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09.04.11 / Im Gruselkabinett der Lebenshilfe / Ex-Kanzler-Sohn Walter Kohl jammert und langweilt mit Plattitüden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-11 vom 09. April 2011

Im Gruselkabinett der Lebenshilfe
Ex-Kanzler-Sohn Walter Kohl jammert und langweilt mit Plattitüden

Er absolvierte ein Studium an der Harvard University, kann ein  Diplom als Volkswirt aus Wien vorweisen und als Sahnehäubchen einen in Frankreich erworbenen Master of Business Administration. An der Wall Street war er Investment Banker, heute ist er in der Automobilzulieferindustrie selbständig. Sieht so ein verfahrenes Leben aus?

Doch genau das ist es, was Walter Kohl dem Leser in seinem Buch „Leben oder gelebt werden – Schritte auf dem Weg zur Versöhnung“ nahezubringen versucht. Furchtbar schwer sei es für den 1963 geborenen Sohn des CDU-Politikers und langjährigen Bundeskanzlers Helmut Kohl gewesen. Immer habe er nur als der „Sohn vom Kohl“ gelebt. Gleich am ersten Schultag des kleinen Walter habe es Auseinandersetzungen gegeben – böse Mitschüler, von ihren Eltern aufgehetzt, ließen ihn gleich spüren, was diese von seinem Vater hielten. Nicht für das was er war, habe es Schläge gegeben, sondern für das, was ihm zugeschrieben wurde. Bis in die Bundeswehrzeit erstreckten sich die Schikanen.

Der Vater sei eher als Gast denn als Elternteil erschienen, dessen wahre Familie sei die CDU gewesen. Hannelore Kohl habe sich ihrem Mann untergeordnet und sich durch Disziplinorientierung die eigene Lebensgestaltung verbaut. Walter habe die Mutter unterstützen müssen, mit der Folge, dass er sich immer mehr in sich zurück-gezogen habe. Als Opfer habe er sich gefühlt und die Opferrolle bereitwillig angenommen.

Ist man zu Beginn der Lektüre noch geneigt, Verständnis für ein unter fraglos nicht immer einfachen Umständen aufgewachsenes „Prominentenkind“ aufzubringen, so wandelt sich der Eindruck doch relativ schnell: Erfährt man etwas, was man sich nicht ohnehin schon hätte denken können? Das ständig wiederholte Leiden eines Menschen, der immer nur der „Sohn vom Kohl“ gewesen sei, wirkt peinlich. Gab es in dieser Kindheit und Jugend wirklich nur Negatives? Für Studium und Beruf ging es für einige Jahre nach Amerika. Später kehrte Walter Kohl zurück, immer noch leidend unter dem Vater, dessen politisches Talent er aber nie in Frage stellt.

Eine einzige Anekdote findet sich: Als kurz vor Weihnachten 1989 das Brandenburger Tor geöffnet wurde, bejubelte die Menge Helmut Kohl, der DDR-Ministerpräsident Hans Modrow hingegen war in Gefahr, tätlich angegriffen zu werden. Walter Kohl, den man für einen BKA-Mann hielt, wurde von der hilflosen Stasi gebeten, bei der Abschirmung Modrows zu helfen.

Die nicht allzu interessante Geschichte des Kanzlersohns ist das eine. Vollends aus dem Ruder läuft der Lebenshilfeteil: Walter Kohl gibt Unterricht: Wie er sein Opferdasein überwand, wie man den „Weg zur Versöhnung“ beschreitet. Eine Plattitüde reiht sich an die nächste, es ist eine gruselige Ansammlung von Gemeinplätzen: „Wir alle sind mit Blindheit geschlagen. Doch indem sich die Herzen öffnen, können wir unser geistiges Nicht-Sehen überwinden“ oder „Versöhnung tilgt jede alte Schuld“ oder „Versöhnung muss bewusst erarbeitet werden.“

Die Versöhnung war so erfolgreich, dass Helmut Kohl seit geraumer Zeit nicht mehr mit seinem Sohn redet. Und es gibt noch eine Frage, die sich aufdrängt: Warum wurde dieses aussagearme Buch jetzt geschrieben? Spielt es eine Rolle, dass eine derartige Veröffentlichung unmittelbar nach dem Ableben des gesundheitlich sehr angeschlagenen Altkanzlers kein gutes Licht auf Autor und Verlag geworfen hätte, ein weit dahinter liegender Zeitpunkt aber bezüglich der Verkaufszahlen ungünstig gewesen wäre? Man hofft, dass derartige Gedanken nur Spekulation sind.           Erik Lommatzsch

Walter Kohl: „Leben oder gelebt werden – Schritte auf dem Weg zur Versöhnung“, Integral Verlag, München 2011, 273 Seiten, 18,99 Euro


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