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05.03.11 / Gaddafis Sippe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Gaddafis Sippe

Dass die Kinder von Despoten nicht unbedingt zu Tugendbolden heranwachsen, ist altbekannt. Wohlwollende sagen, Muammar Abu al-Gaddafi wollte seine Söhne erziehen, indem er ihnen Teile der libyschen Wirtschaft als Spielwiese überließ – womit er aber wesentlich zum nun explodierten Unmut der Bevölkerung beitrug. So etwa gehörten dem Ältesten, dem 40-jährigen Muhammad, alle Telekommunikations-Unternehmen des Landes. In Europa gut bekannt ist Saif-ul-Islam, der in Wien und London studierte, mit Jörg Haider befreundet war und in den höchsten Kreisen Londons verkehrte. Sein Auftreten und seine Äußerungen ließen ihn als Reformer und Hoffnungsträger erscheinen. Dass er sich in der jetzigen Krise ganz als „Hardliner“ entpuppte, hat daher allgemein überrascht und enttäuscht.

Der jüngere Saadi versuchte sich als Profi-Fußballer in Italien und war – dank massiver Spenden des Herrn Papa – kurzzeitig im Kader eines italienischen Klubs. Er wurde Präsident des libyschen Fußballverbands und „machte“ in Öl- und Filmindustrie. Hannibal und Saif-al-Arab wurden beide durch gewalttätige Ausfälle gegen Partnerinnen oder Bedienstete im Ausland bekannt. Die Schweiz hat Hannibal sogar inhaftiert, aber auf Druck Gaddafis wieder freigelassen. Die Affäre führte zur Geiselhaft zweier Schweizer Geschäftsleute in Tripolis und zu einer Demütigung der Schweiz.

Die Söhne Khamis und Mutasim-Billah waren beide in der Armee – als Brigadier und Oberstleutnant. Mutasim soll einen Putsch versucht haben, wurde aber vom Papa wieder in Gnaden aufgenommen. Tochter Aischa schließlich ist Anwältin und zählte zum Verteidiger-Team von Gaddafis Ex-Kollegen Saddam Hussein. RGK

 

Zeitzeugen

Muammar Al-Gaddafi – Der 1942 als Angehöriger des Gaddafa-Stammes, eines der kleineren Stämme des Landes, Geborene absolvierte seine Offiziersausbildung in Großbritannien. Ganz nach dem Muster seines Idols Gamal Abd-el-Nasser gründete er als Oberst einen „Bund freier Offiziere“ und stürzte 1969 König Idris I. In seinem „Grünen Buch“ propagierte er 1975 einen „islamischen Sozialismus“ mit panarabischen Ansprüchen. Er machte Libyen zu einer „Basisdemokratie“, behielt aber als „Revolutionsführer“ auch ohne offizielles Amt die unumschränkte Herrschaft im Lande.

Benito Mussolini – Als das Königreich Italien 1911 den Krieg mit der Türkei begann, um dieser das spätere Libyen abzunehmen, trat Mussolini, damals als Wortführer der Sozialistischen Partei Italiens, massiv gegen diesen Krieg auf und rief sogar zu Generalstreik und Barrikadenkampf auf. Nach seiner Machtergreifung, nun als Führer der Faschisten, setzte er sich hingegen massiv für die Ausweitung des italienischen Kolonialreiches und für die Ansiedlung italienischer Kolonisten in Libyen ein.

Sidi Muhammad ibn Ali al-Senussi – Der 1787 in Algerien Geborene, ein „Scharif“, wie die Nachkommen des Propheten Mohammed heißen, studierte in Fez, predigte in Tunesien und Tripolis einen puritanisch reformierten Islam und gewann Anhänger. Später studierte er an der Kairoer Al-Azhar-Universität und gründete 1837 in Mekka die Senussi-Bruderschaft, die sich in Libyen und den Nachbarländern ausbreitete. Als Hauptquartier wählte er Jaghbub in der Kyrenaika, wo er eine Moschee und eine Universität errichtete, die Al-Azhar Konkurrenz machte. Die Moschee wurde 1984 von Gaddafi geschlossen, wobei auch die Gräber der Senussi-Familie entweiht wurden.

Sidi Muhammad Idris al-Mahdi al-Senussi – Er wurde 1890 als Enkel des Gründers des Senussi-Ordens geboren. Nach dem Tod seines Vaters wurde er 1916 Oberhaupt des Ordens, ging aber wegen Mussolinis Politik nach Ägypten ins Exil. Er unterstützte die Alliierten gegen die Achsenmächte, wurde 1949 Emir der Kyrenaika und 1951 als Idris I. König des unabhängigen Libyen. Die ab 1962 fließenden Erdölgelder wurden zwar in Infrastruktur investiert, dennoch nahm auch die Mißwirtschaft zu und führte zu seinem Sturz 1969.


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