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21.05.11 / An Rosa denken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-11 vom 21. Mai 2011

An Rosa denken
von Jan Heitmann

Freiheit ist, so wissen wir seit Rosa Luxemburgs kritischer Auseinandersetzung mit den Bolschewisten, immer auch die Freiheit des Andersdenkenden. Zur Freiheit des Andersdenken gehört es auch, sich in Vereinigungen und politischen Parteien zusammenzuschließen. Das wissen wir wiederum aus dem Grundgesetz. Naturgemäß denken nicht alle Menschen gleich. Folglich gibt es verschiedene politische Meinungen, Vereinigungen und Parteien. Sie alle stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes, vor dem bekanntlich alle gleich sind. Soweit die Theorie. In der Praxis jedoch ist alles, was sich rechts von der angenommenen Mitte tummelt, den etablierten politischen Kräften suspekt. Ein parteiübergreifendes Machtkartell wacht emsig darüber, dass sie sich nicht öffentlich artikulieren und die Wähler erreichen können. Das geht am besten, indem man Parteien und Personen mit unliebsamen Ansichten in die extremistische Ecke drängt. So ist die Bezeichnung „rechts“ nicht nur zum Stigma, sondern geradezu zu einem Schimpfwort geworden. Das Beispiel Sarrazin zeigt, wie schnell das gehen kann.

Unser demokratisch verfasster Rechtsstaat ist ein so hohes Gut, dass es die Verfassungsschutzämtern des Bundes und der Länder gibt, die mutmaßliche und tatsächliche Feinde des Staates und der Verfassung beobachten und überführen. Seit Jahren finden sich in deren Berichten zunehmend all diejenigen wieder, die den vorgegebenen Meinungskonsens verlassen haben und vermeintlich „nach rechts“ ausgeschert sind – selbst dann, wenn sie sich nicht explizit gegen Staat und Verfassung wenden, also gar nicht extremistisch sind. Dies lässt Zweifel an der Objektivität und Neutralität des Verfassungsschutzes zu, degradiert ihn zu einem Mittel zur Erzwingung von Meinungskonformität und damit zu einem linken politischen Machtmittel. Eine Demokratie aber beweist ihre Stärke dadurch, dass sie legitime abweichende Ansichten in legale Bahnen lenkt und in das System der Meinungsvielfalt einbindet. Gelingt ihr das nicht, weil sie diese  ausgrenzt oder gar unterdrückt, drängt sie diese politischen Kräfte unter Umständen tatsächlich in den Extremismus. Denn Staatsverdrossenheit kann irgendwann in Staatsfeindlichkeit umschlagen.

Es ist an der Zeit, dass sich wieder argumentativ und nicht mit Mitteln der Diffamierung und des Verfassungsschutzes mit Andersdenkenden auseinandergesetzt wird. Und die Unionsparteien sollten sich endlich wieder ihrer ursprünglichen Rolle erinnern. Als konservative Kraft „rechts von der Mitte“, die entsprechende Wählerschichten vertritt. Wenn sich das aber mit ihrem heutigen Selbstverständnis als unvereinbar erweist, sollte sie im Interesse der Meinungsvielfalt und der Freiheit wenigstens für die Rechte der Personen und Parteien eintreten, die rechts von ihr stehen.


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