20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.03.11 / »Scheich von Saarabien« / Schwerindustrieller und Bismarckunterstützer im deutschen Westen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-11 vom 26. März 2011

»Scheich von Saarabien«
Schwerindustrieller und Bismarckunterstützer im deutschen Westen

Der vor 175 Jahren, am 30. März 1836, in Saarbrücken geborene Freiherr Carl Ferdinand von Stumm-Halberg soll von Otto von Bismarck als „König Stumm“ und von Friedrich Naumann als „Scheich von Saarabien“ bezeichnet worden sein. Und der Historker Otto Johannsen zählte ihn zu den „beiden größten deutschen Eisenindustriellen“. Sein Vater, Carl Friedrich Stumm, hatte keinen anderen Ausweg als den Freitod gesehen, nachdem er verzweifelt um die Existenz seines Neunkirchner Hüttenwerkes gekämpft hatte. In der Ära des Sohnes hingegen stieg das Familienunternehmen zum führenden Werk der saarländischen Schwerindustrie auf, zu einem der Marktführer der eisenschaffenden Industrie. Der „Scheich von Saarabien“ konnte es sich leisten, sich auf dem Saarbrücker Halberg von Edwin Oppler ein neugotisches Schloss errichten zu lassen. Im Dreikaiserjahr 1888 erhielt er den Adelsbrief mit Ernennung zum Freiherrn von Stumm und drei Jahre später die Genehmigung zum Tragen des Doppelnamens von Stumm-Halberg.

Politisch war Stumm ein Parteigänger Bismarcks. Bereits in dessen erstem Amtsjahr als preußischer Ministerpräsident schickte er ihm eine Zustimmungsadresse. 1866 begegneten sich die beiden erstmals. Als sich Preußens Konservative über Bismarcks Annexionspolitik nach dem Deutschen Krieg spalteten, gehörte Stumm zu den Mitbegründern der bismarck­freundlichen Freikonservativen Partei.

Von Beginn an saß Stumm für diese nach der Reichsgründung von 1871 auch Reichspartei genannte linke Abspaltung der Konservativen im Reichstag. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit Bismarck verzichtete er zwar 1881 auf eine weitere Mitarbeit in dem Hohen Haus, doch war das Zerwürfnis nicht so groß, dass der preußische Ministerpräsident ihm nicht 1882 die Berufung ins Herrenhaus ermöglicht hätte. Und ab 1889 saß Stumm dann auch wieder im Nationalparlament.

Bismarcks neue Politik nach dem antinationalliberalen Kurswechsel von 1878 war ganz in Stumms Sinne. Entschiedener noch als Bismarck setzte er sich für Schutzzölle, Sozialistenbekämpfung und Sozialgesetzgebung ein. So hatte er bereits 1869 als Reichstagsabgeordneter die gesetzliche Invalidenversicherung für alle Fabrikarbeiter gefordert. Ähnlich wie der Eisernen Kanzler aus Ostelbien, doch sehr radikal bekannte sich der Schwerindustrielle aus der Rheinprovinz zu einem paternalistischen Staats- und Gesellschaftsideal. Der von ihm bekämpften organisierten Interessenvertretung der Arbeitnehmer stellte er das persönliche Verhältnis zwischen Arbeiter und Arbeitgeber gegenüber, einschließlich des Rechtes von Letzterem in das Privatleben von Ersterem einzugreifen. 

An seinem Lebensende drohte die Zeit nicht nur wegen derartiger Ansichten, sondern auch in technischer Hinsicht über ihn hinwegzugehen. So ging in seinen Werken die Elektrifizierung nur sehr schleppend voran und auch die von seinen Ingenieuren betriebene Einführung der Gasmaschinen wurde von ihm gebremst. Am 8. März 1901 erlag er einem Krebsleiden.          Manuel Ruoff


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren