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09.04.11 / »Viel zu reaktionär« / Linke Kritik an Ungarns neuer Verfassung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-11 vom 09. April 2011

»Viel zu reaktionär«
Linke Kritik an Ungarns neuer Verfassung

Im ungarischen Parlament soll am 18. April über den von der Regierungspartei Fidesz vorgelegten Entwurf einer neuen Verfassung abgestimmt werden. Im Vorfeld hatten alle acht Millionen Wahlberechtigten Fragebögen erhalten, von denen etwa 900000 zurückgeschickt wurden. Sozialisten und Grüne hatten die Parlamentsdebatte boykottiert. Fidesz wolle „eine Art totale Diktatur schaffen, nicht mit Panzern – sondern mit der Verfassung“, so Sozialistenchef Attila Mesterházy. Man kritisiert, dass es – wie übrigens bei der Verfassungsänderung von 1989, die auf der kommunistischen Verfassung aufbaute – über den neuen Text zu keiner Volksabstimmung kommt. Da Fidesz über eine satte Zweidrittelmehrheit verfügt, und mit den Stimmen der Rechtspartei Jobbik sogar eine Dreiviertelmehrheit möglich wäre, kann die Regierung die Klagen der Opposition ignorieren.

In der Präambel der Verfassung verankert werden soll der Respekt vor Staatsgründer König Stephan (gest. 1038), vor der Stephanskrone und vor den Vorfahren, die für Freiheit und Unabhängigkeit gekämpft und Europa geschützt haben. Kernpunkt der Kritik ist hier wohl weniger die „schwülstige“ Terminologie als vielmehr die Bezüge auf Gott, Christentum und „spirituelle Erneuerung“. Ähnlich „anstößig“ ist für die Kritiker, dass zwar die „unveräußerlichen Menschen- und Bürgerrechte“ und ein Diskriminierungsverbot bezüglich Rasse, Hautfarbe und Geschlecht genannt werden, doch ohne explizite Nennung „sexueller Neigungen“. Auch stört, dass das „Menschenrecht auf Leben, welches mit der Empfängnis beginnt“, die Ehe als „natürlichste Einheit zwischen Mann und Frau“ und die „daraus hervorgehende Familie“ unter besonderen Schutz gestellt werden sollen. Das vorgesehene zusätzliche Stimmrecht für Eltern mit Kindern dürfte aber nicht kommen.

Machtpolitisch relevant könnten die Regelungen betreffend Vertrauensfrage und vorzeitiger Parlamentsauflösung durch den Staatspräsidenten sein. Kritiker wittern hier eine heimliche Weiterentwicklung zu einem „Präsidialsystem“. Die Formulierungen sind allerdings noch nicht endgültig, und wie immer wird erst die Praxis zeigen, was sich dabei wirklich ändert. In die Verfassung übernommen wird die bereits im Herbst 2010 beschlossene Beschränkung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, über Fragen des Staatshaushaltes zu entscheiden.

Für die Tage vor der Abstimmung wurden bereits Großdemonstrationen von Linken und von Homosexuellen angekündigt. Mit „bewährter“ Schützenhilfe aus dem Ausland wird gerechnet.         RGK


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