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16.04.11 / Lange Wunschlisten – leere Kassen / Rot-Rot noch Wahlversprechen macht, droht dem Land bald die Zwangssanierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Lange Wunschlisten – leere Kassen
Rot-Rot noch Wahlversprechen macht, droht dem Land bald die Zwangssanierung

Aus den Reihen der rot-roten Koalition in Berlin werden der Öffentlichkeit regelmäßig neue Ideen für Zukunftsprojekte präsentiert. Schweigen herrscht allerdings darüber, wie die kostspieligen Vorhaben finanziert werden sollen. Dem Land Berlin droht nicht nur die zwangsweise Verordnung eines Sanierungsprogramms, sondern auch eine Kürzung der Gelder aus dem Länderfinanzausgleich.

Rückkauf der privatisierten Wasserbetriebe, ein landeseigener Waggonpark für die Berliner S-Bahn, ein öffentlicher Beschäftigungssektor oder die Schaffung eines kommunalen ökologischen Energieunternehmens – das sind nur einige der zahlreichen Vorhaben, mit denen die Berliner SPD und die Partei „Die Linke“ zurzeit die Wähler beeindrucken wollen. In der Haushaltsplanung der rot-roten Koalition findet sich von den Vorhaben allerdings nichts wieder und das wird sich zukünftig auch kaum ändern. Die Finanzplanung des Berliner Senats für den Doppelhaushalt 2012/2013 sehen Ausgaben von jeweils 22 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung wird zunächst erst einmal um 2,8 Milliarden Euro wachsen, soll aber ab 2018 auf null gebracht werden. Dieses Kunststück will der Senat vor allem durch steigende Steuereinnahmen und eine nur noch moderate Steigerung der Ausgaben bis 2020 vollbringen. Um diese Illusion aufrecht erhalten zu können, wurde die Finanzierung angekündigter Vorhaben – wie zum Beispiel der Rück-kauf der Anteile der Wasserbetriebe – aus der Haushaltsplanung konsequent ausgeklammert. Schon vor dem Wahltag im September könnten sich der Etatentwurf allerdings zu Makulatur verwandeln und die vollmundigen Zukunftsversprechen sich als bloßer Wahlkampf entpuppen.

Im Mai wird der im Jahr 2010 zur Kontrolle der Länderfinanzen ins Leben gerufene Stabilitätsrat von Bund und Ländern bekannt geben, welche Bundesländer ihre Finanzen unter Aufsicht sanieren müssen. Wahrscheinlich betroffen sein werden das Saarland, Bremen und Schleswig-Holstein. Vieles spricht dafür, dass auch Berlin mit seinen angehäuften Schulden von über 60 Milliarden Euro zu diesem Kreis gehören wird und ein fünfjähriges Sanierungsprogramm aufstellen muss.

Die aktuellen Planungen gehen noch davon aus, dass für wichtige Investitionen in den nächsten beiden Jahren jeweils 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen werden. Damit sollen Vorhaben wie die Sanierungen des Charité-Bettenhauses und des Internationalen Congress Centers (ICC), Straßenbaumaßnahmen sowie Neubauten und Sanierungen an Hochschulgebäuden, Theatern und Haftanstalten finanziert werden.

Trotz Finanznot ist auch das vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit als „Chefsache“ verantwortete Kulturressort mit einigen Prestigeprojekten berücksichtigt worden. Eingeplant wurde nicht nur der Bau einer Staatlichen Kunsthalle im Bezirk Mitte, sondern auch der Neubau einer Landes- und Zentralbibliothek auf dem Tempelhofer Feld. Ohnehin war dieses Ressort in letzter Zeit in die Kritik geraten. Aus den Reihen der Grünen und der Linkspartei wurde eine mangelnde Transparenz bei der Subventionierung von Kultureinrichtungen beanstandet. 2010 erhielten Theater- und Orchesterbetriebe vom Land immerhin Zuschüsse in Höhe von 254,8 Millionen Euro – jede verkaufte Karte wurde im Durchschnitt mit 100 Euro bezuschusst, pro Besucher wachsen die Subventionen immer mehr an. Derartig profitiert von der aktuellen Haushaltsplanung haben allerdings nicht alle Ressorts – die Höhe der Hochschulfinanzierung ist immer noch ungeklärt. Auch die finanzielle Ausstattung der Bezirke ist schon seit Jahren prekär, Personalabbau und Mittelkürzungen beginnen, sich inzwischen auch  immer mehr im Stadtbild bemerkbar zu machen. Reparaturen an Straßen und Gehwegen sind – wenn überhaupt – häufig nur noch provisorisch möglich. Es wird immer schwieriger, öffentliche Grünanlagen in Schuss zu halten, so dass immer öfter private Initiativen einspringen, die sich um öffentliche Grünanlagen kümmern. Brunnenanlagen im Stadtgebiet können schon seit Jahren nur mit Hilfe von Spendern betrieben und unterhalten werden.

Die finanzielle Notlage der Bezirke könnte sich allerdings sogar noch verschärfen, nicht nur durch ein verordnetes Sanierungsprogramm des Bund-Länder-Stabilitätsrats, sondern auch durch eine Beschneidung des Länderfinanzausgleichs. Bayern, Hessen und Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr sieben Milliarden Euro in den Ausgleich eingezahlt. Hauptprofiteur war Berlin, das 2,9 Milliarden Euro erhalten hat. Diesen Zustand wollen die Geberländer allerdings nicht weiter hinnehmen, sie sehen im Länderfinanzausgleich ein Art Strafsteuer für wirtschaftlich erfolgreiche Länder. Nicht zu Unrecht – das Land Berlin leistet sich Dinge, auf die die Geberländer verzichten müssen. Wowereit meint, sich weiterhin auf das Solidaritätsprinzip berufen zu können. Allerdings wäre er gut beraten, es nicht bis zu einer Klage kommen zu lassen. Vor dem Bundesverfassungsgericht müsste dann zum Beispiel geklärt werden, warum das Land Berlin meint, sich gebührenfreie Kitas und drei Universitäten leisten zu müssen – ganz zu schweigen von ökologischen Stadtwerken und neuen Kunsthallen.    Norman Hanert


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