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12.03.11 / Im Tal der unechten Tränen / Zwar brachte zu Guttenberg der CSU bundesweit Glanz, doch damit überstrahlte er auch viele Parteifreunde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

Im Tal der unechten Tränen
Zwar brachte zu Guttenberg der CSU bundesweit Glanz, doch damit überstrahlte er auch viele Parteifreunde

Nach dem Rücktritt Karl-Theodor zu Guttenbergs von allen Ämtern versucht die CSU einen Spagat: Die Rückkehr in den politischen Alltag und gleichzeitig die Einbindung der vielen aufgeregten Guttenberg-Verehrer.

Ruhe ist erste Bürgerpflicht – zumindest sieht das Horst Seehofer so, und zwar mit Blick auf seine eigene Partei, die CSU: Er will wieder Ruhe reinbringen in den Laden, wie man umgangssprachlich sagt. Doch das ist nicht leicht in diesen Zeiten – nach dem Sturz des mit Abstand beliebtesten Politikers in Deutschland, Karl-Theodor zu Guttenberg. Daher verbreitet Seehofer zum einen den Anschein von Regierungsroutine – die Nachfolgefrage im Bundeskabinett wurde reibungslos geklärt, ebenso eine Umstellung im bayerischen Kabinett, die nötig wurde, weil Staatskanzleichef Siegfried Schneider als Chef zur Landesmedienanstalt wechselt. Doch auch die Millionen Guttenberg-Anhänger streichelt Seehofer, indem er scharfe Angriffe auf die Schwesterpartei CDU, namentlich auf Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bildungsministerin Annette Schavan, reitet – die waren Guttenberg öffentlichkeitswirksam in den Rücken gefallen. Die schwindende Unterstützung aus der Schwesterpartei dürfte denn auch der letztlich ausschlaggebende Grund für den Rücktritt gewesen sein. In dieser Doppelstrategie kann Seehofer seine ganze Erfahrung aus rund 40 Jahren aktiver Politik ausspielen, mit der er auch gern kokettiert.

Das Thema Guttenberg wird die CSU noch längere Zeit beschäftigen – zumindest unter der Oberfläche, auch wenn die unmittelbare Aufregung abflaut. So stolz waren die Christsozialen gewesen auf den eleganten Freiherrn, der rasch zum beliebtesten Politiker Deutschlands geworden war und es geschafft hatte, die CSU aus ihrem Tal der Tränen nach den schlechten Wahlergebnissen 2008 und 2009 zu holen. 46 Prozent hatte man in Bayern zeitweise wieder erreicht – das ließ auf die absolute Mehrheit hoffen, die enorm wichtig ist für das Ego der CSU.

Noch mehr: Guttenberg war es zu verdanken, dass die CSU in Berlin erstmals tatsächlich mit Beliebtheit in der Bevölkerung weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus wuchern konnte. Der enorme Zuspruch zeigte sich sogar nach Guttenbergs Sturz, als bei „Facebook“ in kürzester Zeit knapp 600000 Menschen (bei Redaktionsschluss) die Forderung „Wir wollen Guttenberg zurück“ unterschrieben. Fast noch schwerer wiegen die repräsentativen Umfragen, in denen mitten in der Krise 73 Prozent der Befragten Guttenberg eine gute Arbeit bescheinigten. Solche Werte hatte selbst Kanzlerin Merkel nie erreicht. Dies lässt auf ein Potenzial von zig Millionen Guttenberg-Fans im ganzen Land schließen, um deren Gunst die ganze Union nun buhlen muss. Auch so ist der Aufruhr um die Lammert- und Schavan-Äußerungen zu verstehen.

Sicherlich sind viele der öffentlich vergossenen Tränen um Guttenberg aus Reihen der CSU nicht echt. Sein ärgster Konkurrent, Markus Söder, etwa zeigte sich angeblich „echt geschockt“ vom Rücktritt. Doch etwa die im Internet angeleierte Pro-KTG-Demonstration in Nürnberg wurde von der Nürnberger CSU, der Söder vorsteht, in keinster Weise unterstützt. Andernorts, wie in KTGs Heimatort Guttenberg, in München, Rosenheim, sogar in Hamburg und Berlin hatte zumindest die Junge Union (JU) organisatorische Schützenhilfe geleistet. Die Nürnberger Demo aber fiel aus, nachdem niemand sie offiziell angemeldet hatte.

Doch auch Seehofer selbst kommt es zupass, dass KTG nun erst einmal eine Auszeit nehmen muss, nachdem er sich zwar öffentlich stets in Bescheidenheit geübt hatte, aber dem Parteichef durch permanente Nachfragen der Presse und die enorme Beliebtheit bereits Anflüge von Verfolgungswahn beschert hatte.

Wegen des Rücktritts wird nun Hans-Peter Friedrich in die erste Reihe gespült. Der hatte bisher als CSU-Landesgruppenchef eine solide, aber unauffällige Arbeit verrichtet. Er ist ebenfalls Oberfranke und dürfte demnächst den Vorsitz des dortigen CSU-Bezirksverbandes übernehmen. Er hat das wichtige, aber im Vergleich mit dem Verteidigungsressort ungleich komfortablere und interessantere Bundesinnenministerium übernommen – als erster Bayer seit Friedrich Zimmermann. Das öffnet der CSU die Möglichkeit, sich wieder als Partei der Inneren Sicherheit in Szene zu setzen, der eigentlichen Kernkompetenz der CSU.

Älteren Beobachtern kommen beim Stichwort  Zimmermann die ausdauernden Kämpfe mit den FDP-Linksauslegern Gerhardt Baum und Burkhard Hirsch um die Kronzeugenregelung und die akustische Wohnraum-Überwachung in den Sinn. Nun heißt die FDP-Kontrahentin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (bei der CSU auch gern „Schmarrenberger“ genannt), und man dürfte sich ebenso erbittert streiten, diesmal über Sicherungsverwahrung für gefährliche Gewaltverbrecher und vor allem über die Vorratsdatenspeicherung, die die Polizei im Kampf gegen islamische Terroristen und schwere Internetkriminalität wie Kinderpornographie einsetzen will.

Eine erste Duftmarke hat Friedrich bereits gesetzt mit der ebenso simplen wie zutreffenden Feststellung, dass der Islam historisch nicht zu Deutschland gehört. Das sofortige empörte Wutgeschrei von SPD und Grünen, die sich in der Integrationsfrage nach wie vor in die Tasche lügen und vor der bitteren Wahrheit drücken, muss Friedrich wie Musik in den Ohren geklungen haben. Anton Heinrich


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