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12.03.11 / Mit alten Werten die Zukunft erobert / Vor 25 starb der Computerpionier und Vorzeigeunternehmer Heinz Nixdorf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

Mit alten Werten die Zukunft erobert
Vor 25 starb der Computerpionier und Vorzeigeunternehmer Heinz Nixdorf

Die CeBIT war sein Schicksal: Am 17. März 1986, dem fünften Tag des neuen Computer-Welttreffens, dessen Zustandekommen auch ein wenig sein Verdienst war, brach Heinz Nixdorf mitten im Messetrubel zusammen und verstarb wenig später. Zwei Jahrzehnte zuvor hatte er am selben Ort, auf der Hannover-Messe, seinen Universalrechner „Nixdorf System 820” präsentiert – und damit seinen bis heute andauernden Ruhm als der deutsche Computer-Pionier begründet.

Heinz Nixdorf war am 9. April 1925 in Paderborn zur Welt gekommen. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, der aus Sachsen stammende Vater war beruflich nur mäßig erfolgreich, in den 20er und 30er Jahren des öfteren arbeitslos. Der Besuch einer Höheren Schule war Heinz erst möglich, als er aufgrund seiner früh erkannten mathematischen und naturwissenschaftlichen Begabung ein Stipendium erhielt.

Bevor er sich auf das Abitur vorbereiten konnte, wurde Nixdorf 1942 zur Wehrmacht einberufen. Das Ende des Weltkriegs erlebte er in der Tschechei. Sein Vater war 1942 an der Ostfront gefallen, so musste der 20-Jährige für den Unterhalt der Familie sorgen. Das schaffte er mit Bravour, und daneben schaffte er 1946 auch das Abitur.

Ein Jahr später nimmt er an der Universität Frankfurt a. M. das Studium auf, seine Fächer sind Physik und Betriebswirtschaftslehre. Eine Fächerkombination, die seinen weiteren Lebensweg ebenso positiv prägen soll wie seine Erziehung in preußischer Tradition. Werte wie Fleiß, Disziplin, Bescheidenheit, Pflichtbewusstsein und Verantwortung für das Gemeinwohl sind ihm auch als erfolgreicher Unternehmer mit Milliarden Umsätzen und Millionengewonnen lebensbestimmend.

Ein entscheidender Schritt im Leben des Heinz Nixdorf war 1951 die zunächst kurz befristete Anstellung als Werkstudent bei dem US-Konzern Remington Rand Corp., der hier, in seiner Frankfurter Dependenz, Büromaschinen für den europäischen Markt entwickelte. Der kurz vor dem Studienabschluss stehende Nixdorf lernte hier die faszinierenden Möglichkeiten der neuen Technologien in der Praxis kennen, machte gemeinsam mit seinem Chef, dem Physiker Walter Sprick, erste eigene Erfindungen, suchte und fand einen finanziell potenten Förderer, nämlich RWE in Essen, brach das Studium ab und gründete eine eigene Firma, das „Heinz-Nixdorf-Labor für Impulstechnik” (LFS).

Zu jener Zeit wurden Bürorechner noch mit Lockarten gesteuert. Nixdorf aber setzte auf Röhren, wie sie in Rundfunkgeräten üblich waren; er leitete damit eine mittlere technische Revolution ein. Mit dem von RWE bereitgestellten Startkapital von 30000 D-Mark baute er den ersten Elektronenrechner, der fortan in der Buchhaltung der Rheinischen Elektrizitätswerke seinen Dienst tun sollte.

Unermüdlich entwickelte Nixdorf das System weiter, musste nach zwei Jahren bereits in größere Räumlichkeiten umziehen und immer mehr Personal einstellen. Anfang der 60er Jahre sehen wir ihn bereits als wichtigen Zulieferer für die Großen der Büromaschinenbranche. 1965 baute er den ersten Tischrechner auf Halbleiterbasis, 1967 folgte der inzwischen legendäre Rechner „System 820”, ein Tischrechner mit Magnetspeicherkarten, den Nixdorf zunächst noch bei Wanderer und bei Kienzle produzieren ließ.

Nun erwies es sich als segensreich, dass Nixdorf nicht nur Physik, sondern auch BWL studiert hatte. Er verstand es, die Marktlücke, die er technologisch aufgetan hatte, auch geschäftlich zu nutzen. Folgerichtig übernahm er 1968 für acht Millionen Mark die Aktienmehrheit der Wanderer-Werke in Köln. Sein Unternehmen hieß nun „Nixdorf Computer AG“. Aufmerksam blickte Nixdorf immer wieder über den Atlantik, beobachtete, wie die amerikanischen Konzerne sich auf immer leistungsstärkere Großrechner konzentrierten, und sah sich darin bestärkt, seiner Linie treu zu bleiben: „Computer müssen so klein sein, dass sie in die linke untere Schublade eines Buchhalter-Schreibtisches passen!“ Wie richtig die Entscheidung für die gar nicht so kleine Marktlücke war, zeigte sich spätestens mit dem ersten Großauftrag des US-Konzerns Victor. Es sollte nicht lange dauern, bis Nixdorf den amerikanischen Büromaschinenhersteller übernahm.

1985 hatte das Unternehmen einen Umsatz von vier Milliarden Mark erreicht und beschäftigte über 23000 Mitarbeiter in 44 Ländern. Heinz Nixdorf vergaß aber nie, dass er diesen Erfolg nicht nur eigenem Fleiß und Erfindergeist zu verdanken hatte. Im Verhältnis zu seinen Mitarbeitern galt stets seine Devise: „Vor dem Himmel kommt das Leben auf Erden, und da gilt es, eine soziale Gesellschaft aufzubauen.“

Schon 1969 hatte er für seine Lehrlinge eine eigene Berufsschule eingerichtet. Er sorgte persönlich dafür, dass in seinen Betrieben für gute Arbeit auch gutes Geld gezahlt wurde, baute soziale Stiftungen auf, die heute, 25 Jahre nach seinem Tod, noch fortwirken.

Als deutscher Computer-Pionier steht Nixdorf auf einer Stufe mit Konrad Zuse; beide standen in engem freundschaftlichem und von größtem Respekt getragenem Kontakt. Für seine Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft wurde Nixdorf vielfach ausgezeichnet.

Nach seinem Tod ging es mit der Firma bald bergab. Der Triumphzug des PC wurde verschlafen, finanzielle Engpässe erzwangen ein Zusammengehen mit dem IT-Bereich von Siemens. Von dort landete das einstige „Musterbeispiel des deutschen Wirtschaftswunders“ (so Helmut Schmidt) schließlich beim japanischen Fujitsu-Konzern. Aber sein Name lebt fort in der Heinz-Nixdorf-Stiftung – ihr Ziel: eine „solidarische Gesellschaft in Freiheit“. Hans-Jürgen Mahlitz


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