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12.02.11 / In der Einsamkeit der Natur / Ausstellungen in Berlin und Hamburg zeigen Werke von Karl Schmidt-Rottluff

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

In der Einsamkeit der Natur
Ausstellungen in Berlin und Hamburg zeigen Werke von Karl Schmidt-Rottluff

Der Maler, Zeichner und Plastiker Karl Schmidt-Rottluff gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des deutschen Expressionismus. Zwei Ausstellungen widmen sich seinem Schaffen.

An diesem Wochenende eröffnet das „Brücke“-Museum Berlin eine Ausstellung mit Werken, die der „Brücke“-Mitbegründer Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) während seiner zahlreichen Aufenthalte an der Ostsee schuf. Dabei wird eine Übersicht über alle Schaffensphasen geboten, wobei gezielt das Thema der Ostsee mit ihren unterschiedlichen Küstenregionen im Mittelpunkt steht. Gezeigt werden insgesamt 35 Gemälde und etwa 60 Aquarelle, Kreidezeichnungen und Druck-graphiken, durch die sich Karl Schmidt-Rottluffs Leidenschaft für die Ostseeküste verstehen lässt.

Die Ostseebilder, die zuvor in Lübeck zu sehen waren, stammen aus Alsen, Nidden, Hohwacht, Jershöft, Rumbke (Lebasee) sowie Sierksdorf und geben einen Einblick in das Lebenswerk des Künstlers. „Mit sich allein in der Einsamkeit der Natur fand er zu einzigartigen Bildern“, schreibt Magdalena M. Moeller, Direktorin des „Brücke“-Museums, im Katalog zur Ausstellung. Der Maler gilt heute als ein Klassiker der Moderne und als einer der Hauptvertreter des Expressionismus in Deutschland.

Starkfarbige Blätter entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Dangast im Oldenburger Land, wo Schmidt-Rottluff in den Jahren 1907 bis 1912 die Sommerfrische verbrachte, um fern des großstädtischen Lebens zu arbeiten. 1913 verschlug es ihn, wie Max Pechstein, nach Nidden auf die Kurische Nehrung, 1914 und 1919 nach Hohwacht an die Ostsee, von 1920 bis 1931 ins pommersche Jershöft, von 1932 bis 1943 nach Rumbke am Lebasee in Ostpommern und von 1951 bis 1973 nach Sierksdorf an die Ostsee. Die Reinheit des Lichts mag es gewesen sein, die ihn immer wieder anzog. Landschaften von ungeheurer Suggestivkraft entstanden. Im Laufe der Jahre erkennt man einen sachten Wandel – eine Verknappung der Formen, fast geometrische Formen, die weiter bis ins Blockhafte gesteigert werden. Die Farben werden dunkler, wirken dennoch nicht weniger suggestiv. Letztendlich zieht sich der Künstler in seinen Darstellungen auf das Wesentliche zurück.

Schmidt-Rottluff gehörte zu den vielen Malern, welche die Künstlerkolonie Nidden auf der Kurischen Nehrung besuchten. 1909 hatte Max Pechstein dieses Paradies für sich entdeckt, und er mag auch Schmidt-Rottluff darauf aufmerksam gemacht haben. Von Juni bis August 1913 blieb er in Ostpreußen. Beeindruckt von der unvergleichlichen Landschaft, malte Schmidt-Rottluff dort auch zum ersten Mal Akte in der freien Natur. Lebensfreude und Sinnlichkeit darzustellen gelang ihm ebenso wie die Synthese von Ausdruck und Form. Eine „unerklärliche Sehnsucht, das zu fassen, was ich sehe und fühle, und dafür den reinsten Ausdruck zu finden“, sei es, was ihn antriebe, hat Schmidt-Rottluff einmal gesagt.

„Boote in der Bucht“ ist der Titel eines Holzschnitts aus dem Jahr 1914, er mag in der Erinnerung an die mächtigen Kurenkähne entstanden sein, die der Künstler während seines Aufenthaltes auf der Nehrung gesehen hat. Betrachten kann man dieses Blatt in einer Ausstellung im Hamburger Ernst-Barlach-Haus, wo derzeit eine Auswahl aus einer norddeutschen Privatsammlung gezeigt wird. Im Mittelpunkt dieser Schau stehen bislang unbekannte Werke des bekannten Meisters; die Mehrzahl der 40 Arbeiten auf Papier wird erstmals öffentlich ausgestellt. Es handelt sich überwiegend um farbenprächtige Aquarelle aus den 1930er bis 1960er Jahren. Die Stillleben und Landschaften aus dem Taunus, dem Tessin und von der Ostsee zeigen den meisterlichen Umgang Schmidt-Rottluffs mit der Farbe und mit markanten Konturlinien.

„Das Stillleben und die Landschaft, beide sind einander nicht entgegengesetzt“, hat Eberhard Roters, Initiator und Gründungsdirektor der Berlinischen Galerie, einmal über Schmidt-Rottluffs Werk geschrieben, „sondern es sind zwei Ansichten ein und derselben Grundhaltung, des Wunsches nach dem einfachen Leben... Stillleben und Landschaft, das Nahe und das Ferne, Enge und Weite, beiden entsprechen einander im doppelten Gestus der Seele: Resignation und Einkehr, Rückzug auf sich selbst und Ausweg ins Offene.“ Karl Schmidt-Rottluff wird allzu gern auf die knappen acht Jahre seiner Mitgliedschaft als junger Maler in der Künstlergruppe „Brücke“ reduziert. Die Ausstellungen in Berlin und Hamburg zeigen einen vielseitigen Künstler, der bis ins hohe Alter noch überraschte.         Silke Osman

Die Ausstellung im „Brücke“-Museum, Bussardsteig 9, Berlin-Dahlem, ist bis zum 17. Juli täglich von 11 bis 17 Uhr zu sehen, dienstags geschlossen, Katalog Hirmer Verlag, München 2010, 264 Seiten, gebunden, während der Ausstellung 24 Euro, im Buchhandel 39,90 Euro.

Die Ausstellung im Ernst-Barlach-Haus, Baron-Voght-Straße 50 a, Hamburg, ist bis zum 15. Mai dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.


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