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16.04.11 / Fiasko in der Schweinebucht / Der US-amerikanische Versuch, Castro zu stürzen, scheiterte kläglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Fiasko in der Schweinebucht
Der US-amerikanische Versuch, Castro zu stürzen, scheiterte kläglich

Mit seinem militärischen Engagement in Libyen folgt US-Präsident Barack Obama zahlreichen Beispielen aus der US-amerikanischen Geschichte. Seit über 200 Jahren ist das Interventionsprinzip ein fester Bestandteil der Außenpolitik seines Landes. Nicht immer jedoch war es damit erfolgreich. Der spektakulärste Fehlschlag ereignete sich vor 50 Jahren, als der Versuch, der kubanischen Konterrevolution mit militärischen Mitteln zur Rückkehr an die Macht zu verhelfen, kläglich scheiterte.

Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ist kaum ein Jahrzehnt vergangen, in dem die US-Regierung nicht in irgendeinem Teil der Welt mit militärischen Mitteln in die Geschicke anderer Länder und Regionen eingegriffen hat. Von Anbeginn ihrer Existenz haben die USA die ganze Welt als zu ihrer Interessensphäre gehörend betrachtet. Selbst vor einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes haben sie nicht zurückgeschreckt, wenn sie sich davon einen machtpolitischen Vorteil versprachen. Der erste, der diese Erfahrungen machen musste, war ebenfalls ein nordafrikanischer Despot und auch das Schlachtfeld war dasselbe wie heute. Als Yussuf Karamanli, der durch die Ermordung seines ältesten Bruders an die Macht gekommene Statthalter des Osmanischen Reiches in Tripolis, im Jahre 1801 von US-amerikanischen Handelsschiffen Tribut für die ungehinderte Passage forderte, schickte Präsident Thomas Jefferson seine Flotte ins Mittelmeer und ließ Marineinfanterie an der libyschen Küste landen. In ihrem Gefolge befand sich ein aus dem ägyptischen Exil zurückgekehrter Bruder des Despoten, den die USA als Gegenherrscher inthronisieren wollten. Doch Karamanlis erklärte sich unter dem Eindruck der drohenden militärischen Niederlage und des Umsturzes bereit, zukünftig auf Schutzgeldzahlungen zu verzichten. Die Amerikaner zogen ab und überließen ihren Verbündeten Ahmed Karamanli der Rache seines Bruders.

Nicht minder bitter endete vor 50 Jahren der von den USA initiierte Versuch kubanischer Exilanten, Fidel Castro gewaltsam zu stürzen. Bis zur Revolution 1959 waren Kubas Politik und Wirtschaft stark von den USA beeinflusst gewesen. Als im Zuge der danach einsetzenden sozialistischen Reformen auch US-amerikanische Firmen von Enteignungen betroffen waren, setzte Präsident Dwight D. Eisenhower zunächst auf wirtschaftliche Sanktionen. Doch selbst ein totales Handelsembargo konnte Castro nicht von seinem Kurs abbringen. Vielmehr nutzte er den Ost-West-Konflikt, um weltweite Handelsbeziehungen zu den Ländern des sozialistischen Lagers aufzubauen. Für Eisenhower blieb damit nur noch ein Mittel, die Interessen seines Landes in Kuba durchzusetzen: eine militärische Intervention.

Dabei war ein amerikanischer Angriff auf Castro angesichts der weltpolitischen Gegebenheiten ausgeschlossen, denn eine offene Einmischung in die Angelegenheiten eines fremden Staates hätte zu heftigen Reaktionen des Ostblocks und von Staaten in der Dritten Welt geführt. Die einzig vertretbare Option war die, dass die kubanische Opposition von eigenem Territorium aus die USA um militärischen Beistand bittet. Daher beauftragte Eisenhower die CIA, einen Putsch von Exilkubanern vorzubereiten. Deren einzige Aufgabe sollte es sein, ein provisorisches Flugfeld so lange abzusichern, bis die in Miami gestartete Exilregierung gelandet und ihr Hilfeersuchen an Washington ausgesprochen hatte.

