26.04.2024

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07.05.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Genies und Trottel / Was Pakistanis alles nicht merken, was der Westen nicht merken will, und wie die Grünen in Stuttgart an die Wand gemerkelt wurden

Das hat er jetzt davon: Statt sich mit einer einzigen Frau zu begnügen, umgab sich der „Emir“ gleich mit Fünfen. Einen solchen Harem im Blick zu behalten, ist viel schwieriger, als nur eine Gattin beschatten zu lassen. So nahm das Desaster seinen  Lauf: Eine jener Frauen soll es gewesen sein, die Osama bin Laden an die Amerikaner verpetzt hat. Selber schuld.

Nun dümpelt sein Kadaver im Indischen Ozean. Da kann man also auch nicht mehr baden. Aber ist die Geschichte von Bin Ladens Tötung überhaupt wahr? Wer Verschwörungstheorien mag, kann sich dieser Tage wieder an eine reich gedeckte Tafel setzen.

Einen Freund, der „sich nichts vormachen lässt“, der „Bescheid weiß, was hinter den Kulissen läuft“, den hat ja wohl jeder im Bekanntenkreis. Meiner war über Hintergründe des 11. September ebenso im Bilde wie jetzt über die angebliche Erschießung. 2001 bestand für ihn kein Zweifel, dass Bin Laden überhaupt nicht existiert, sondern eine Erfindung der CIA oder gar eine Co-Produktion von Amerikanern und Mossad ist.

Und wer wurde jetzt erschossen? „Egal“, ließ mich der Freund  abblitzen. „Aber der Bin Laden bestimmt nicht, der sitzt auf den Malediven oder in Alaska oder so und lässt sich unterm Schutz der Amis volllaufen!“ Wie das denn, wo er doch gar nicht existiert? „Gottchen! Du begreifst aber auch wieder gar nichts!“ Stimmt.

Spaß machen mir die Verschwörungstheorien trotzdem, die sind immer so tiefschürfend und bergen phantastische Überraschungen, auch wenn am Ende nichts zusammenpasst. Derzeit allerdings muss man gar nicht tief graben, um Stoff fürs Munkeln zu bergen: So, so, der Terrorchef hockte also gar nicht in einer Höhle im afghanischen Grenzgebiet oder irgendwo in den unkontrollierten „Stammesgebieten“  Nordost-Pakistans. Nein, der meist gesuchte Mann der Welt residierte seelenruhig in einem auffällig gesicherten Haus nur anderthalb Kilometer von der pakistanischen Militärakademie entfernt. Jahrelang ging das, und die Pakistanis wollen nichts bemerkt haben. Ja, sicher doch!

Andererseits, wer auf seine Schülererfahrung zurückgreift, der erinnert sich: Der Platz direkt vorm Lehrerpult war der sicherste. Ganz vorn, unter den Nüstern des Bösen, wurde man am wenigsten überwacht. So mag auch Bin Laden kalkuliert haben: Jagt mich nur in den Bergen, während ich es mir unter eurer Nase gemütlich mache.

Glauben wir das? Hm. Eher möchten wir doch hoffen, dass Amerikas neue libysche Freunde nicht ebensolche abgefeimten Doppelspieler sind wie ihre alten pakistanischen. In Libyen glitschen die USA und vor allem Briten und Franzosen ganz sachte in einen Krieg, bei dem bis heute nicht ganz durchschaubar ist, worum es eigentlich geht. Klar doch, die „Freiheit“, die „Demokratie“. Blöde nur, dass unter diesen Wörtern jeder etwas anderes versteht.  

Im afrikanisch-arabischen Raum scheint sich eine Definition gehalten zu haben, die entfernt an Walter Ulbricht gemahnt: Demokratie ist, wenn wir gewinnen! Deshalb haben wir es dort seit Jahrzehnten pausenlos mit „Befreiungsbewegungen“ zu tun, deren einziges hehres Ziel die Einführung der Demokratie sowie die Sicherung von Freiheit und Menschenrechten ist. Dafür müssen sie erst mal die alte Regierung aus dem Palast bomben („Feinde der Demokratie!“) und dann die Oppositionsparteien verbieten („ausländische Agenten!“) sowie jeden aufmüpfigen Mitbürger an die Wand stellen („Provokateure, auch vom Ausland bezahlt“).

Danach kann endlich „das Volk“ herrschen, in väterlicher Strenge vertreten von seinen sehr weisen (und meist bald auch sehr reichen) und geliebten Revolutionsführern. So einer ist auch Gaddafi, und es spricht derzeit nicht viel dafür, dass seine Gegner aus einem anderen Holz sind.

