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30.04.11 / Lust am gemeinsamen Untergang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-11 vom 30. April 2011

Gastbeitrag:
Lust am gemeinsamen Untergang
von Eberhard Hamer

Durchaus auch einige Wirtschaftsexperten haben rechtzeitig vor dem Euro gewarnt und darauf hingewiesen, dass dieser in der Tradition aller anderen europäischen Mitgliedsländer eine Weichwährung würde, zumal die Europäische Zentralbank (EZB) im Unterschied zur Bundesbank politischem Einfluss unterstellt wurde (Finanzministerkonferenz). Ex-Kanzler Helmut Kohl hat solche Kritik abgebügelt und mit dem Totschlagargument verhindert, der Euro sei „eine Frage von Krieg und Frieden in Europa“.

Tatsächlich war der Euro für die deutsche Exportwirtschaft innerhalb Europas von Vorteil, weil er sie vor Währungsschwankungen im Währungsgebiet sicherte. Für die deutsche Volkswirtschaft dagegen bedeutete der Euro die Verwendung unserer Außenhandelsüberschüsse in der EZB für die Defizite von Griechenland, Italien, Frankreich und anderen und dadurch einen jahrelangen Abfluss unserer Leistungsbilanzüberschüsse in Höhe von vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Per Saldo haben wir also im Abrechnungskreislauf der Zentralbanken schon lange jährlich fünf bis sechs Prozent unseres Sozialprodukts mit Hilfe des Euro an die übrigen Mitgliedsländer verschenkt. Zählt man unsere Beitragsüberschüsse hinzu, haben wir bis zur Krise 2008 auf deutsche Kosten all das finanziert, was der Euro in ärmeren beziehungsweise hemmungsloser verschuldeten Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich, Irland und anderen an Geldzufluss und Wachstum ermöglichte, die ihnen sonst aufgrund ihrer eigenen schwachen Landeswährung und Wirtschaftskraft nicht möglich gewesen wären. Dadurch konnten sie sich das leisten, was sie sich eigentlich nicht leisten durften.

Auch hinsichtlich des Euros standen sich in Europa grundsätzlich gegenteilige Meinungen gegenüber: Die Deutschen, Niederländer, Österreicher glaubten, dass die EZB die Stabilität des Euro garantiere, also nur dem Geldwert verpflichtet die Stabilitätspolitik der Bundesbank fortsetze. Entsprechendes schrieb die Satzung der EZB vor. Dies hat auch der Bundesgerichtshof irrtümlich geglaubt, als er den Ersatz der starken D-Mark durch einen angeblich ebenso starken Euro als rechtmäßig sah. Tatsächlich aber hat die französische Politik und die Mehrheit der finanzschwachen Mitgliedsländer nie das politische Primat über eine Zentralbank aufgegeben. Mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wurde dies deutlich: Die EZB sollte Hilfsorgan der europäischen Umverteilungspolitik zu Gunsten der europäischen Schwachländer und auf Kosten vor allem Deutschlands sein. Die Währung wurde den politischen Wünschen der Mehrheit unterstellt.

Deshalb verstießen die EZB und die europäischen Finanznothelfer in den letzten zwei Jahren während der Finanzkrise nicht nur gegen ihre Landesverfassungen und gegen den frisch verkündeten Vertrag zu Lissabon (no-bail-out), sondern auch ohne überzeugendes finanzpolitisches Konzept gegen jede Vernunft:

Die Griechenland-Krise war eigentlich keine Krise Griechenlands, sondern der internationalen Banken, die leichtsinnig hohe Kredite an Griechenland vergeben und diese nun gefährdet sahen. Hätte Griechenland sein Überschuldungsproblem selbst durch Austritt aus dem Euro und Abwertung lösen müssen – wie es Merkel auch gefordert hat – wäre das Problem auf drei Prozent des Euro-Raumes reduziert geblieben. So setzte Obama bei Merkel durch, dass Europa für die griechischen Schulden verantwortlich sein sollte, dass die privaten Leichtsinnsbanken keineswegs in die Pflicht genommen oder die Defizitsünder weder diszipliniert noch mit Stimmrechteentzug bestraft werden durften. Der Hauptzahler Deutschland wurde in jedem Punkt überstimmt und musste entgegen dem Grundgesetz und entgegen dem Lissabon-Vertrag der Haftungsübernahme für alle Schulden in der EU im Sinne einer Transferunion zustimmen. Die internationale Finanzindustrie hat also mit Hilfe der Griechenland-Krise für ihre leichtsinnig vergebenen und inzwischen gefährdeten Schulden die Bürger Deutschlands in die Haftung gezwungen – sogar mit Zustimmung des Bundestages. Das Problem der Staatsüberschuldungen und der Haftungsausdehnung auf Kosten Deutschlands ging dann mit Irland weiter und wird mit Portugal, Spanien oder anderen noch so lange fortgesetzt werden, bis entweder der Euro oder vorher Deutschland finanziell zusammenbricht. Tatsächlich hat die Regierung Merkel den deutschen Wohlstand als Pfand für die europäische Überschuldung eingesetzt und die Verarmung Deutschlands damit programmiert. Noch nie hat eine demokratische deutsche Regierung ihrem Volk so geschadet wie diese.

Dass der Euro nicht mehr stabil bleiben soll, hat die EZB selbst mit dem Ankauf von Schrott-Anleihen überschuldeter Länder entgegen ihrer Satzung und ihrem Auftrag begonnen und soll dies nach Meinung der Mehrheit der überschuldeten europäischen Länder in Form von Euro-Bonds verstärkt fortsetzen. Man will also die Verschuldung der Länder über eine Verschuldung der EZB verallgemeinern. Auch hierbei hat Deutschland nicht mehr viel zu sagen. Bundesbankpräsident Axel Weber hat seine Mitwirkung verweigert, da er bei Merkel keinen Rückhalt fand.

Als Neuestes wurde nun der angebliche „Rettungsschirm“ aufgestockt. Da aber immer mehr Mitgliedsländer zahlungsunfähig werden, fällt die Haftung immer stärker den immer weniger werdenden zahlungsfähigen Ländern, also zur Hälfte Deutschland zu. Die Regierung hat uns also in einer Höhe zusatzverschuldet, welche durch nationales Sparen nicht mehr auszugleichen, also nur durch galoppierende Inflation oder/und Währungsreform wieder zu korrigieren wäre: Weil man einzelne Länder für ihre Finanzsünden nicht büßen lassen wollte, müssen nun alle büßen, insbesondere diejenigen, die am solidesten geblieben sind.

Die Hemmungslosigkeit, mit welcher unsere Regierung internationale Schulden übernimmt und zu deutschen Schulden macht, steht im Widerspruch zur nationalen Knauserigkeit. Man wird gespannt sein, wie lange sich die Bevölkerung diese binnenländische Sparsamkeit bei externer Verschwendung bieten lässt.

Blickt man auf die letzten zwei Jahre deutscher und europäischer Finanzpolitik zurück, treten überall Ungereimtheiten, Widersprüche, Erpressungen und Korruption zu Gunsten der internationalen Finanzindustrie auf. Hier bestimmt nicht mehr ein schlüssiges Währungs- und Finanzkonzept wie die Sicherung einer stabilen Währung das Handeln unserer Finanzpolitiker, sondern nur noch die Mentalität kurzfristiger Wechselreiterei, das Stopfen auftretender Finanzlöcher durch neue Schulden. So wird europäische Währungspolitik zu Lasten insbesondere Deutschlands und zu Gunsten der internationalen Finanzindustrie betrieben. Der Irrtum unserer finanzpolitischen Regierungs-Laienspielschar liegt allerdings darin, dass die deutsche Bevölkerung die Haftungsübernahme Deutschlands für die privaten und öffentlichen Finanzjongleure Europas und der Welt nicht bemerken und tolerieren würde, ein Irrtum, welchem die Flucht des Bundesbankpräsidenten Weber und des Bafin-Chefs Jochen Sanio als Alarmzeichen hätten dienen müssen.

Es gibt kaum Finanzwissenschaftler in Deutschland, welche nicht dramatische Folgen durch die Transferunion und die Aufweichung der EZB für den Euro und für Deutschland sähen. Die Bevölkerung wird bald die Folgen zu spüren bekommen.


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