Da die Planung erst nach den Präsidentschaftswahlen abgeschlossen war, war es nun an John F. Kennedy, die heikle Mission zu befehlen. Gestützt auf sehr optimistische Geheimdienstberichte sagte die CIA ihm einen sicheren Erfolg der Aktion voraus. Als Ort für die Durchführung der Operation wurde die taktisch günstig gelegene Schweinebucht ausgewählt. Am 15. April 1961 griffen amerikanische Flugzeuge, die mit kubanischen Hoheitszeichen versehen waren, drei kubanische Flugplätze an. Dadurch sollte der Anschein einer Gegenrevolution erweckt werden. Der Schwindel flog allerdings auf, da fünf der Flugzeuge von der kubanischen Luftwaffe abgeschossen wurden. Zwei Tage später landeten, von ihren Ausbildungslagern in Guantanamo kommend, 1500 Exilkubaner unter Führung von CIA-Agenten mit Unterstützung der US-Marine in der Schweinebucht, wo sie indes schon von der kubanischen Armee erwartet wurden. Trotz Luftunterstützung durch die US-Luftwaffe war die Landungstruppe nach drei Tagen aufgerieben. Kennedy aber weigerte sich, amerikanische Bodentruppen zu deren Unterstützung zu entsenden, um die Situation nicht außenpolitisch eskalieren zu lassen. Damit war die Operation gescheitert. Die überlebenden Kubaner und die Besatzungen der abgeschossenen US-Maschinen wurden gefangen genommen und in Schauprozessen abgeurteilt. Ein Teil von ihnen wurde 1963 gegen in Kuba dringend benötigte Medikamente, Lebensmittel und landwirtschaftliche Geräte ausgetauscht.

Für die USA war diese Niederlage ein außenpolitisches Debakel und eine internationale Blamage. Zum ersten Mal war das US-amerikanische Vorgehen gegen nicht genehme Regierungen in Lateinamerika gescheitert. Viele Staaten schickten Protestnoten nach Wa­shington, und in Lateinamerika kam es zu machtvollen antiamerikanischen Demonstrationen. Castro und die dortigen revolutionären Bewegungen fühlten sich nicht abgeschreckt, sondern vielmehr ermutigt. Innenpolitisch dagegen stieg Kennedys Ansehen, das bis zur Legende verklärt wurde. Galt er in der amerikanischen Öffentlichkeit bis dahin als außenpolitisch eher schwach, bewunderten seine Landsleute ihn nun für seine Entschlossenheit.

Gleichwohl blieb das Fiasko in der Schweinebucht nicht ohne politische Folgen. Der CIA-Direktor und seine Stellvertreter wurden entlassen, nachdem feststand, dass der Geheimdienst den Präsidenten falsch beraten hatte. Die Analysten hatten die antirevolutionäre Stimmung in Kuba ebenso überschätzt wie die Kampfkraft der im Lande operierenden Revolutionsgegner. Die deutlichste Kritik an der Rolle der CIA kam von deren eigenem Generalinspekteur Layman Kirkpatrick. In einem internen Bericht, der erst vor einigen Jahren öffentlich bekannt wurde, stellte er fest, für den Miss­erfolg seien Arroganz, Ignoranz und Inkompetenz in den eigenen Reihen verantwortlich. Getragen von reinem Wunschdenken, habe sich die Aktion verselb­ständigt. Sie sei „lächerlich oder tragisch, oder beides“ gewesen, die CIA habe gar nicht mehr genau gewußt, was sie eigentlich tat.

Kennedy selbst erklärte, er fühle sich von der CIA hintergangen und reduzierte ihren Einfluss auf die US-amerikanische Regierungspolitik. Fortan wurde die Verantwortung für derartige Aktionen zunehmend dem Verteidigungsministerium übertragen.       Jan Heitmann


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