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02.04.11 / Bequeme Alternative zum Stadtschloss / Im Hotel Adlon verkehrten Europas Hochadel und Prominenz – Kaiser Wilhelm II. war Stammkunde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-11 vom 02. April 2011

Bequeme Alternative zum Stadtschloss
Im Hotel Adlon verkehrten Europas Hochadel und Prominenz – Kaiser Wilhelm II. war Stammkunde

Das Hotel Adlon ist und war eine der ersten Adressen in Deutschlands und Preußens Hauptstadt Berlin. Vor 90 Jahren, am 7. April 1921, starb sein Gründer und Namensgeber Lorenz Adlon den Unfalltod.

Wer wünscht sich nicht eine Hochzeitsfeier in einem der angesagtesten Luxushotels der Welt? Für Prinzessin Viktoria Luise von Preußen ging dieser Traum 1913 in Erfüllung. Am 24. Mai heiratete die einzige Tochter von Kaiser Wilhelm II. den Prinzen Ernst August von Hannover im Berliner Schloss. Das Brautpaar erhielt so viele Geschenke aus dem Volk, dass zum Transport mehrere Möbelwagen eingesetzt werden mussten. Zu den Festlichkeiten waren zahlreiche gekrönte Häupter aus ganz Europa geladen, darunter der englische König Georg V. und der russische Zar Nikolaus II., die alle im Hotel Adlon residierten. In prunkvollem Ambiente stießen die Fürstenhäuser zum letzten Mal mit Sekt an und ließen die Pracht der Monarchie noch einmal aufleben, bevor der Erste Weltkrieg ausbrach. Zudem bedeutete die Hochzeit eine Aussöhnung zwischen Welfen und Hohenzollern, nachdem Preußen im Deutschen Krieg von 1866 Hannover besiegt hatte.

Die Geschichte des Hotel Adlon beginnt mit ihrem Gründer und Eigentümer Lorenz Adlon. In den 1880er Jahren zog es den aus Mainz stammenden Gastronom und Hotelier in die Hauptstadt. Dort errichtete er kurz nach der Jahrhundertwende das Hotel in feinster Lage am Pariser Platz mit Ausblick auf das Brandenburger Tor. Dafür musste das von Karl Friedrich Schinkel umgebaute Palais Redern weichen. Wilhelm II. weihte am 23. Oktober 1907 höchstpersönlich das Haus ein und wurde zu seinem größten Fürsprecher. „Kinder geht doch lieber ins Adlon, im Schloss ist es kalt und im Bad geht das heiße Wasser nicht“, empfahl er seiner Familie. Der Kaiser mochte den „alten Kasten“, wie er das Berliner Schloss nannte, nicht besonders, da es unkomfortabel war und das steife Hofzeremoniell sein Privatleben einschränkte. Ferner brauchte Berlin seiner Ansicht nach ein Nobelhotel für offizielle Anlässe, das es mit den Topadressen in Paris und London aufnehmen könne.

Hinter den klassizistischen Mauern mit Jugendstilzierrat des „Adlon“ verbarg sich zudem eine beeindruckende Ausstattung. Elektrizität und fließend warmes Wasser gehörten zum Standard. Rund um die Uhr konnten die Gäste das Café, das Restaurant, die Lounge, die riesige Lobby, den Rauchersalon, die Bibliothek, das Damenzimmer, den Musiksalon sowie den Wintergarten nutzen. Zusätzlich standen große Konferenzzimmer und ein Ballsaal zur Verfügung. Fast alle Räumlichkeiten waren im Stil Louis XVI. oder in Neobarock gehalten. Die Inneneinrichtung stammte von der bekannten Mainzer Möbelfirma Bembé, bei der Adlon einst eine Tischlerlehre gemacht hatte. Das Projekt verschlang die damals unvorstellbare Summe von 17 Millionen Goldmark.

Fortan fanden im „Adlon“ regelmäßig Gesellschaften, Kongresse und politische Diners statt. Um während der Ballsaison in den edlen Suiten des Hotels zu logieren, verkauften vornehme Adlige sogar ihre Winterpalais in Berlin. Ganze Ministerien zogen den prächtigen Kaisersaal ihren eigenen Festsälen vor. Internationale Prominente aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Film und Kultur gaben sich hier die Klinke in die Hand. Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Hans Albers, Mary Pickford, Herbert von Karajan, Eduard Künneke, Albert Einstein und Thomas Edison standen in den „Goldenen Zwanzigern“ ebenso auf der Gästeliste wie John D. Rockefeller, Henry Ford, Franklin D. Roosevelt, Aristide Briand, Gustav Stresemann und Fried­rich Ebert. Hier wurde Marlene Dietrich entdeckt und Charlie Chaplin verlor auf dem Weg ins Hotel seine Hosenknöpfe. Der spätere Showmaster Peter Frankenfeld scheiterte als Page, weil er von einer für Reichspräsident Paul von Hindenburg bestimmten Eisbombe genascht hatte, und Billy Wilder interviewte als junger Reporter namhafte Gäste. Lorenz Adlon selbst erlebte die spätere Blütezeit seines Etablissements nicht mehr. Er starb vor 90 Jahren, am 7. April 1921, an den Folgen eines wenige Tage vorher erlittenen Verkehrsunfalls, woraufhin sein Sohn Louis und dessen zweite Frau Hedda die Leitung übernahmen.

„In der großen Halle des Hotels“, kommentierte die „Berliner Morgenpost“ 1929, „hört man die Sprachen aller Kulturnationen durcheinanderschwirren.“ Diese weltoffene Atmosphäre behagte den Nationalsozialisten nicht, weshalb die SS-Oberschicht bei ihren Treffen auf den „Kaiserhof“ in der Wilhelmstraße auswich. Dabei hatte die Hoteldirektion extra auf der Speisekarte das französische Ragout durch das Würzfleisch ersetzt und für Reichsjugendführer Baldur von Schirach zeitweilig alle Federhalter, Tintenfässer, Bleistifte, Polstermöbel und Wandstoffe im berühmten „Adlon Blau“ verbannt, da der Politiker eine Abneigung gegen diese Farbe hatte.

Nachdem die Luxusherberge die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg unversehrt überstanden hatte, brannte sie in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945 bis auf einen Seitenflügel völlig aus. Schuld war wahrscheinlich eine brennende Zigarette, die die Russen bei ihrem Eindringen in den Weinkeller fallen gelassen hatten. Die Rotarmisten bescherten auch Louis Adlon ein tragisches Schicksal. Als sie in dessen Landhaus nach Akten suchten, schrie die Frau eines Angestellten die Soldaten an: „Nix Documenta! Da Generaldirektor.“ Die Russen verstanden nur „General“ und führten Adlon ab. Laut Totenschein soll er am 7. Mai 1945 gestorben sein.

Zu DDR-Zeiten wurde der erhalten gebliebene Flügel bis in die 1980er Jahre als Hotel und Restaurant genutzt und diente schließlich als Internat für Berufsschüler. Aufgrund des starken Verfalls entschied man sich 1984 für den Abriss. Nach dem Mauerfall erwarb die Kempin­ski Hotelbetriebsgesellschaft die Genehmigung für den Wiederaufbau des Hotels. Am 23. August 1997 war es soweit: Der damalige Bundespräsident Roman Herzog eröffnete das ehrwürdige Haus an seinem historischen Ort wieder. Die illustre Gästeliste mit Namen wie Queen Elizabeth II., Königin Silvia, Michail Gorbatschow, George Bush, Tina Turner, Dustin Hoffmann und dem Dalai Lama bestätigt das Motto: Adlon verpflichtet! Sophia E. Gerber


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