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21.05.11 / »... angefüllt mit bunten Glasgefäßen« / Prachtvolle Gläser sind jetzt im Staatlichen Museum Schwerin zu sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-11 vom 21. Mai 2011

»... angefüllt mit bunten Glasgefäßen«
Prachtvolle Gläser sind jetzt im Staatlichen Museum Schwerin zu sehen

Seit Jahrtausenden beschäftigen sich Künstler und Kunsthandwerker mit einem äußerst zerbrechlichen Material. Unter ihren Händen entstanden fragile Kunstwerke aus Glas. Wie durch ein Wunder haben viele exquisite Gegenstände die Zeitläufte überstanden und können auf Ausstellungen wie jetzt in Schwerin gezeigt werden.

Die wertvolle Glassammlung des Schweriner Museums umfasst insgesamt 1200 Objekte, neben repräsentativen Glasgefäßen aus Europa von der Antike bis zur Moderne auch 259 Glasgemälde vom 13. bis 19. Jahrhundert. Ein Großteil dieser Schätze, zu denen der kunstbegeisterte mecklenburgische Hof den Grundstock legte, fristete – und fristet – sein Dasein im Depot. Erst 1995 konnte eine Auswahl in den ehemaligen Frauengemächern von Schloss Güstrow einen Platz finden.

Schloss Güstrow ist eines der bedeutendsten Renaissance-Schlösser im nordeuropäischen Raum. Es wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als repräsentative Residenz des Landesherren Herzog Ulrich zu Mecklenburg errichtet. Die Baumeister, der italienischstämmige Franz Parr aus Schlesien und später der Niederländer Philipp Brandin, entwarfen eine imposante Vierflügelanlage, die italienische, französische und mitteleuropäische Architekturformen vereint und die Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg zu seiner Residenz erkor, als er Herzog von Mecklenburg wurde.

Die jetzige ausgewogene und hochkarätige Zusammenstellung von rund 600 Objekten rückt daher erstmals Schwerins gläserne Kostbarkeiten in ihrer ganzen Breite ins Licht der Öffentlichkeit, wenn auch ohne die Glasgemälde.

Die Geschlossenheit der Sammlung an Pokalen, Humpen sowie Zier- und Gebrauchsgefäßen erlaubt es, nicht nur über 2000 Jahre Glasgeschichte Revue passieren zu lassen, sondern auch einen tiefen Blick in die verschiedenen Techniken zu werfen: von antiken Salbölflaschen der römischen Kaiserzeit über mittelalterliche Reliquienbehältnisse, Email- und Schwarzlotgläser der Renaissance, barocke Goldrubingläser, raffinierte Erzeugnisse des 19. Jahrhunderts und Vasen namhafter Jugendstil-Künstler bis zum Glasdesign und Studioglas des 20. Jahrhunderts.

Ein außergewöhnliches Glasservice lenkt den Blick nach Russland. In der Kaiserlichen Glashütte St. Petersburg entstanden 1871 die Gläser für die Zarenyacht „Derschawa“, die für ihren außergewöhnlichen Luxus berühmt war. Auf welchem Weg deren edle Likör-, Sekt-, Wein-, Bowlen- und Cognacgläser, Schalen und Karaffen nach Schwerin gelangten, ist unklar. Möglicherweise sind sie durch die Großfürstin Anastasia Michailowna Romanowa, die 1879 Erbgroßherzog Friedrich Franz (III.) von Mecklenburg-Schwerin geheiratet hatte, dorthin gekommen.

Auch die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem preußischen Königs- und dem mecklenburgischen Her-zogshaus spiegeln sich in den Glas-Objekten. Stammt eine Reihe hervorragender und sehr aufwändig gearbeiteter Exponate doch aus dem Besitz der Großherzogin Alexandrine (1803–1892). Deren Urenkelin, die preußische Kronprinzessin Cecilie, erinnert sich in ihren Memoiren an die Wohnung ihrer früh verwitweten Urgroßmutter im Alexandrinenpalais am Alten Garten von Schwerin: „Die Stuben waren angefüllt mit ... bunten Glasgefäßen.“

Und tatsächlich befinden sich unter den Objekten aus Alexandrinens Besitz, die in den Museumsbestand eingegangen sind, gebeizte Pokale und rot leuchtende Rubingläser.

Zwei Tafelaufsätze aus Rubinglas fallen darunter besonders auf. Ihre Schalen ruhen, mittels eines sternförmigen Trägers, auf einem vergoldeten Adler, der seine Schwingen über einem Felsen aus patinierter Bronze ausbreitet. Es ist sehr gut möglich, dass es sich dabei um Geschenke aus Preußen handelte, obwohl man einen Beleg dafür bisher nicht finden konnte.

Alexandrine, Tochter König Friedrich Wilhelms III. und Königin Luises von Preußen, hatte 1822 den mecklenburgischen Thronfolger Paul Fried-rich geheiratet. Ein höchst passender Anlass zum Verschenken derart repräsentativer Objekte.

Überliefert ist dagegen, dass Alexandrine im Jahr 1830 „eine Schale aus rothem Glase“ erhielt, die sich noch heute in der Sammlung befindet und jetzt ebenfalls zu den Höhepunkten der Ausstellung gehört. Womöglich handelt es sich bei der rubinroten Fuß-Schale mit Schlange sogar um ein Weih-nachtsgeschenk des Vaters an die Tochter. Weiß man doch, dass der Preußenkönig gerne Gläser nach Mecklenburg verschenkte. So bekam der Schwiegersohn zu seinem 23. Geburtstag auch „2 Schalen von Kristall mit bronzenem Fuß“ überreicht. Helga Schnehagen

Die Ausstellung „Gläserne Pracht“ im Staatlichen Museum Schwerin, Alter Garten 3, ist bis 26. Juni dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 12 bis 20 Uhr zu sehen.


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