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23.04.11 / »Blutzeugen« / Erste Seligsprechung in Norddeutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-11 vom 23. April 2011

»Blutzeugen«
Erste Seligsprechung in Norddeutschland

Im Vorfeld des Deutschlandbesuchs von Papst Benedikt XVI.  im September werden drei Lübecker Priester und Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten in die Gemeinschaft der Seligen aufgenommen. Die Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange wurden 1942 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und ein Jahr später hingerichtet, weil sie in Predigten und  Flugblättern die Verbrechen der braunen Machthaber angeprangert hatten. Der Festakt am 25. Juni in Lübeck ist die erste Seligsprechung in Norddeutschland überhaupt. Bis zum Pontifikat Benedikts VXI. fanden die Feiern ausschließlich in Rom statt.

Seligsprechungen dauern oft Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte. Die Herz-Jesu-Gemeinde in Lübeck musste nur knapp 60 Jahre warten, bis ihr Wunsch nach dieser Ehrung für ihre drei Kapläne im Vatikan Gehör fand. Die Bittschrift um eine Seligsprechung ist ein kompliziertes Verfahren. Es muss bewiesen werden, dass die Vorgeschlagenen als „Blutzeugen für ihren Glauben“ gestorben sind. Im Fall der Lübecker Märtyrer umfasst die Dokumentation 2110 Seiten. Sie wurde 2004 der römischen Kommission für Selig- und Heiligsprechungen vorgelegt.

Außer Prozessakten und Aussagen von Zeitzeugen befinden sich darin auch Briefe, die die Kapläne aus dem Hamburger Gefängnis Holstenglacis an ihre Familie und Freunde geschrieben haben. Diese als verschollen geglaubten Briefe waren von der DDR unter Verschluss gehalten worden und erst kürzlich in einem Berliner Staatsarchiv aufgetaucht. In dem Abschiedsbrief, den Prassek am Tag seiner Hinrichtung schrieb, dankt er Gott für die schönen Jahre, die er als Priester arbeiten durfte und versichert, dass er mit Freude und Zuversicht in den Tod gehe.

Zur Seligsprechung am 25. Juni in Lübeck erwartet die Katholische Kirche etwa 8000 Gäste. Die Feier hat ökumenischen Charakter, denn gleichzeitig wird auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes auch der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink gewürdigt, der gemeinsam mit den drei Kaplänen gegen die Nazis kämpfte und mit ihnen 1943 unter dem Fallbeil starb. Das von dem Vertreter Roms, Kardinal Angelo Amato, zelebrierte Pontifkalamt wird in den evangelischen Dom und auf die Freilichtbühne übertragen. Die kostenlosen Zugangstickets zu allen drei Orten sind im Büro der Herz-Jesu-Gemeinde zu erhalten (Telefon 0451/5960-92).             Gisela Groth


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