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07.05.11 / Euro-Angst überdeckt alles / Österreich: Trotz guter Wirtschaftsdaten dominieren Sorgen – Schwächste Koalition seit 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Euro-Angst überdeckt alles
Österreich: Trotz guter Wirtschaftsdaten dominieren Sorgen – Schwächste Koalition seit 1945

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Die Wirtschaftsdaten Österreichs sind durchaus zufriedenstellend, jedenfalls im Europavergleich, doch Politikverdrossenheit und Zukunftssorgen sind ärger denn je – offenbar wegen jahrelang aufgestauter politischer Fehler und gebrochener Versprechen. Die EU und der Euro stehen laut Umfragen in der Negativ-Rangliste ganz vorne. Erst dann folgen Kriminalität, Bürokratie und Geldverschwendung. Selbst der einfache Bürger kriegt eben die Bevormundung durch Brüssel und die Einschränkung persönlicher Freiheiten laufend zu spüren.

Dazu kommen die „Rettungspakete“ und „Rettungsschirme“ – erst für Banken, dann für ganze Länder. Die Regierung betont zwar immer wieder, dass das ja „nur Garantien“ und keine Zahlungen seien, doch das bezweifeln nach den Finanzproblemen von Irland, Griechenland und Portugal immer mehr Österreicher. Erfahrungsgemäß entsprechen die Belastungen für Österreich „maßstabgetreu“ jeweils etwa einem Zehntel derer für die Bundesrepublik.

Etliche  „Garantien“, die man den Österreichern beim EU-Beitritt und später beim Euro gab, wurden durch die Hintertür „entsorgt“, der „Reformvertrag“ wurde am Bürger vorbeigeschwindelt, und die Währungsunion ist nun doch zu der stets geleugneten Transferunion geworden. Panik um einen Euro-Kollaps herrscht zwar noch keine, aber das Dilemma des Bürgers ist offenkundig: Soll man sparen, wenn man nur Zinsen weit unter der steigenden Teuerungsrate kriegt und das Geld wertlos werden könnte? So ist die Sparquote 2010 unter zehn Prozent gesunken – was im Nebeneffekt das Steueraufkommen erhöht.

Die Nahost-Krise hat auch das Thema Freizügigkeit wieder in den Vordergrund gerückt. Die Tunesier – auch in österreichischen Medien meist als „Flüchtlinge“ bezeichnet – zieht es zwar primär nach Frankreich. Doch niemand weiß, was noch von anderswo an Emigranten und echten Flüchtlingen ins Haus steht. Und wenn Brüssel dann Aufnahmequoten verhängt, wird auch Österreich etwas abbekommen. Was die Regierung wohl wieder einmal hinnehmen wird, obwohl das Land seit Jahrzehnten die weitaus höchste Zahl an Asylwerbern pro Einwohner hat.

Über die Ostöffnung des Arbeitsmarktes per 1. Mai gehen die Prognosen weit auseinander. Der Österreicher sieht sie jedenfalls noch skeptischer als sein nördlicher Nachbar. Denn Maßnahmen gegen Lohndumping lassen sich meist irgendwie umgehen, und die Wirtschaftslage könnte sich früher oder später verschlechtern. Und dann?

Das Herunterbeten schöner Phrasen kann kaum mehr vertuschen, dass die Regierung die schwächste seit 1945 ist. Was zum größeren Teil an der ÖVP liegt, die zuletzt nur mehr bei 21 Prozent steht. (SPÖ 27, FPÖ 26, Grüne 16 und BZÖ sechs Prozent.) Die bündische Struktur der ÖVP und die Macht der „Landesfürsten“ zwingen einen ÖVP-Chef bereits intern oft zu faulen Kompromissen, und die Harmoniesucht des zurückgetretenen Josef Pröll ließ die ÖVP in der Koalition noch schwächer erscheinen. Was verschleierte, dass auch die SPÖ nur mittelmäßige Leute hat.

Wie sich Außenminister Michael Spindelegger als ÖVP-Chef und Vizekanzler verhalten wird, ist offen. Doch manches gibt zu denken. So hat er statt des der ÖVP im Wirtschaftsministerium zustehenden Familien-Staatssekretariats eines für Integration im Innenministerium geschaffen – was einer uralten linken Forderung entspricht. Und noch ein weiteres Signal an die Stammwählerschaft, dass man konservative und christliche Werte längst über Bord geworfen hat: Staatsekretär wurde ein 24-jähriger Student, der im Wiener Wahlkampf 2010 mit „Schwarz ist geil“ in einem „Geilomobil“ durch die Gegend zog.

Die Bestechungsaffäre um den ÖVP-Fraktionsführer im EU-Parlament und etliche andere in den letzten Jahren aufgeflogene Affären von Ex-Politikern haben das Vertrauen aber generell schwer erschüttert. Laut einer Umfrage meinen 41 der befragten Österreicher, alle Politiker seien korrupt, und nur ein Prozent billigt ihnen zu, nicht käuflich zu sein.  R. G. Kerschhofer


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