Das wird die westliche Öffentlichkeit jedoch erst merken, wenn es zu spät ist. So lange halten wir die Daumen für die libysche Freiheitsbewegung. Zunächst muss der Krieg gegen den Gewaltherrscher gewonnen werden, für bittere Einsichten ist dann immer noch Zeit. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand einen Krieg gewonnen hat, um dann im Frieden von den angeblichen Verbündeten furchtbar aufs Kreuz gelegt zu werden. Genauso kann man auch Wahlen strahlend gewinnen, nur um danach in der Regierungskoalition jämmerlich unterzugehen.

Die FDP kann ihr Desaster immer noch nicht fassen. Langsam dämmert den Liberalen, dass sie sich – wie vor ihnen die SPD – heillos verlaufen haben in der „Wüste Merkel“. Hätten sie das Schicksal der Sozialdemokraten in der Großen Koalition nur genauer studiert, wäre ihnen das nicht passiert. Wie in knochentrockenen Wüsten üblich, verdorrt in der „Merkel“ alles, was eben noch drall und prall war, das verbliebene Führungspersonal der Union auf die gleiche Weise wie jeder Koalitionspartner.

Kunststück, mag man sagen, die Union ist ja auch der größere Koalitionär und Merkel hat die Macht des Regierungschefs. Ja und? Das allein bedeutet gar nichts. Ein junger Schwabe hat bewiesen, dass man seinen Partner auch als kleinerer Koalitionär nach Strich und Faden an die Wand merkeln kann. Entweder ist Baden-Württembergs SPD-Chef Nils Schmid ein Verhandlungsgenie oder Deutschlands erster grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein ausgemachter Trottel.

Für die Einschätzung „Trottel“ sprach Kretschmanns öffentliches Lamento darüber, dass es auf der Welt viel zu viele Autos gebe. Kam im Land von Mercedes, Porsche und ihren zahllosen Zulieferern an wie eine Kampfansage an den Seehandel aus dem Munde eines Bremer Bürgermeisters. 

Bei der Verteilung der Ministerposten blieb der neue Landesvater sich treu. Vorausgesetzt, es ist sein Ziel, den grünen Wahlsieg so schnell und gründlich wie möglich zu verjuxen. Wer die Kabinettsliste studiert, traut seinen Augen nicht: Die (kleinere) SPD hat sich fast alles gekrallt, was wirklich wichtig ist: Finanz- und Wirtschaftsminister wird Schmid selber. Damit sitzt er auf dem Geld und hält alle Fäden in der Hand. Ein geschickter Finanzminister ist sozusagen die letzte Instanz, denn fast alle Politik kostet ja Geld. Und wenn er dann sagt, geht nicht, dann wird es sehr schwierig. Aber auch Innen, Justiz, Kultus (Schulpolitik!), Arbeit und Soziales, das neue Ressort „Integration“ und der Bundesratsminister (der Mann in Berlin also) gehen an die SPD.

Und was holte Kretschmann für seine Grünen raus? Umwelt, gut, das müssen sie haben. Dann Verkehr, da dürfen sich die Grünen dann für „Stuttgart 21“ schlechte Presse holen und Bürgerinitiativen von Straßenbauprojekten überzeugen. Das wird ihnen gewiss Freunde machen.

Damit das rote Übergewicht nicht ganz so auffällt, hat man den Grünen noch einen weiteren Staatssekretär und eine Staatsrätin im Kabinettsrang zugestanden, deren Ressort „Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung“ lautet. Klingt fast zu grün, um wahr zu sein, ist aber die Realität: Baden-Württemberg bekommt ein reinrassiges Blabla-Ministerium. Zu beneiden ist die Staatsrätin dennoch nicht. Denn womit wird die wohl ihre Tage verbringen? Sie wird sich mit den beteiligten Bürgern von der Zivilgesellschaft beispielsweise über neue Windräder, Gas-, Öl- oder Pumpspeicherkraftwerke und Hochspannungsleitungen zanken dürfen, die wir für den „Ausstieg“ alle dringend benötigen. Da warten lauter nette Erfahrungen auf sie. Und was die Sache noch ein wenig trüber macht: Entscheiden kann sie in all diesen Sachen natürlich gar nichts, denn sie ist ja nur für die „Beteiligung“ zuständig, für die „neue Kultur des Miteinanders“.

Politik reift so zur reinen Kunst, die den Bezug zu wirklichem Handeln nicht mehr nötig hat. Doch was soll’s, wir haben’s ja: Die Wirtschaft brummt, der Steuerrubel rollt, da darf man sich mal ein bisschen bunten Tinnef leisten.


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