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14.05.11 / Akademische Kompetenz Nebensache / Muslimischer Beirat bestimmt über Lehrinhalte islamischer Theologie an deutschen Universitäten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-11 vom 14. Mai 2011

Akademische Kompetenz Nebensache
Muslimischer Beirat bestimmt über Lehrinhalte islamischer Theologie an deutschen Universitäten

Das Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Tübingen soll schon im Herbst mit 40 Studenten seinen Betrieb aufnehmen. Für das erste von vier bundesweit geplanten Instituten dieser Art wurde nun der wissenschaftliche Beirat bestimmt. In dem siebenköpfigen Gremium werden allein drei Vertreter der türkischen „Religionsbehörde“ „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“  (DITIB) sitzen.

Der Bund und das Land Baden-Württemberg fördern das islamische Zentrum schon im ersten Jahr mit jeweils 1,3 Millionen Euro. Umso mehr erregte die Besetzung des mächtigen Institutbeirates in Wissenschaftskreisen Erstaunen. Noch in den letzten Monaten ihrer Regierungszeit hat die CDU-Landesregierung ein Gremium in die Welt gesetzt, das einerseits ausschließlich von Muslimen besetzt und dessen wissenschaftliche Qualifikation andererseits eher zweifelhaft ist.

Die Zusammensetzung des Beirates folgte den Empfehlungen des Wissenschaftsrates. Dieser setzte nur bei zweien der sieben Mitglieder akademische Erfahrung und eine entsprechende Laufbahn voraus, wie die Universität Tübingen offiziell mitteilte. Der größere Teil der Beiratsmitglieder studiert derzeit entweder noch oder hat ausländische Ausbildungsgänge absolviert.

So etwa Serkan Ince, der derzeit im Fach Religionswissenschaften an der Universität Bayreuth eingeschrieben ist. Oder Muhamed Bascelic, ein Promotionsstudent der Tübinger Universität, der gleichzeitig Generalsekretär der islamischen „Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland e.V.“ ist. Ohne jeglichen akademischen Hintergrund dagegen ist Ismail Kuvvet, ein staatlich anerkannter Jugend- und Heimerzieher, der derzeit das deutsch-türkische Bildungszentrum in Herrenberg leitet. Vorsitzender des Gremiums wird Suleyman Tenger sein. Er ist „Religionsbeauftragter“ an der Zentral-Moschee der DITIB. Nach seinem Studium der islamischen Theologie in Ankara versucht er nun, einen Doktorgrad an der Universität Bayreuth zu erwerben, deren Promotionsverfahren durch die Ereignisse um die Guttenberg-Affäre nicht gerade einen renommierten Ruf haben.

Nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates sollen die DITIB mit drei Stimmen sowie die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken (IGBD) und der Landesverband der islamischen Kulturzentren (VKZ) mit je einer Stimme vertreten sein. Zwei nicht organisierte Muslime, die sich damit in einer kleinen Minderheit befinden, werden vom Rektor der Universität vorgeschlagen. Entscheiden soll der Beirat in „bekenntnisrelevanten Fragen“, womit alle zentralen Inhalte gemeint sind. Auch mögliche islamistische Tendenzen könnten so offiziell legitimiert werden. Der Beirat ist zwar an der Berufung von Professoren und Dozenten nicht direkt beteiligt, muss aber seine Zustimmung für jeden gewählten Kandidaten geben, womit er de facto ein mächtiges Veto-Recht besitzt.

Dass die türkische „Religionsbehörde“ DITIB in einem akademischen Gremium Deutschlands eine so mächtige Position erhält, ruft Kritik hervor. Die Regelung eröffnet dem türkischen Staat und islamistischen Kreisen der Türkei den direkten Zugriff auf den Religionsunterricht an staatlichen Schulen in Deutschland oder in Moscheen. Kritisiert wird zudem aus akademischen Kreisen der einmalige Vorgang, dass hier Studenten – und seien es auch Promotionsstudenten, von denen bekanntlich zwei Drittel ihren Abschluss nicht erreichen – über die Berufung von Professoren entscheiden. Umgekehrt verweigert die Türkei christlichen Kirchen sowohl den Religionsunterricht an ihren Schulen als auch die Ausbildung von Priestern oder Pastoren.

Ob das viel zitierte „Austarieren“ von islamischer Theologie und Wissenschaft gelingt, erscheint mehr als zweifelhaft. Im Lehrplan der vier geplanten islamischen Zentren – außer in Tübingen ist je eines in Münster-Osnabrück, Erlangen-Nürnberg und Frankfurt-Gießen vorgesehen – ist für eine kritische Wissenschaft kein Raum. Es sollen gelehrt werden: Koran und Koranlesung, islamische Glaubenslehre, Hadith-Wissenschaft (Überlieferung über Mohammed), islamisches Recht und Geschichte. Mit dem Fach „Islamwissenschaften“, das schon seit mehreren Jahrzehnten an deutschen Hochschulen existiert, ist bisher keine Kooperation geplant.  Zwischen der religionskundlich orientierten Islamwissenschaft und den neuen Zentren für islamische Theologie, die den Glauben vermitteln wollen, scheint ein unüberbrückbarer Graben zu bestehen.

Schneller als gedacht könnte so auch die Hoffnung derer enttäuscht werden, die auf einen kritischen „Euro-Islam“ oder eine integrierende Wirkung der neuen islamischen Zentren gehofft hatten. Seit März sind die Stellen der vier zu berufenden Professoren ausgeschrieben. Voraussichtlich werden sie nur mit Personen aus dem Ausland besetzt werden können. Immerhin werden zumindest englische und deutsche Sprachkenntnisse von den Bewerbern verlangt, um mögliche kulturelle Gräben etwas zu überbrücken.  Hinrich E. Bues


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