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12.02.11 / Versorgungsengpass in Königsberg / Polnisch-russischer Grenzstreit treibt im nördlichen Ostpreußen Lebensmittelpreise in die Höhe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Versorgungsengpass in Königsberg
Polnisch-russischer Grenzstreit treibt im nördlichen Ostpreußen Lebensmittelpreise in die Höhe

Seit Mitte Januar streiten sich Polen und Russland über den Umfang des Lkw-Verkehrs. Weil keine Einigung erzielt worden ist, ist der Grenzübergang vom südlichen ins nördliche Ostpreußen für Laster gesperrt. Kilometerlange Staus an der Grenze zu Litauen und Lieferengpässe in der Königsberger Exklave sind die Folge.

Wieder einmal bekommen die Menschen im Königsberger Gebiet ihre Lage als russische Exklave empfindlich zu spüren. Weil sich das russische Verkehrsminis­terium und das polnische Minis­terium für Infrastruktur nicht einigen konnten, wie viele Fuhren 2011 die Grenzübergänge passieren dürfen, steht seit dem 15. Januar dort alles still. Mit schlimmen Folgen für das Königsberger Gebiet.

Seit Ende Januar steigen die Lebensmittelpreise drastisch. Weil Importwaren, die per Lastkraftwagen geliefert werden, das Gebiet nur noch spärlich erreichen, sehen sich die großen Handelsketten gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Die Region ist von Importen abhängig. Über die Hälfte der Lebensmittel in den Regalen der Supermärkte kommt aus dem Ausland.

Für das Speditionswesen ist die Lage äußerst bedrückend. Durch die Blockade erhöhen sich die Transportkosten um 30 bis 50 Prozent, wenn sie Polen umgehen müssen. Neben längeren Lieferwegen kommt ein weiteres Problem hinzu: An der Grenze nach Litauen bilden sich kilometerlange Staus. Am Grenzübergang Wiesenblick (Tschernyschewskij) – Kybartai (Wirwallen Bahnof) war die Schlange zeitweise bis zu 15 Kilometer lang. Die Grenzabfertigung verlängerte sich dadurch auf mehrere Tage. Um die Situation zu entspannen, wird nach Alternativen zum Transport über die Straße gesucht. Die Container werden entweder per Schiff oder per Bahn transportiert. Schon jetzt bekommt man keine Tickets mehr für die Verbindung Memel–Kiel.

Bislang will keine der beiden Konfliktparteien nachgeben, obwohl sowohl auf russischer als auch auf polnischer Seite Verluste in Millionenhöhe entstehen. Russische Spediteure beziffern ihre Verluste seit Januar mit umgerechnet 15 Millionen US-Dollar (rund elf Millionen Euro), ihre polnischen Kollegen sogar mit 30 Millionen. Das russische Verkehrsministerium will die Kapazität der grenzüberschreitenden Fuhren von bisher 25000 auf 35000 jährlich erhöhen, die Polen bestehen jedoch auf 63000 Lastkraftwagen. Ein Kompromiss könnte bei 45000 bis 50000 liegen, doch wann ein solcher vereinbart wird, steht noch in den Sternen.

Gouverneur Nikolaj Zukanow gerät indessen unter Druck, denn vor März wird mit einer Einigung kaum gerechnet. Am 13. März wird die Parlamentswahl stattfinden. Explodierende Preise für Lebensmittel könnten dem Image der Regierungspartei schaden. Zukanow ist bemüht zu handeln. Er hat angekündigt, vor jedem Supermarkt, der die Preise erhöht, einen Parallelmarkt mit Produkten aus der Region einzurichten, um den Verbrauchern eine Alternative zu bieten.

Beim Haus der Räte wurde bereits ein derartiger Markt mit heimischen Produkten eröffnet. Er ist am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Hier können die Königsberger Früchte, Fleisch, Fisch und Brot zu erschwinglichen Preisen kaufen. Ähnliche Märkte wurden auch in anderen Städten eingerichtet. Die Lieferengpässe können solche Märkte jedoch nur teilweise auffangen.

Bei einem Treffen mit Spediteuren riet er diesen, sich an das russische Verkehrsministerium zu wenden, um dort auf ihre prekäre Lage hinzuweisen, erklärte aber gleichzeitig, dass das Problem in der Kompetenz zweier Länder liege.

Am schlimmsten von der Krise betroffen sind die Spediteure, die leicht verderbliche Waren wie Obst und Früchte befördern. Sollte das Problem nicht bald gelöst werden, bedeutet das für viele Unternehmen das „Aus“. Zukanow stellte in Aussicht, dass innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Lösung gefunden werde. Für die Spediteure zählt nun jeder Tag, wenn sich die Regale der Supermärkte nicht leeren sollen.       Jurij Tschernyschew


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