26.04.2024

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12.02.11 / Fehleinschätzungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Fehleinschätzungen
von Richard G. Kerschhofer

Das ägyptische Regime hatte den Volkszorn zunächst arg unterschätzt und geglaubt, wie bei den Unruhen der letzten Jahre mit polizeistaatlichen Methoden „durchgreifen“ zu können. Überraschend für das Ausland wie wohl auch für das Regime selbst war dann, dass die Armee von den Demonstranten freundlich begrüßt wurde. Aber so ist das eben, wenn es die allgemeine Wehrpflicht gibt und aus praktisch jeder (Groß-)Familie gerade irgendwer dient.

Wer gehofft hatte, Mubarak würde wie der tunesische Ex-Amtskollege nach dem Scheitern von Plan A abtreten, lag ebenfalls daneben. Nicht weil Mubarak ein starrsinniger alter Mann wäre, sondern weil ihn die vielen Komplizen in der näheren und Nutznießer in der weiteren Umgebung – vor allem Israel und die USA – nicht einfach gehen lassen können. Daher die Fassaden-Kosmetik für Regierung und Partei und daher der „geordnete Übergangsprozess“.

Vielleicht glauben gutmenschliche Politiker, dass ihre Aufrufe zur Gewaltlosigkeit etwas bewirkt haben. Aber wirksam, wenn überhaupt, ist nur, dass Ägyptens Führung weiß, wie sehr sie auf die US-Milliarden angewiesen ist, die de facto teils Bestechung, teils indirekte Militärhilfe für Israel sind, und dass die US-Führung weiß, wie sehr weitere Gewalt auch sie selbst weiter kompromittieren würde. Nur leider weiß man im Nahen Osten auch, wie einseitig westliche Demokratie-Exporteure mit der „Nichteinmischung in innere Angelegenheiten“ und mit Menschenrechtsverletzungen umgehen, und man ahnt, dass der „Übergangsprozess“ – so wie der „Friedensprozess“ – letztlich nur den Ist-Zustand fortschreiben soll.

Überschätzt hingegen wird vermutlich die Muslim-Bruderschaft. Kurioserweise liegen dabei der Iran, israelisch-gesteuerte Meinungsmacher und alle, die nicht zu Unrecht vor der Islamisierung Europas warnen, auf derselben Linie – wenngleich aus unterschiedlichen Motiven.


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