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23.04.11 / Ein Gesetz, das sich selber verhindert / Wie die Bundesregierung das Klima vor Kohlendioxid schützen will (oder auch nicht?)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-11 vom 23. April 2011

Ein Gesetz, das sich selber verhindert
Wie die Bundesregierung das Klima vor Kohlendioxid schützen will (oder auch nicht?)

Per Gesetz will die Bundesregierung erproben lassen, ob es sinnvoll ist, den angeblichen Klimakiller Kohlendioxid (CO2) unterirdisch verschwinden zu lassen. Zunächst aber wird darüber gestritten, wie sinnvoll der Gesetzentwurf selber ist.

Deutschlands selbsternannte Klimaschützer feiern sich selbst: Es sei „erfreulich, dass es jetzt zu einer Lösung gekommen ist, die die unterschiedlichen Länderinteressen berück-sichtigt“, jubelt Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und schwärmt von „höchsten Umweltstandards“, einer „international beachteten Klimaschutzoption“ sowie einem Exportprodukt von großer ökonomischer Bedeutung.

Der Bundesminister, zugleich Anführer der derzeit oppositionellen nord-rhein-westfälischen CDU, meint mit seinen Lobeshymnen das sogenannte CCS-Gesetz, dessen Entwurf er sich vor wenigen Tagen vom Kabinett hat absegnen lassen. Außerhalb der schwarz-gelben Berliner Regierungskoalition freilich steht er mit seiner positiven Sichtweise ziemlich allein da – es hagelt Kritik von allen Seiten.

So bemängelt das „Informationszentrum für CO2-Technologien“, das zu den ganz Großen im Klimaschutzgeschäft zählt und daher an einer schnellen Umsetzung der CCS-Technik höchst interessiert ist, Röttgens Gesetzentwurf sei in Wahrheit ein „Hemmschuh“, der eine großindustrielle Anwendung eher verhindere denn fördere.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kündigt Widerstand im Bundesrat an, nennt die Vorlage der Bundesregierung „politisch inakzeptabel und energiepolitisch kurzsichtig“. Die „Märkische Oderzeitung“ setzt noch eins drauf: Dieser Gesetzentwurf sei der „vorzeitige Todesstoß der noch unerprobten Technologie“.

CCS steht für „Carbon Dioxide Capture and Storage“, also das Auffangen und Speichern von CO2. Speziell geht es darum, den vermeintlichen „Klimakiller“ der Umwelt da zu entziehen, wo er bei großindustriellen Prozessen oder der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen – Kohle, Gas, Öl – in großen Mengen anfällt.

Ob vom Menschen erzeugtes CO2 tatsächlich die behaupteten schädlichen Langzeitwirkungen hat, spielt in der aktuellen politischen Diskussion schon gar keine Rolle mehr. Klimaforscher und alle, die sich als solche ausgeben und finanzieren lassen, haben sich längst darauf verständigt, Zweifler und Kritiker zu Außenseitern abzustempeln, die in der veröffentlichten Meinung entweder milde belächelt oder gleich totgeschwiegen werden.

Die ehrgeizigen Klimaziele, denen sich inzwischen unter dem Druck grüner Wahlerfolge auch die meisten Unionspolitiker unterworfen haben, bedeuten in der Praxis, dass bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts die Kohlendi-oxid-Emissionen um mindestens 80, eher sogar um bis zu 95 Prozent reduziert werden müssten. Allein die Emissionen aus großindustriellen Prozessen wie der Produktion von Stahl, Aluminium oder Zement machen aber bereits über 15 Prozent der Gesamtmenge aus; fossile Kraftwerke sind dabei noch nicht mitgerechnet. Ein übereilter Ausstieg aus der Kernenergienutzung würde diese Problematik noch weiter verschärfen.

Diese CO2-Massen sollen nun aus der Abluft von Kraftwerken und Industrieanlagen abgeschieden und in riesigen unterirdischen Kavernen dauerhaft gespeichert werden. Geeignete geologische Schichtungen finden sich vor allem im norddeutschen Raum.

Damit kommt gleich das nächste Problem: Der angebliche Klimakiller Kohlendioxid muss zum Teil über viele hundert Kilometer sicher transportiert werden, bevor man ihn in die Tiefe abpumpen kann. Dort muss er dauerhaft sicher verschlossen werden; zudem dürfen die Lagerstätten nicht mit anderen zukunftsträchtigen Optionen wie der Gewinnung von Erdwärme (Geothermie) kollidieren. Dies alles setzt umfangreiche rechtsstaatliche, somit nach aller Erfahrung langwierige und teure Genehmigungsverfahren voraus. Daran denkt erklärtermaßen auch der Gesetzgeber. Röttgen verweist ausdrücklich auf die vorgesehene „umfassende Bürgerbeteiligung“, die sowohl für die Erprobung unterirdischer Speicher als auch für die Zuleitungen, den Transport und die zusätzlichen Abscheidungseinrichtungen zur Anwendung kommen soll.

Angesichts des heute in Deutschland verfügbaren Protest- und Wutpotentials dürfte dies allein Demonstrationsanlagen für die neuartige Technologie bereits weitgehend verhindern. Den Rest schafft die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung, die den Bundesländern weitestgehende Einflussmöglichkeiten einräumt. Sie können „sowohl Gebiete ausweisen, in denen CO2-Speicherung zulässig ist, als auch solche, in denen sie nicht zulässig ist“. Mit dieser rhetorischen Meisterleistung will Röttgen „die Akzeptanz für CCS erhöhen“.

Die ersten Reaktionen auf den Gesetzentwurf deuten jedoch darauf hin, dass die Akzeptanz dadurch wohl eher verhindert wird. Von den als Endlager-Standort in Frage kommenden Bundesländern haben Niedersachsen und Schleswig-Holstein bereits signalisiert, dass sie nicht mitmachen werden.

Daher befürchtet Brandenburgs Regierungschef nicht ohne Grund, dass am Ende sein Bundesland als alleiniges Versuchsfeld übrigbleibt. Wie Potsdam sich in diesem Falle im Bundesrat verhalten wird, hat Platzeck schon im Vorfeld klargestellt: „Wir haben immer gesagt, dass wir keinem Gesetz zustimmen, das auf eine Erprobung nur in Brandenburg hinausläuft, während sich andere Bundesländer aus der Verantwortung stehlen.“

So hebt das CCS-Gesetz in der Praxis sich selber auf. Und die üblichen Profiteure der Klimadis-kussion können in diesem Falle die Hoffnung auf satte Subventionen aufgeben.     Hans-Jürgen Mahlitz


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