28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.03.11 / Kommunale Raubritter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-11 vom 26. März 2011

Kommunale Raubritter
von Theo Maass

Als die DDR noch existierte, gab es viele Witze über den Sozialismus. Einer ging so: Was passiert, wenn der Sozialismus in der Wüste eingeführt wird? Dann wird sogar der Sand erst teurer, dann knapp. Winston Churchill wusste über Sozialisten, sie gäben gern Geld aus – das Geld anderer. Berlin wird von einer rot-roten Regierung regiert. Veritable Fachleute also, würde der schillernde Briten-Premier wohl vermuten.

Zu Recht: Berlin hat keinen Wüstensand, der teuer oder knapp werden könnte. Dennoch ist man tätig bei der Sache. Neue und höhere Gebühren sollen jenen Bürgern das Geld aus der Tasche ziehen, bei denen noch was zu holen ist. Umweltsenatorin Kathrin Lompscher hat mit der rigorosen Umsetzung der „Umweltzone“ für Kraftfahrer einen Meilenstein gesetzt. Auch ihre inzwischen gescheiterte „Smiley-Aktion“ (staatliche Prüfplakette für Sauberkeit) für Gaststätten zeigt redliches Bemühen beim Bußgeldeintreiben.

Star der Linken ist Harald Wolf. Er weiß, wo der Hebel anzusetzen ist. Nach der De-Industrialisierung Berlins entwickelt sich die Stadt zum Touristenmagneten. Da muss doch was zu holen sein! Wolf nennt seine Idee denglisch „City Tax“, die künftig jeder Berlin-Besucher berappen soll. Im Ostteil der Stadt kannte man das vor 1989 schon. Damals hieß die Abgabe im Volksmund Zwangsumtausch. Westler mussten pro Besuchstag 25 D-Mark in 25 Mark der DDR umtauschen. Jetzt also „City Tax“ – vom Sozialismus lernen heißt kriegen lernen!

Kommunales Raubrittertum ist inzwischen auch woanders präsent. Kommunen, denen Geld fehlt, werden erfinderisch. In einigen Orten wächst eine Goldgräbermentalität der Abkassierkultur: Höhere Bußgelder für Hundekot, unerlaubtes Grillen und die Verschmutzung von Grünanlagen oder die       Vergnügungssteuer auf Automatenspiele.

Essen plant eine „Bräunungssteuer“ – 20 Euro pro Sonnenbank und Tag, eine „Passantenbefragungsgebühr“ gibt es dort schon: pro Interviewer und Tag 34 Euro. Köln kassiert eine „Kulturförderabgabe“ von Hotelgästen. Seit 2004 kassiert Köln zudem für käuflichen Sex: Für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Kraftfahrzeugen“ muss jede Prostituierte sechs Euro pro „Arbeitstag“ für ihre „Veranstaltungen“ zahlen. Im niedersächsischen Otterndorf sollen Wirte eine „Stuhlsteuer“ löhnen. Im baden-württembergischen Ellwangen will die Stadt eine Pferdesteuer erheben und im brandenburgischen Luckau wünscht man sich eine Windradsteuer. Auf „Luftschöpfen am Abend“, wie ich es bei Ephraim Kishon neulich las, ist noch keiner gekommen – noch nicht.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren