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05.03.11 / Hartz IV auf den Prüfstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Hartz IV auf den Prüfstand
von Jan Heitmann

Ein Ruhmesblatt ist es wahrlich nicht, was die Politik bei der Neuregelung der Hartz-IV-Sätze abgeliefert hat. Regierung und Opposition haben die Vorgabe des Verfassungsgerichts, bis Ende 2010 eine Harz-IV-Novelle zu verabschieden, mit unbekümmerter Großzügigkeit ignoriert und agiert, als ob die Karlsruher Richter lediglich eine unverbindliche Empfehlung ausgesprochen hätten. So dauerte es fast ein Dreivierteljahr, bis die Regierung endlich einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte. Dann folgte monatelanges Parteiengezänk um die Höhe des Arbeitslosengelds II, Mindestlöhne und die Bezahlung von Zeitarbeitern. Zugegeben,  Rechtsstaat und Demokratie verlangen bisweilen langwierige Entscheidungsprozesse. Zügiges und ergebnisorientiertes Arbeiten sieht jedoch anders aus. Endlich liegt ein von Union, FDP und SPD ausgehandelter Kompromiss auf dem Tisch. Doch kaum, dass sich die Verhandlungspartner die Hand gereicht haben, wird die so mühsam errungene Einigung von SPD-Chef Sigmar Gabriel gleich wieder in Frage gestellt. Wenn er Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hegt, hätte er in den Verhandlungen für Klarheit sorgen müssen. Sein Verweis auf mangelnde Streitlust und dafür erzielte Erfolge beim Aushandeln des Mindestlohns liegt neben der Sache, denn der war in dem Urteil gar nicht erwähnt. Die Hartz-IV-Berechnung wird wohl wieder beim Bundesverfassungsgericht landen. Sollten die Richter der Klage stattgeben und verhindern wollen, dass sie die Sache ein drittes Mal auf den Tisch bekommen, müssen sie dem Gesetzgeber detaillierte Vorgaben für die Reform der Reform machen. Dann aber würde Sozialpolitik wohl bald ganz in Karlsruhe gemacht werden.

Dabei wäre es längst an der Zeit, die strukturellen Mängel des 2002 geschnürten Hartz-Pakets durch eine grundlegende Reform zu beheben. Seinerzeit hatte der schon schwächelnde SPD-Kanzler Gerhard Schröder geplant, mit großem finanziellen Aufwand die Arbeitsmarktpolitik effizienter zu gestalten, Erwerbslose in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu bringen und die Arbeitslosenzahl so auf zwei Millionen zu halbieren. Doch aus dem großen arbeitsmarktpolitischen Wurf wurde nichts. Das zweigliedrige Sozialsystem war nicht nur kostengünstiger als Hartz IV, sondern die Arbeitslosen stehen heute schlechter da als zuvor. Schon nach kurzer Zeit werden sie zu Almosenempfängern degradiert und anschließend in Ein-Euro-Jobs und andere Maßnahmen gedrängt. So wird die Statistik geschönt und dem Bürger ein positiver Trend bei der Arbeitslosenzahl vorgegaukelt. Die liegt aktuell bei 3,35 Millionen. Zuzüglich der „Dunkelziffer“ dürfte sie kaum niedriger sein als vor Hartz IV. Eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik sieht anders aus.  Jan Heitmann


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