29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.03.11 / Schuldenfreie Kommunen sollen helfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-11 vom 26. März 2011

Schuldenfreie Kommunen sollen helfen

Es ist das altbekannte Leid der Fleißigen, dass ihnen oft weniger Aufmerksamkeit zu Teil wird als den schlampigen Chaoten. So ist es auch bei Städten und Gemeinden. Zum Jahresende 2009 galten von den 1102 Kommunen in Baden-Württemberg immerhin 114 als schuldenfrei am Kreditmarkt. Und auch in anderen Bundesländern gibt es noch schuldenfreie Städte und Gemeinden, doch sie halten sich auch zum Teil bewusst bedeckt und prahlen nicht mit ihrer vergleichsweise guten Finanzlage, denn schon oft hat der Ruf nach mehr Solidarität mit den Schwachen die Stärkeren aus der Bahn geworfen.

Genau diese Erfahrung droht derzeit einigen schuldenfreien Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Laut eines Gutachten seien nämlich rund 60 Kommunen in NRW finanziell in der Lage, eine Hilfsumlage für überschuldete Kommunen zu zahlen. 

Dieser Vorschlag empört nun viele schuldenfreie Kommunen. Acht von ihnen haben sich bereits zu einer „Arbeitsgemeinschaft der schuldenfreien Städte in NRW“ zusammengeschlossen, um den Angriff abzuwehren. „Wir haben fast 30 Jahre hart für das Erreichen und den Erhalt der Schuldenfreiheit gearbeitet und sind nicht bereit, uns nun dafür bestrafen zu lassen, dass wir unsere Hausaufgaben im Gegensatz zu anderen Städten gemacht haben“, empört sich der Bürgermeister von Langenfeld, Frank Schneider.

Doch schuldenfreie Kommunen wie die seine sind in der Minderheit und die Mehrheit macht derzeit Druck und betont, dass es sich bei Kommunen in extremen Haushaltsnotlagen oft um Städte mit erheblichen urbanen Funktionen für ihr Umland handele.             Bel

 

Zeitzeugen

Martin Junkernheinrich – Der  Kommunalwissenschftler an der TU Kaiserslautern meint: „In den Kommunen, bei denen wir näher hingeschaut haben, ist ganz selten einer allein schuld. Es ist immer eine komplexe Gemengelage aus hoher Arbeitslosigkeit und hohen Soziallasten auf der einen Seite und auch Fehlverhalten auf lokaler Ebene: Die bundespolitischen Entscheidungen folgen nicht dem Prinzip: ,Wer die Musik bestellt, der soll auch bezahlen‘ und auf kommunaler Ebene hat man oft zu spät erkannt, wie intensiv man eigentlich konsolidieren müsste. Dass die guten Jahre vorbei sind, das sieht man auch häufig etwas zeitverzögert.“

Torsten Albig – Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2012 kennt sich mit Kommunalfinanzen aus. Seit 2008 ist er Oberbürgermeister der überschuldeten schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel: „Ich würde in dieser Frage, wo wir uns einigen über gesellschaftliche Aufgaben, fordern: Keine gesellschaftliche Aufgabe wird beschlossen, ohne dass sie durchfinanziert ist, keine! Im Augenblick beschließen wir ständig gesellschaftliche Aufgaben, ohne sie durchzufinanzieren. Dazu gehört dann, dass eine Politik erklären muss, wenn sie das aus ihrem Haushalt nicht abbilden kann, dass dafür die Einnahmen erhöht werden müssen.“

Wolfgang Schäuble – Der Bundesfinanzminister zeigte sich bei den Gesprächen mit den Kommunen bisher wenig kooperationsfreudig: „Die Kommunen werden lange warten müssen, bis sie einen Finanzminister finden, der so viel Verständnis für ihre Belange hat. Die jetzige Einnahmebasis von Städten und Gemeinden ist fragil. Das verdrängen die Kommunen. Eine Reform wäre wünschenswert, aber das geht nur im Konsens.“

Roland Schäfer – Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sieht bei der jetzigen Finanzlage die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der örtlichen Demokratie auf dem Spiel. Dabei sei laut einer Forsa-Umfrage das Vertrauen der Bürger in die kommunale Politikebene derzeit noch deutlich größer als das Vertrauen zur Bundes- beziehungsweise Landesregierung.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren