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07.05.11 / Operettenkrieg um Unesco-Gelder / Thailands Grenzstreit mit Kambodscha: Das durchsichtige Spiel von Bangkoks Führung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Operettenkrieg um Unesco-Gelder
Thailands Grenzstreit mit Kambodscha: Das durchsichtige Spiel von Bangkoks Führung

Die Welt schüttelt den Kopf über das Kriegsgeplänkel zwischen Thailand und dem Nachbarstaat Kambodscha. Vordergründig geht es beiden Seiten bloß um die Einnahmen der wenigen Touristen, die den im 9. und 10. Jahrhundert durch das Reich der Khmer im Grenzgebiet zum heutigen Thailand erbauten buddhistischen Tempel („Wat“) Preah Vihear besuchen. Wie das international mehr bekannte kambodschanische Angkor Wat gilt er als mittelalterliches Kleinod. Der wahre Hintergrund der andauernden Scharmützel allerdings ist das Ringen um Fördergelder der Unesco, Stimmenfang für die bevorstehenden Wahlen in Bangkok und die Stärkung der Macht des Militärs.

Die historischen Stätten der früheren Königsstadt Ayutthaya in Thailand weckten das Verlangen der Mächtigen in Bangkok überhaupt erst, nachdem Ayutthaya zum Weltkulturerbe erklärt worden war. Denn nun flossen für die Renovierung reichlich Unesco-Gelder in Thailands Hauptstadt. Das soll weitergehen. Allerdings moniert die Uno bereits, dass die Renovierung nur schleppend vorwärtsgehe und Gelder in andere Kanäle geflossen seien.

Jahrelang rottete der Tempel Wat Viehar im umstrittenen Grenzgebiet zwischen den beiden Staaten, von den Thais unbeachtet, vor sich hin. So erhob sich in Bangkok auch kein Protest, als er 1962 bei der Grenzfestsetzung in Den Haag  den Kambodschanern zugesprochen wurde. Als die Unesco das Bauwerk vor zwei Jahren jedoch zum Weltkulturerbe erklärte, begann der Streit, der in den vergangenen Wochen zum offenen, bewaffneten Konflikt ausuferte.

Geldflüsse nach Kambodscha, das war Zündstoff in den Ohren der thailändischen Nationalisten, zu denen traditionell das Militär zählt. Sie monierten auf einmal, dass der Grenzverlauf falsch sei. Nun wurden akademische Experten bemüht, die anhand alter Landkarten und Urkunden den Beweis dafür erbringen sollten. Bisher gelang das allerdings nicht. Gleichwohl wird der Anspruch aufrecht erhalten. Denn dieses Jahr soll in Thailand eine neue Regierung gewählt werden. Soll, denn ob es dazu auch kommt, ist noch ungewiss. somit erst recht das Wie und Wann des Urnengangs.

Der amtierende Ministerpräsident Abishit Vejjajiva fürchtet um seine Wiederwahl. Vom Volk ungeliebt, von der Elite und dem Militär als zu schwach empfunden, markiert er plötzlich den starken Mann, kaufte sechs U-Boote in  Deutschland und andere Waffen aus den USA auf. Damit will er, so fürchten Beobachter, nur Eindruck als besorgter Verteidiger des Vaterlandes schinden. Die Generäle  sind’s zufrieden. Ein General ohne Feind sei wie ein Arzt ohne Patienten, heißt es Bangkok.

Und der Feind liegt auf der Hand: Kambodscha. Die ersten Schüsse fielen. Einer beschuldigt den anderen, die Grenzen verletzt zu haben, wobei anzumerken ist, dass die Grenze zwischen Thailand und Kambodscha kein weißer Kreidestrich oder befestigter Zaun ist, sondern  kaum erkennbar durch Gestrüpp, Täler und Anhöhen verläuft, ungenau oder gar nicht vermessen. Da kann es schon mal zu einem ungewollten Grenzübertritt kommen.

Bis vor kurzem störte das niemanden, und viele touristische Besucher der Tempelanlagen kamen sogar aus Thailand über die Grenze, da von dort der Zugang leichter ist als durch die Dschungel Kambodschas. Das hat sich geändert und signalisiert nichts Gutes: Der Sohn von Kambodschas Präsident Hun Sen, der jahrelang in der amerikanischen Armee gedient hat, wurde inzwischen als Oberkommandierender in die umstrittene Region gesandt. Vermittlungsversuche der UN und der Asean-Staaten brachten nichts. Im Gegenteil, Sondhi Limthongkul, Thailands  ehemaliger Medienzar, Sohn chinesischer Emigranten,  und im inner-thailändischen Politkampf als  „Scharfmacher“ bekannt, schlug bereits vor, in Kambodscha einzumarschieren und auch Angkor Wat zu besetzen.

Solche Gewaltakte dürften aber die Schwierigkeiten nicht aus dem Weg räumen, mit denen das Königreich konfrontiert ist: Das Land ist weiterhin heftig zersplittert, der Unterschied zwischen der Landbevölkerung und der Zentralregion Bangkok immens, im Einkommen wie auch in der Bildung. Die Preise steigen rapide – die Löhne nicht. Im Süden rebellieren moslemische Separatisten. Seit Jahren bomben sie den Terror in die Bevölkerung. Auch der Norden um Chiang Mai opponiert gegen die Bangkoker Politszene. Doch anstatt diese Probleme anzupacken, beschwören Thailands Mächtige bloß die nationale Einheit und freuen sich über den äußeren Feind Kambodscha.             Joachim Feyerabend


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