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16.04.11 / Geschäft mit der Angst / Was passieren könnte, zählt mehr, als was wirklich passiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Geschäft mit der Angst
Was passieren könnte, zählt mehr, als was wirklich passiert

Über 25000 Tote haben Erdbeben und Tsunami in Japan gefordert. Hunderttausende haben nur das nackte Leben retten können. Obdachlos, mittellos, arbeitslos und oft hilflos widrigen Witterungsbedingungen ausgeliefert – für deutsche Medien, insbesondere öffentlich-rechtliche TV-Sender, waren solche Schicksale eher Randthema.

Beherrschendes Hauptthema war und ist nach wie vor die „Atomkatastrophe“. Politisch korrekt, aber sprachlich und sachlich völlig inkorrekt wurde der Beinahe-GAU zum „Super-GAU“ befördert. Jede noch so absurde Mutmaßung („... kann nicht ausgeschlossen werden, dass ...“) kam als gesicherte Tatsachenbehauptung über den Sender, angeblich aktuelle Messwerte wurden tagelang mit bebender Stimme verkündet („das Tausendfache, das Zehntausendfache, nein, das Hunderttausendfache ...“).

Nicht erklärt wurde dem staunenden Publikum hingegen, warum man wegen eines Tsunami an der japanischen Pazifikküste  ein Kernkraftwerk im bayerischen Alpenvorland sofort abschalten muss. Was folgt als nächstes, wenn solche Logik Fuß fasst? Sollen wir die Autobahn Hamburg–Berlin dauerhaft sperren, weil es in Südafrika einen schweren Verkehrsunfall gab? Oder muss die Fußball-Bundesliga künftig generell vor leeren Rängen spielen, weil die Stadien mit bis zu 80000 Plätzen doch nicht gegen Flugzeugabstürze und Bombenanschläge gesichert sind?

Rational ist nicht nachvollziehbar, warum in Deutschland – anders als bei unseren Nachbarn und auch bei den Betroffenen selber – das Wort „Atom“ zum Synonym für alles Böse dieser Welt werden konnte. Natürlich ist ein komplexes System wie ein Kernreaktor nicht leicht zu verstehen, natürlich wirken radioaktive Strahlen unheimlich, weil man sie nicht sehen, hören, fühlen, riechen oder spüren kann. Das sind gute Voraussetzungen für das politische Geschäft mit der Angst. Vor allem, wenn das Land sich gerade mal wieder im Dauerwahlkampf befindet.

Die Fakten und Zahlen jedenfalls sprechen eine andere Sprache. In der „Welt“ haben Dirk Maxeiner und Michael Miersch dankenswerterweise versucht, die Dinge zurecht zu rücken: In Tschernobyl sind direkt 62 Menschen zu Tode gekommen, indirekt durch spätere Krebserkrankung laut Weltgesundheitsorganisation WHO etwa 4000. Greenpeace, im kreativen Umgang mit Statistiken durchaus geübt, macht daraus 90000.

Hingegen gehen die Opferzahlen durch herkömmliche Energieträger wie Kohle, Gas, Öl oder Wasserkraft jährlich in die Hunderte, oft in die Tausende, beispielsweise durch Staudammbrüche, Grubenunglücke oder Explosionen.

Damit soll das Gefahrenpotential der Kernkraft keinesfalls heruntergespielt werden. Die Risiken sind bekannt; alles Menschenmögliche, sie zu minimieren, muss getan werden. Vor allem aber müssen wir den Blick wieder mehr darauf richten, was wirklich passiert, und nicht nur auf das, was passieren könnte.       H.J.M.


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