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12.02.11 / Traumhochzeit am Wiener Hof / Maria Theresias Liebesheirat – Lothringen wurde französisch, die Toskana habsburgisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Traumhochzeit am Wiener Hof
Maria Theresias Liebesheirat – Lothringen wurde französisch, die Toskana habsburgisch

Am 12. Februar 1736 heiratete Kaiser Karls VI. älteste Tochter Maria Theresia, von der ihr Vater wollte, dass sie sein Erbe in Österreich antrete, Franz Stephan, Herzog von Lothringen und Bar. Die Traumhochzeit fand in der Augustinerkirche zu Wien statt. Die beiden mochten sich wirklich, was bei dynastisch-politischen Heiraten eher die Ausnahme ist, und begründeten glück­lich das zur Hälfte neue Herrscherhaus Habsburg-Lothringen. Es regierte bis 1918 in Wien und blüht noch heute mit vielen Nachkommen.

Die Braut war die älteste Tochter des Kaisers Karl VI. Ihr einziger Bruder Leopold Johann war bereits im Jahr seiner Geburt gestorben. Ihr Vater hatte deshalb mit der sogenannten Pragmatischen Sanktion in Österreich die weibliche Erbfolge ermöglicht, auf dass seine Tochter später seine Nachfolge als Herrscherin der Großmacht antreten könne.

Der Bräutigam war zwar kein Kind, aber immerhin Urenkel eines Monarchen. Der französische König Ludwig XIII. war sein Urgroßvater. Und einer seiner Großväter hatte dem Hause Habsburg unschätzbare Dienste im Krieg gegen die Osmanen geleistet.

Maria Theresias Vater, Kaiser Karl VI., traf seinen 1708 geborenen späteren Schwiegersohn zum ersten Mal 1723 in Prag, als dieser ihm anlässlich seiner Krönung zum König von Böhmen seine Aufwartung machte. Auch die noch kindliche Maria Theresia war anwesend. Die Väter einigten sich insgeheim über die Eheschließung. Dabei blieb es, und die Erzherzogin wird ihrem Vater eröffnet haben, dass ihr der „Franzl“ gefalle. Der alte Prinz Eugen indes riet zu einer anderen Einheirat, etwa in das Haus der Münchner Wittelsbacher. Eine Verbindung der Großmacht Österreich mit Lothringen konnte nämlich von Frankreich als eine Provokation betrachtet werden, strebte es doch an den Rhein.

Das Problem löste sich indes durch den Polnischen Erbfolgekrieg (1733–35). Dessen Auslöser war der Tod des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August des Starken. Der französische König Ludwig XV. wollte seinen Schwiegervater Stanislaus Leszczynski auf dem polnischen Thron sehen. Österreich hingegen wünschte, dass August des Starken Sohn Friedrich August wie im Kurfürstentum auch im Königreich die Nachfolge seines Vaters antrat, um die Gewichte in Europa nicht zugunsten Frankreichs zu verschieben. Der Thronstreit eskalierte zum Krieg, Leszczynski sah sich gezwungen, aus Polen zu fliehen.

Da beide Kriegsparteien nicht daran interessiert waren, einander bis zur Vernichtung zu bekämpfen, wurde nun an einer Kompensationslösung für Frankreich gearbeitet, die es der Großmacht erleichterte, ihren Kandidaten fallen zu lassen. So kam die Idee auf, Leszczynski das Herzogtum Lothringen zu überlassen, mit der Auflage, dass das Land nach seinem Tode an Frankreich fallen sollte.

Dafür allerdings musste Franz Stephan, der 1729 seinem Vater als Herzog nachgefolgt war, auf Lothringen verzichten. Da dem ausgeguckten Gemahl der habsburgischen Erbin kein kompensationsloser Verzicht zugemutet werden sollte, musste auch er einen Ausgleich bekommen, genau wie Leszczynski. Hier bot sich die Toskana an, von deren Großherzog, Gian Gastone de’ Medici, keine Nachkommen mehr zu erwarten waren. Das Großherzogtum war Lehen des Heiligen Römischen Reiches, also durfte der Kaiser gemäß uraltem Reichsrecht nach dem Aussterben des regierenden Hauses darüber verfügen. Franz Stephan zögerte sehr, auf den Tausch einzugehen, aber man setzte ihn in Wien unter Druck, drohte ihm, dass es ohne Verzicht auf Lothringen keine Hochzeit mit der Erzherzogin geben würde. Am Ende fügte er sich, und das junge Paar reiste in seinen Flitterwochen in die Toskana. 1737 starb mit Gian Gastone das letzte männliche Mitglied der jüngeren Linie der Familie Medici. Der Weg für Franz Stephan war frei.

Nach dem Tode Karls VI. im Jahre 1740 musste Maria Theresia schwer um ihre Erbe kämpfen und auch darum, dass ihr Ehemann die Nachfolge ihres Vaters als Kaiser antreten konnte. Denn Frankreich erkannte – wie auch andere Mächte – die sogenannte Pragmatische Sanktion mit dem Wechsel von der männlichen zur weiblichen Thronfolge nicht an und setzte 1742 die Wahl und Krönung seines bayerischen Verbündeten Kurfürst Karl Albrecht zum Kaiser durch. Bayern musste erst besiegt und der Kaiser von Frankreichs Gnaden eines frühen Todes sterben, damit Franz Stephan 1745 als Kaiser durchgesetzt werden konnte. Als der Gemahl, dem sie inzwischen sieben Kinder geboren hatte, sich prunkvoll in seinem vollständigen Krönungsornat zeigte, da brach Maria Theresia in ein lautes und herzliches Gelächter aus. Mittlerweile kannte sie ihn ja auch schon sehr privat.         Bernd Rill


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