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14.05.11 / Schärfstes Schwert / Sicherungsverwahrung gibt es bereits seit über 200 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-11 vom 14. Mai 2011

Schärfstes Schwert
Sicherungsverwahrung gibt es bereits seit über 200 Jahren

Das Instrument der Sicherungsverwahrung als „freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung“ hat im deutschen Strafrecht eine lange Tradition. Bereits im Jahre 1794 plädierte der Initiator des Preußischen Landesrechts, Ernst Ferdinand Klein, dafür, „Diebe und andere Verbrecher, welche wegen ihrer verdorbenen Neigungen wegen des gemeinen Wesens gefährlich werden könnten“, auch nach Verbüßung ihrer Strafe so lange nicht zu entlassen, bis nachgewiesen sei, dass „sie sich auf eine ehrliche Art zu ernähren im Stande sind“. Die Erwartung, Wiederholungstäter durch eine ungewiss lange Inhaftierung abzuschrecken, erfüllte sich jedoch nicht. Die Formulierung des damaligen Gesetzes hat allerdings im Kern Eingang in die heutige Gesetzgebung gefunden.

Prägender für die Entwicklung der Sicherungsverwahrung war ein Gesetzentwurf von Carl Stooss, des geistigen Schöpfers des schweizerischen Strafgesetzbuches, aus dem Jahre 1893. Danach waren das Vorleben des Straftäters, seine Erziehung, Familienverhältnisse und die Strafakte zu berücksichtigen. Deuteten diese Faktoren darauf hin, dass Verbrecher nach Verbüßung ihrer Strafe rückfällig werden würden, sollten sie für eine längere Zeit in Verwahrung bleiben. Damit weist Stooss’ Gesetzestext bereits Parallelen zum Paragraphen 66 des heutigen Strafgesetzbuches auf.

Bemühungen, die Sicherungsverwahrung in das deutsche Strafgesetzbuch zu übernehmen, kamen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik nicht über Gesetzentwürfe hinaus. Erst mit dem sogenannten Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24. November 1933 wurden diese Reformpläne realisiert. Das Gesetz sah für „gefährliche Gewohnheitsverbrecher“ eine Strafverschärfung und die verpflichtende Sicherungsverwahrung vor. Die Unterbringung war nicht befristet und war im Abstand von drei Jahren durch das Gericht zu überprüfen. Diese Regelungen galten nach 1945 zunächst weiter. Während sie in der DDR durch andere, wenn auch ähnliche, Maßnahmen ersetzt wurden, wurden in der Bundesrepublik die auf das Gewohnheitsverbrechergesetz zurückgehenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung 1953 in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Im Jahre 1970 erfolgte eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes, wodurch die Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung verschärft wurden. Diese gilt seitdem als das schärfste Instrument gegenüber Straftätern.

Bis 2002 konnte die Sicherungsverwahrung nur im Strafurteil verhängt werden. Seitdem hatte das Gericht die Möglichkeit, sich die Verwahrung im Urteil vorzubehalten und später darüber zu entscheiden. Eine generelle nachträgliche Sicherungsverwahrung ist erst seit Anfang 2004 möglich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte dies Ende 2009 für „ausnahmslos menschenrechtswidrig“. Am 1. Januar 2011 trat eine Neuordnung der Sicherungsverwahrung in Kraft, die das Bundesverfassungsgericht am 4. Mai zusammen mit allen anderen Vorschriften zur Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt hat.    Jan Heitmann


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