Entwick-lung des Riesenreichs sind häufig zu hören und wecken Erinnerungen an Prognosen aus den 80er Jahren zur japanischen Wirtschaft. Unter Investoren nehmen die Zweifel allerdings zu, ob die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte in der Volksrepublik China im bisherigen Maß fortgesetzt werden kann.

China befindet sich wirtschaftlich und weltpolitisch seit Jahren im Aufwind, doch die wirklich großen Herausforderungen könnten Peking erst noch bevorstehen: Kurzfristig betrifft die Sorge vor allem den chinesischen Immobilienmarkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in der letzten Woche darauf hingewiesen, dass die Preise für Immobilien in Peking, Schanghai und Shenzhen sich komplett von den wirtschaftlichen Fundamentaldaten abgekoppelt haben. Aus diesem Grund wurde per staatlichem Dekret bereits die Mindestanzahlung beim Erwerb von Zweitobjekten erhöht, einige Städte wie Schanghai wollen eine Immobiliensteuer einführen. Seit 2008 sind die Preise für Immobilien um 60 Prozent gestiegen – zurzeit stehen 65 Millionen Wohnungen leer, dazu gehören neu gebaute Städte wie Ordos und Manzhouli, die Platz für Millionen Einwohner bieten, allerdings zurzeit fast menschenleer sind. Bereits im Dezember waren von der Société Générale, der größten Bank Frankreichs, warnende Worte zum Thema China zu hören: Albert Edwards, Chefstratege der Bank, warnte vor der Möglichkeit, dass in China eine Finanzblase „epischen Ausmaßes“ platzen könnte. In einer Analyse, die in den letzten Tagen veröffentlicht wurde, geht die Bank in Details. Ihren Klienten hat sie empfohlen, sich gegen ein Platzen der „China-Blase“ abzusichern. Nach Meinung der Bank hat die Volksrepublik zur Stimulierung des Wirtschaftswachstums seit 2008 Kredite im Wert von 2,2 Billionen Euro in die Wirtschaft gepumpt. Die Führung des Landes hat eine Überhitzung der Wirtschaft aus politischen Gründen in Kauf genommen und die Kontrolle über die brodelnde Wirtschaftsentwicklung verloren. Société Générale sieht die Gefahr, dass es zu einer „harten Landung“ mit globalen Auswirkungen kommen könnte.

In einem angenommenen Risiko-Szenario wird davon ausgegangen, dass die Überhitzung der Wirtschaft bis zur Mitte des Jahres ihren Höhepunkt erreicht, die Rohstoffpreise würden nochmals zulegen und die Inflationsrate würde von derzeit 4,6 Prozent auf zehn Prozent steigen. Eine solche Entwicklung würde die sozialen Spannungen weiter anheizen, auch könnte eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden. Die „harte Landung“ der chinesischen Wirtschaft hätte nach Berechnungen der Bank einen Ausfall von 20 Prozent der vergebenen Kredite und einen Kursverfall von 50 bis 75 Prozent bei chinesischen Bankaktien innerhalb der folgenden zwölf Monate zur Folge. Weitere Nachwirkungen wären ein Preisrück-gang bei Rohstoffen und im Jahre 2012 nur noch ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent. Darin geübt, wirtschaftliche Fehlentwick-lungen aufzuspüren, betrachten auch immer mehr Hedgefonds die wirtschaftliche Entwicklung Chinas skeptisch. Zum Beispiel Mark Hart von „Corriente Advisors“, der sowohl die US-Immobilienkrise als auch die derzeitige Euro-Krise rechtzeitig vorhergesehen hatte. Bereits im letzten Jahr hat er damit begonnen, einen Fonds aufzulegen, mit dem er von einem Platzen der „China-Blase“ profitieren will.

Etwas Skepsis ist auch bei den langfristigen Perspektiven Chinas angebracht. Schon bald werden sich die Folgen von Maos „Einkindpolitik“ bemerkbar machen. Die Überalterung wird dramatische Ausmaße annehmen – bis 2030 wird schon mit mehr als 380 Millionen Menschen über 65 Jahren gerechnet. Ein flächendeckendes Rentensystem existiert nicht. Bis 2020 will die Regierung umgerechnet 5,7 Billionen Euro aufwenden, um überhaupt für eine soziale Grundversicherung zu sorgen, die neben einer Renten- und Krankenversicherung auch Hilfe bei Arbeitslosigkeit umfassen würde. Die erste spürbare Folge der demografischen Entwicklung wird allerdings sein, dass der Zustrom billiger Arbeitskräfte innerhalb der nächsten fünf Jahre ziemlich abrupt enden wird – mit den entsprechenden Folgen für die Löhne.

Was die demografische Krise Chinas von der Situation in Europa, Japan und den USA unterscheidet, ist nicht nur die Geschwindigkeit der Entwicklung, sondern vor allem, dass China überaltert sein wird, bevor es wohlhabend geworden ist. Die 2,85 Billionen Dollar an Währungsreserven, die hauptsächlich im Ausland angelegt sind, werden nur begrenzt hilfreich sein. Im letzten Jahrhundert gab es nur zwei Situationen, in denen ein Land ähnlich hohe Überschüsse im internationalen Handel angehäuft hat: Die USA in den 20er Jahren und Japan in den 80er Jahren – beide Fälle endeten in einem finanziellen Desaster, so der Professor für Finanzwirtschaft Michael Pettis.

Gerade der Niedergang Japans seit 1990 ist vom Pekinger Politbüro ausgiebig analysiert worden. In den 1980er Jahren noch als wirtschaftliche Supermacht gehandelt, die sich anschickte, die übrige Welt aufzukaufen, ist Japan mit einer Staatsverschuldung von 204 Prozent des Bruttoinlandsprodukts mittlerweile das weltweit am stärksten verschuldete Industrieland. Norman Hanert


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