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12.03.11 / Begehrtes Kapital bald teurer? / Euro-Rettung schon jetzt ein fragwürdiges Projekt – IWF empfiehlt vor allem Stärkung des Finanzsektors

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

Begehrtes Kapital bald teurer?
Euro-Rettung schon jetzt ein fragwürdiges Projekt – IWF empfiehlt vor allem Stärkung des Finanzsektors

Während die Euro-Staaten, allen voran Deutschland, fleißig geliehene Milliarden in die Rettung von eigentlichen Pleitestaaten wie Griechenland und Irland pumpen, droht die Ära des billigen Geldes sich auch ohne Zutun der Politik zugeneigten Zentralbanken dem Ende zuzuneigen.

„Die Experten haben uns gerade wieder attestiert, dass das Land seine Schulden tragen kann“, beruhigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wenige Wochen vor dem Gipfeltreffen der 17 Euro-Staats- und -Regierungschefs in Brüssel die Deutschen. Wer diese Experten sind, behielt er aber für sich. Hans-Werner Sinn kann er nicht meinen, denn der ist schon lange gegen die Art und Weise der Euro-Rettung. Der Großinvestor Pimco hat bereits offen zu bekennen gegeben, dass er nicht glaubt, dass Griechenland um eine Teilinsolvenz herumkommt. Und die Ratingagentur Moody’s hat dieser Tage erst wieder die Kreditwürdigkeit Griechenlands heruntergestuft, und zwar gleich um drei Stufen auf B1, also auf Ramsch-Niveau von Ländern wie Bolivien und Weißrussland.

Doch der deutsche Finanzminister mahnt unverdrossen die Solidarität der Deutschen an und verweist darauf, dass der deutsche Beitrag im Falle der zu erwartenden Aufstockung des Euro-Rettungsschirmes zwar ein wenig steigen würde, also noch mehr als die bereits ohnehin schon zugesagten 140 Milliarden Euro, aber „wir investieren in unsere gemeinsame Währung, die wir damit sichern. Das rechnet sich – gerade auch für Deutschland“.

Ganz Unrecht hat er mit der Aussage nicht, denn sollte sich der jetzt beschrittene Weg der Euro-Rettung als falsch erweisen, müsste man zu Plan B übergehen: einen sogenannten „Haircut“. Das würde bedeuten, dass alle Gläubiger Griechenlands auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten und somit hätte Deutschland die Euro-Krise mitten im eigenen Land. Denn zahlreiche Bilanzen deutscher Banken und Versicherer sind voll mit noch unabgeschriebenen Anleihen der Risikoländer. Plan B bei der Euro-Rettung würde also eine Bankenrettung Teil II nach sich ziehen.

Das weiß auch der Internationale Währungsfonds (IWF), der im Vorfeld der verschiedenen Euro- und EU-Gipfel im März bereits eine beträchtliche Stärkung des Finanzsektors anlässlich der Euro-Rettung empfohlen hat.

Abgesehen von dem Umstand, dass selbst ein Verzicht der griechischen Geldgeber auf 30 Prozent ihrer Forderungen laut der Brüsseler Denkfabrik Bruegel im besten Falle dazu führen würde, dass Athen im Jahr 2034 den vom Maastricht-Vertrag erlaubten Schuldenstand von 60 Prozent erreichen würde, fragt sich, wo das Kapital für die dann erneute Ban-kenrettung herkommen soll. Auch Deutschlands Bonität ist irgendwann erschöpft, zumal das Land in den letzten Jahrzehnten schon selbst genug Schulden aufgehäuft und interne Probleme hat. Zwar hält die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen derzeit noch niedrig, doch die zunehmende Angst vor einer Inflation hat selbst dort zu der Einsicht geführt, dass man demnächst Zinsen erhöhen müsste, selbst wenn dies einen höheren Schuldendienst für die Staaten bedeuten würde.

Außerdem hat das McKinsey Global Institute für das „Manager Magazin“ errechnet, dass sich Kapital in den nächsten Jahren bereits unabhängig von der Politik der Notenbanken verteuern dürfte. So dürfte die Nachfrage nach Kapital in den nächsten Jahren weltweit steigen. Neben den stark überschuldeten Staaten, die Geld nachfragen, werden auch Banken weltweit wegen der 2013 schrittweise in Kraft tretenden verschärften Eigenkapitalregeln Basel III mehr Kapital benötigen. Zudem würden wachsende Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien, aber auch Russland interessante Investitionsmöglichkeiten bieten, die Gelder zu attraktiven Renditen an sich ziehen.

Gleichzeitig, so die McKinsey-Experten, würden aber die alternden Gesellschaften des Westens statt Kapital neu zu schaffen, das angesparte im Ruhestand verzehren, so dass die nationale Sparquote, so denn überhaupt vorhanden (siehe USA, Großbritannien), sinken wird. Auch für China wird davon ausgegangen, dass derzeitige gesamtwirtschaftliche Sparquoten von bis zu 50 Prozent der Vergangenheit angehören werden. Doch eine steigende Nachfrage nach Kapital bei einem gleichzeitig sinkenden Angebot hat zur Folge, dass Geld künftig teurer wird, sprich, die Zinsen unabhängig von irgendwelchen Leitzinsen steigen. So wird dann Kapital nur noch jenen zur Verfügung stehen, die attraktive Renditen bieten beziehungsweise in der Lage sind, höhere Zinsen zu zahlen.

Angesichts der jetzigen, trotz 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirms, unbewältigten Euro-Krise lässt sich vermuten, dass im nahenden Verteilungskampf ums Kapital spätestens dann Länder mit B1-Rating wie Griechenland keine Geldgeber mehr finden werden. Auch dürfte es den deutschen Steuerzahler kaum trösten, dass der US-Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen Europa mehr Handlungsspielraum einräumt als den ebenfalls überschuldeten USA. Zwar lägen die derzeitigen Schulden der Vereinigten Staaten mit 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nur knapp über dem europäischen Durchschnitt, aber die Steuereinnahmen der US-Bundesregierung seien mit 19 Prozent deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 40 Prozent. Im Gegensatz zu Europa sei keine Partei in Washington in der Lage oder überhaupt Willens, über wesentliche Steuererhöhungen nur zu reden, womit sie jegliches Vertrauen der Geldgeber bezüglich der US-Zahlungsbereitschaft verspielen würden.        Rebecca Bellano


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