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28.05.11 / DSK wird zum medialen Hit / Berichterstattung über den ehemaligen IWF-Chef unverhältnismäßig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-11 vom 28. Mai 2011

DSK wird zum medialen Hit
Berichterstattung über den ehemaligen IWF-Chef unverhältnismäßig

Seit wann ist die Welt nicht mehr, wie sie vorher war? Nach dem Getöse in der Medienwelt zu urteilen, nicht seit der Tötung des Topterroristen Osama bin Laden, sondern allem Anschein nach seit der Vorführung des Weltökonomen Dominique Strauss-Kahn (DSK) in Handschellen in New York. Gewiss, sein Tun war, mit vom Staatsanwalt gelieferten prickelnden Details, ein Verstoß gegen die Moral, brutal und ekelerregend. Gar nicht im Stil eines französischen Charmeurs.

Wenn es stimmt, denn Beweise für einen sexuellen Akt sind da, aber nicht für die Anwendung von Gewalt. Französische Freunde versuchten, es als Kavaliersdelikt zu verharmlosen. Die rigorose amerikanische Moral und der Wertewandel in Europa lassen das nicht zu. Aber das mediale Echo war unverhältnismäßig. Über eine Woche lang bestand der Seitenumfang der französischen Zeitungen fast bis zur Hälfte aus Texten und Fotos zu DSK. Weltweit war es „das“ Thema. Angesichts der Erwartungen, die DSK verkörperte, wurde sein Fall zum Unikum gemacht. Für die Genossen in der Sozialistischen Partei (PS) Frankreichs war es ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Karten für die Präsidentschaftswahlen im Mai 2012 sind jetzt neu gemischt. Die Linken machten den Fehler, alles auf DSK zu setzen. Sein Prozess wird als medialer Hit im kommenden Oktober auf die sozialistischen Vorwahlen und wohl noch im Frühjahr 2012 auf den linken Wahlkampf einen Schatten werfen. Sarkozy hat daher eine geringe Chance erhalten, wiedergewählt zu werden.

Angesichts der bekannten Sexsucht des Missetäters geht man davon aus, dass er sich die Sache selbst eingebrockt hat. Aber die mediale Resonanzkiste löste wie gerufen einen Tsunami von Berichten über den französischen Frevler, den „uggly Frenchman“ aus. Ob das Spektakel „DSK am Pranger“ bewusst inszeniert wurde, um frustrierte Reporter und ihr Klientel aus Voyeuren zufriedenzustellen, lässt sich nicht beurteilen. In Frankreich waren seriöse linke Zeitungen wie „Libération“ und „Le Monde“ bemüht, sachlich zu bleiben. Bloß keine Komplotttheorien! Aber 57 Prozent der Franzosen dachten laut Umfragen, ihr Landsmann sei in eine Falle hineingetappt. Es half, Schock und Enttäuschung zu verkraften.

Möglicherweise ist der Tathergang wie dargestellt abgelaufen. Aber Zweifel bestehen weiter. Selbst aus amerikanischer Sicht ist manches sehr dick aufgetragen und einiges kurios gestrickt. „Le Monde“ publizierte die Karikatur eines stolzen Onkel Sam, der einen dicken Fisch mit Strauss-Kahns Gesicht am Angelhaken hält. So etwas zu angeln muss gelernt sein. Washington schwieg, aber wünscht sicher, dass der Amerikafreund Sarkozy bis 2017 im Amt bleibt. Im Juni sollte DSK bei seiner Partei  seine Bewerbung um das höchste Amt in Frankreich einreichen. Viele Linke betrachteten seinen Lebenswandel als unsozial und schädlich. Warum denn Sarkozys Luxus kritisieren, wenn DSK es noch schlimmer trieb? DSKs Ehefrau, die steinreiche Erbin und ehemalige Starjournalistin Anne Sinclair, benahm sich in Paris bereits wie eine zukünftige First Lady. Das passte vielen nicht. Jean-Paul Picaper


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